KonfliktvermeidungManagen Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Chef

Wenn der Mitarbeiter mit seinem Vorgesetzten nicht zurechtkommt, liegt es oft an unterschiedlichen Arbeitsstilen. Er kennt die Ziele und Rahmenbedingungen seines Chefs nicht und schätzt seinen Informationsbedarf oder das Entscheidungsverhalten falsch ein. So sind Missverständnisse vorprogrammiert. Dabei ist es die Aufgabe des Mitarbeiters, die Zusammenarbeit zu pflegen. Und dafür gibt es wichtige Regeln und konkrete Tipps.

Viele Vorgesetzte nehmen sich für ihre Mitarbeiter zu wenig Zeit. Wenn es darum geht, Aufgaben zu verteilen, gibt es knappe Anweisungen, vielleicht einen längeren Monolog zu Themen, die den Chef bewegen – das war’s. Den Rest kann man sich als Mitarbeiter dann zusammenreimen und ins Blaue hineinarbeiten. Bis der Chef dann beim nächsten Termin meint: So habe ich mir das nicht vorgestellt.

Mitarbeiter und Vorgesetzter reden immer wieder aneinander vorbei, es kommt zu Missverständnissen und das Verhältnis wird immer schlechter. Da ist die Führungskraft selbst schuld, könnte man meinen. Wenn sie sich nicht ausreichend Zeit nimmt für den Mitarbeiter, muss sie sich nicht wundern, wenn seine Leistungen nicht den Erwartungen entsprechen. Doch auch der Mitarbeiter kann viel dafür tun, dass er und sein Chef sich richtig verstehen.

Der Mitarbeiter muss das Verhältnis zum Chef pflegen

Vor fast 30 Jahren haben die beiden Experten für Leadership an der Harvard Business School, John J. Gabarro und John P. Kotter, herausgestellt, was der Mitarbeiter tun kann, um die Zusammenarbeit mit seinem Vorgesetzten zu verbessern. Es liege sogar vor allem in der Verantwortung des Mitarbeiters, erste Schritte dafür zu tun. Im Grunde gehe es darum, eine tragfähige Beziehung aufzubauen, die von gegenseitigem Respekt und gemeinsamem Verständnis geprägt ist, sagen Gabarro und Kotter. Der Mitarbeiter sollte auf vier Aspekte besonders achten:

  1. die Stärken seines Chefs,
  2. dessen Schwächen,
  3. Prioritäten und
  4. Arbeitsstil.

Im Vordergrund stehen also die sachlichen Aspekte; hier geht es nicht um die Frage, ob Mitarbeiter und Chef sich auf der emotionalen Ebene verstehen, ob die Chemie stimmt. Manchmal entstehen persönliche Konflikte erst deshalb, weil beide Parteien es nicht geschafft haben, ein Verständnis auf der sachlichen Ebene herzustellen. Deshalb gilt es, von Anfang an Klarheit zu schaffen und Missverständnisse auszuräumen.

Analysieren Sie die Situation sehr aufmerksam

Der erste Schritt, um auf sachlicher Ebene Verständnis zu entwickeln: Ziele und Rahmenbedingungen des Vorgesetzten kennen, die für seine Arbeit maßgebend sind. Das ist die Basis. Der Mitarbeiter muss sich das Umfeld seines Vorgesetzten genau anschauen:

  • seine unternehmensbezogenen und persönlichen Ziele,
  • seine Vorgesetzten und die Anforderungen, die sie an ihn stellen,
  • seine Kollegen aus den anderen Abteilungen; was wollen sie von ihm?
  • die Situation, in der er sich befindet; herrscht ein besonderer Druck?

Dann geht es um den Vorgesetzten selbst, seine Kompetenzen und Inkompetenzen, seine Vorlieben und Abneigungen, seine Prioritäten. Der Mitarbeiter muss herausfinden, was die Stärken des Chefs sind und wie er diese zur Geltung bringt. Er muss aber auch die Defizite und Schwächen erkennen und prüfen, ob der Vorgesetzte sich dieser auch selbst bewusst ist. Außerdem wichtig: Wie will der Vorgesetzte informiert werden und wie werden Entscheidungen getroffen? Zieht er alles an sich oder lässt er Spielräume und erwartet von seinen Mitarbeitern selbstverantwortliches Handeln?

Schließlich erfolgt die Spiegelung zur eigenen Rolle. Welche Beiträge leistet man selbst, um dem Vorgesetzten zu helfen, seine Ziele zu erreichen und die Anforderungen zu erfüllen? Was erwartet der Vorgesetzte von mir? Was sind die eigenen Ziele, Stärken und Schwächen? Und was kennzeichnet den eigenen Arbeitsstil? Es braucht Zeit, bis diese Voraussetzungen genau erkannt sind und der Mitarbeiter gelernt hat, was seine Situation in Bezug zu seinem Chef kennzeichnet. Manches muss ausprobiert und beobachtet werden, anderes lässt sich im direkten Gespräch klären.

