Kontrollen der Mitarbeiter durch Arbeitgeber am Arbeitsplatz

Wann und wie dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter bei der Arbeit kontrollieren? Eine Frage des Datenschutzes. Wir geben eine erste Orientierung.

Ein kürzlich erlassenes Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz gibt Anlass, auf den aktuellen Stand der Rechtsprechung zu blicken. Das Urteil zeigt, wie komplex die Thematik ist und dass nicht immer einfach gesagt werden kann, was Unternehmen wann in Sachen Kontrollmaßnahmen am Arbeitsplatz dürfen. Doch zunächst zum aktuellen Fall.

Unterschlagung durch unkorrekte Abrechnung

Im konkreten Fall ging es um die Kündigung von Mitarbeitern eines Schankbetriebs, die, so der Vorwurf des Arbeitgebers, ausgeschenkte Biere nicht korrekt abgerechnet haben sollen. Es stand somit der Vorwurf der Unterschlagung im Raum. Der Arbeitgeber bezog sich für den Beweis seiner Behauptung auf Videoaufnahmen, der er ohne Wissen der Mitarbeiter im Schankraum vornahm.

Das Arbeitsgericht musste nun prüfen, ob die bereits ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Das Ergebnis: Der Kündigungsschutzklage der Mitarbeiter wurde entsprochen und der vom Arbeitgeber angebotene Videobeweis mithin abgelehnt. Als Begründung gaben die Richter an, nicht jeder pauschale Verdacht auf Unterschlagung von Getränken rechtfertige eine heimliche Überwachung per Videokamera.

Vielmehr müsse der Arbeitgeber durch tatsächliche und auch nachprüfbare Anhaltspunkte seinen Verdacht auf bestimmte Mitarbeiter – und eine bestimmte Handlung – konkretisieren können. Sei er dazu in der Lage, sei eine heimliche Überwachung des Arbeitsplatzes gerechtfertigt. Im konkreten Fall jedoch lehnten sie die Videoaufnahmen als Beweisverwertung ab.

Arbeitnehmerdatenschutzgesetz: Besserer Schutz vor Bespitzelung?

Die Überwachungsskandale von Lidl, der Deutschen Bahn oder auch der Telekom in jüngerer Vergangenheit riefen die Datenschützer auf den Plan. Alsbald sah der Gesetzgeber vor, Arbeitnehmer durch ein neues Arbeitnehmerdatenschutzgesetz vor unrechtmäßigen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen seitens der Arbeitgeber besser zu schützen. Doch bislang ist dahingehend noch nichts Konkretes geschehen, geschweige denn ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Im Gegenteil: Das Thema birgt reichlich Stoff für Diskussion.

So geht etwa das Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht in einem Gutachten im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) davon aus, dass die geplante Regelung den Datenschutz für die Beschäftigten in einigen Punkten eher verschlechtern als verbessern werde. Dies betrifft beispielsweise die Übernahme des Begriffs „Compliance-Anforderungen“, der in Bezug auf das deutsche Arbeitsrecht nicht klar definiert ist. Hauptkritikpunkt dabei: Es bleibt nach wie vor dem Unternehmen vorbehalten, welche Daten es erhebt. Ein Türöffner also für die Erhebung personenbezogener Daten?

Kritik hagelt es auch bezüglich der Videoüberwachung. Zwar bleibt diese im geplanten Gesetz weiterhin verboten, doch nicht in allen Fällen. Zulässig ist sie beispielsweise dann, wenn sie nicht länger als 24 Stunden am Stück oder länger als vier Tage durchgeführt wird. Die so genannte offene Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums ist nach wie vor zulässig. Kritiker fürchten hier eine Totalüberwachung der Arbeitnehmer.

Unausgegoren scheinen auch die geplanten allgemeinen Überwachungsregeln im Bereich E-Mail und Telefon zu sein. Hatte der Arbeitgeber bislang nur die Möglichkeit, Verbindungsdaten des E-Mail- und Telefonverkehrs zu untersuchen, kann er durch die neue geplante Regelung auch private Daten überprüfen. Das bürokratische Einfallstor dabei: „Wenn es zur Durchführung des ordnungsgemäßen Dienst- oder Geschäftsverkehrs unerlässlich ist“. Wer weiterdenkt, kann sich ausmalen, dass manche Arbeitgeber besonders den Begriff „unerlässlich“ arg überstrapazieren beziehungsweise ausdehnen könnten.

Stichwort

Lesen Sie auch die aktuelle Stellungnahme der IG Metall zum geplanten Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

Kontrollmaßnahmen: Welche zulässig sind und welche nicht

Bei Kontrollmaßnahmen von Seiten des Arbeitgebers sind immer Grundrechte betroffen. Meist handelt es sich dabei um das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das aufgrund etwaiger Maßnahmen eingeschränkt wird. Doch bei vielen Einzelmaßnahmen ist es nach wie vor strittig, ob sie erlaubt sind oder nicht. In jedem Fall muss, bei strittigen Angelegenheiten, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Das heißt: Die Durchführung der Kontrollmaßnahme muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen, was sich wiederum aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt.

Erlaubt sind beispielsweise Kontrollen von Ausweisen an Werkstoren. Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber gleich Taschen oder Behältnisse beim Eintritt auf das Unternehmensgelände überprüfen möchte. Hier bedarf es grundsätzlich der Einwilligung des Arbeitnehmers, es sei denn, die Überprüfung wird sowieso schon durch ein spezielles Gesetz geregelt oder eine Betriebsvereinbarung erachtet diese als zulässig.

Umstritten ist in der Rechtsprechung, wann und durch wen eine noch schärfere Form der Kontrolle, die Leibesvisitation, erlaubt ist. Einerseits wird argumentiert, sie sei nur in seltenen Ausnahmefällen und nur bei schweren Verdachtsmomenten durch den Arbeitgeber zulässig. Andere Meinungen hingegen verweisen generell auf die polizeiliche Aufgabe, Untersuchungen am menschlichen Körper in Form einer Leibesvisitation durchzuführen (Urteil des BGH v. 03.11.1993, VIII ZR 106/93). Hier fehlt es bislang an einer belastbaren Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht (BAG). Generell ist zu sagen: Die Hürden für die Durchführung einer Kontrollmaßnahme werden umso höher gelegt, je intensiver die Maßnahme in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreift.

Hinweis

Nach einem Urteil des BAG (26.05.1988, 1 ABR 9/87) hat der Betriebsrat bei Tor- und Taschenkontrollen ein Mitbestimmungsrecht.

Dazu im Management-Handbuch

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