Doch dabei lauern Fallen. Nicht jede Aussage, die der Mitarbeiter erhält, ist auch so gemeint. Sie kann verklausuliert oder sogar falsch sein, weil der Vorgesetzte es selbst nicht besser weiß oder sich keine Blöße geben will. Man sollte sich möglichst wenig auf Annahmen stützen, sondern Fakten zusammentragen, die ein klares Bild der Situation ergeben. Man sollte sich immer wieder Fragen selbst stellen und beobachten, welche Antworten man findet.

Diese Aufgabe stellt sich vor allem dann, wenn der Mitarbeiter es mit einem neuen Vorgesetzten zu tun hat, sei es, dass er selbst die Stelle gewechselt hat, sei es, dass ein neuer Vorgesetzter ins Unternehmen gekommen ist. Aber auch später sollten die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit immer wieder überprüft werden. Ziele und Prioritäten können sich für den Vorgesetzten ändern – und damit auch dessen Erwartungen und Anforderungen. Das gilt es, regelmäßig zu beobachten.

So verbessern Sie die Zusammenarbeit

Bleiben Sie nicht passiv und warten Sie nicht, was der Vorgesetzte für Vorgaben macht. Beobachten Sie aufmerksam die Vorlieben und Präferenzen; fragen Sie im Zweifelsfall. Gehen Sie immer davon aus, dass sich Vorgesetzte unterscheiden. Übertragen Sie nicht einfach frühere Erfahrungen auf Ihren jetzigen Chef.

Achten Sie darauf, welchen Arbeitsstil Ihr Vorgesetzter bevorzugt. Manche wollen mit ihren Mitarbeitern die anstehenden Themen lieber persönlich besprechen; dann können sie Fragen stellen und offene Punkte gleich direkt klären. Andere brauchen das schriftlich. Sie wollen zuerst etwas lesen, beispielsweise einen Sachstandsbericht per E-Mail, um sich dann auf ein Gespräch genau vorbereiten zu können. Der Management-Guru Peter Drucker hat deshalb zwischen dem „Zuhörer“ und dem „Leser“ als Vorgesetztentypen unterschieden. Passen Sie die Art und Weise, wie Sie Ihren Chef informieren an diese Vorlieben an.

Wenn es um Entscheidungen geht, wollen manche Vorgesetzte die Entscheidungen selber treffen oder eng eingebunden werden – zumindest wollen sie das Gefühl haben, es wäre so. Andere überlassen es ihren Mitarbeitern; sie delegieren. Sie wollen vielleicht nur informiert werden, welche Entscheidungen getroffen wurden.

Finden Sie heraus, wie viele Informationen Ihr Vorgesetzter will. Manche interessieren sich nur für das Nötigste; sie wollen kurz und knapp informiert werden. Details halten sie auf und stören. Andere sind genau daran interessiert. Sie wollen umfassende Informationen – doch kaum Belanglosigkeiten. Bedienen Sie das Informationsbedürfnis des Chefs, ohne seine Zeit zu verschwenden. Seien Sie dabei immer ehrlich. Machen Sie keine Versprechungen, die Sie nicht halten können. Und beschönigen sie nichts; geben Sie auch schlechte Nachrichten an den Chef weiter.

Konfliktfelder und Spannungen vermeiden durch ausgewogenes Vorgehen

Der Vorgesetzte muss sich auf seinen Mitarbeiter verlassen können. Er braucht die Zuarbeit und das Vertrauen, dass der Mitarbeiter ehrlich ist. Der Mitarbeiter braucht im Gegenzug klare Vorgaben. Er muss die Prioritäten kennen. Und er braucht die Ressourcen, um seine Arbeit zu erledigen. Ganz entscheidend ist: Der Mitarbeiter sollte seinem Vorgesetzten vermitteln, was ihm im Rahmen der Zusammenarbeit selbst wichtig ist.

Dennoch kann es zu erheblichen Spannungen kommen, wenn Mitarbeiter und Chef sich nicht einig werden. Hier gibt es zwei extreme Verhaltensmuster durch den Mitarbeiter:

  1. Wenn der Mitarbeiter mit dem Arbeitsstil oder den Entscheidungen seines Vorgesetzten nicht einverstanden ist, macht er das auch deutlich; er widersetzt sich. Der Vorgesetzte reagiert verärgert oder empört und erhöht den Druck oder nutzt seine autoritäre Stellung. Der Mitarbeiter sieht in seinem Vorgesetzten irgendwann nur noch seinen Feind. Die Situation hat sich festgefahren.
  2. Ein anderer Mitarbeiter ist seinem Vorgesetzten nach außen hin hörig, zieht nichts in Zweifel und befürwortet unkritisch allen Entscheidungen. Aber im Inneren brodelt es vielleicht; er weiß, sein Chef macht auch Fehler, kann oder will aber nichts dagegen tun. Das führt zu persönlichen Spannungen und Selbstzweifeln.

Das Ziel für den Mitarbeiter sollte sein, zwischen diesen beiden extremen Polen die Balance zu finden.

Ein großes Konfliktfeld sind unterschiedliche Arbeitsstile. Ein Vorgesetzter will nur die wesentlichen Informationen, der Mitarbeiter beschreibt viele Details; der Vorgesetzte tritt in Meetings bestimmend auf und geht keinem Konflikt aus dem Weg, der Mitarbeiter ist auf Ausgleich und Konsens bedacht; der Vorgesetzte drückt sich nur vage und unverbindlich aus, der Mitarbeiter wünscht sich klare Vorgaben.

Hier kann es für den Mitarbeiter hilfreich sein, sich eigene Werkzeuge und Vorgehensweisen zurechtzulegen, mit denen er seinen Chef besser steuern kann. So kann er beispielsweise in einem Memo die Vorgaben aus seiner Sicht schriftlich zusammenfassen und diese dann mit dem Chef besprechen. Der muss dann nur noch „Ja“ oder „Nein“ sagen; am Ende ist der Auftrag klar.

Hinweis

Die Analysen und Lösungsvorschläge für die Zusammenarbeit von Mitarbeiter und Vorgesetzter treffen insbesondere auf die Konstellation Geschäftsleitung und Top-Management auf der einen Seite (Vorgesetzte) und mittleres Management auf der anderen Seite zu. Sie können aber auch auf andere hierarchische Ebenen eines Unternehmens übertragen werden. Gute Sekretärinnen oder Assistenten kennen meist die besten Methoden, um mit ihren Chefs optimal zusammenzuarbeiten.

Tipps für den Umgang mit dem Chef

  1. Helfen Sie dem Vorgesetzten, Entscheidungen in Ihrem Sinne zu treffen: Sprechen Sie dazu nicht über das Was, sonder das Warum für Ihre Lösung. Gehen Sie auf Ziele ein, die mit Ihrem Vorschlag erreicht und auf Probleme, die gelöst werden. Machen Sie deutlich, welche einfache Entscheidung Sie brauchen. Liefern Sie gute Argumente, wenn er diese braucht. Dann erhalten Sie eher ein „Ja“ von Ihrem Chef. Halten Sie das schriftlich fest.
  2. Beachten Sie, dass die Dinge, mit denen Sie sich den ganzen Tag beschäftigen, für Ihren Vorgesetzten nur einen kleinen Teil seiner Arbeit ausmachen. Nutzen Sie also seine Zeit sehr sparsam. Bringen Sie Ihr Anliegen immer auf den knappen Punkt.
  3. Wenn Sie den Chef um seine Meinung fragen, wird er immer eine haben. Und die muss sich nicht mit Ihrer decken. Überlegen Sie also genau, wann Sie ihn um seine Meinung bitten. Denn wenn er sie einmal geäußert hat, setzt er damit Rahmenbedingungen.
  4. Machen Sie aus Daten Informationen: Präsentieren Sie Ihrem Chef keine langen Zahlenreihen und Statistiken, sondern nennen Sie die Erkenntnis, die daraus gezogen werden kann. Achten Sie darauf, zu welchem Zeitpunkt Sie welche Informationen präsentieren.
  5. Kommen Sie nicht nur mit Problemen, sondern auch mit Lösungen. Das entlastet ihn. Aber verschleiern Sie dabei nicht die Probleme.
  6. Erwarten Sie nicht, dass der Vorgesetzte soviel weiß wie Sie. Aber gehen Sie davon aus, dass er es verstehen wird, wenn Sie es ihm richtig erklären. Also erklären Sie so, dass er es versteht.
  7. Loten Sie Ihre Freiräume aus: Oft lässt sich nicht genau sagen, welche Aufgaben, wie viel Befugnisse und Verantwortung Ihr Vorgesetzter wirklich an Sie überträgt. Das müssen Sie austesten.
  8. Machen Sie keine Versprechungen, die Sie nicht halten können. Und vermeiden Sie Überraschungen für Ihren Chef. Nur so erreichen Sie, dass er Ihnen im Laufe der Zeit vertraut.
  9. Managen Sie Einstellungen und Wertvorstellungen Ihres Vorgesetzten. Achten Sie darauf, was ihm in der Zusammenarbeit wichtig ist. Legt er Wert darauf, alles selbst in der Hand zu behalten? Geht es ihm um den Umgang mit anderen Menschen? Ist er ein Macher-Typ? Liegt ihm viel an Konzepten? Wie passen Ihre Werte und Einstellungen dazu? Achten Sie darauf, einen Ausgleich herzustellen.
  10. Schaffen Sie Vertrauen, indem Sie Berichte und Memos korrekt verfassen und nicht nachlässig sind. Alles, was schriftlich verfasst wird, sollte den Tatsachen entsprechen und eine verbindliche Form haben.

[Quelle: Jacques Horovitz, 10 Rules to Manage Your Boss]

Hier finden Sie den Management-Klassiker von John J. Gabarro und John P. Kotter: Managing Your Boss (1980, 2005).

Weitere Informationen zum Thema:

http://www.strategy-business.com/press/16635507/20657

http://www.hodu.com/manage-boss.shtml

Dazu im Management-Handbuch

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