UnternehmensführungKrisenmanagement – zehn Tipps für Führungskräfte

Welche Entscheidungen müssen während Krisen in Unternehmen getroffen werden? Wie reagieren Führungskräfte mutig und zugleich besonnen auf Probleme? Und welche Rollen müssen Vorgesetzte gerade in unsicheren Zeiten ausfüllen? Der Autor klärt außerdem, wie erfolgversprechende Strategien entwickelt werden.
Von Dr. Georg Kraus

In Krisenzeiten und wenn sich der Markt aufgrund äußerer Rahmenbedingungen stark verändert, sind Vorhersagen kaum möglich. Es fehlen valide Daten. Deshalb tut sich die Unternehmensführung schwer, strategische Entscheidungen zu treffen. Hinzu kommt: Verunsicherte Beschäftigte erwarten gerade in Krisensituationen Halt und Orientierung.

10 Tipps für ein besseres Krisenmanagement in Unternehmen.

Tipp 1: Doppelfunktion der Führungskraft in Krisensituation bewusst machen

In Krisensituationen müssen Sie als Entscheider in den Unternehmen die Weichen stellen – also die nötigen strategischen Entscheidungen treffen. Zugleich müssen Sie als Führungskraft den verunsicherten Mitarbeitern Halt und Orientierung geben.

Dazu zählt, dass Sie ihnen sagen, dass es so nicht weitergeht und die erforderliche Zuversicht ausstrahlen: „Wir schaffen es, wenn …“.

Seien Sie sich dieser Doppelfunktion bewusst und reflektieren Sie vor öffentlichen Auftritten und Verlautbarungen, was dies für Ihr Verhalten bedeutet.

Tipp 2: Szenarien und Fahrplan entwickeln

Machen Sie sich aufgrund Ihrer Funktion allein oder im engen Kollegenkreis bewusst, wie sich der Markt Ihres Unternehmens mittel- und langfristig entwickeln könnte, bevor Sie etwa ein offizielles Strategiemeeting anberaumen.

Ziehen Sie auch das Best- und Schlechtestmögliche in Betracht. Leiten Sie hieraus Szenarien ab und reflektieren Sie, was diese für Ihr Unternehmen bedeuten und welche Chancen und Risiken und welche Herausforderungen und Aufgaben hieraus erwachsen, sodass Sie selbst die nötige erste Orientierung haben.

Tipp 3: Strategieworkshops durchführen

In einem diffusen und von rascher Veränderung geprägten Umfeld können Entscheidungen, bei denen viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind, meist nicht im Konsens getroffen werden. Aufgrund ihrer Biografie und Funktion im Unternehmen schätzen die an der Entscheidung Beteiligten die Ist-Situation, die Risiken und Chancen und daher die Handlungsmöglichkeiten unterschiedlich ein.

Deshalb sind Konflikte vorprogrammiert. Entsprechend groß ist die Gefahr, sich in endlosen Was-wäre-wenn-Diskussionen zu verlieren.

Überlegen Sie deshalb, ob ein externer, neutraler Moderator den Strategieworkshop und den Strategieentwicklungsprozess moderieren sollte – vorwiegend dann, wenn schwierige Entscheidungen auf der Agenda stehen.

Tipp 4: Komplexität der Entscheidungssituation bewusst machen

Verdeutlichen Sie – zum Beispiel vor einem Strategieworkshop mit den Führungskräften – an einigen Beispielen, wie komplex die aktuelle Entscheidungssituation ist. Klären Sie, auf welche Annahmen Sie sich bei der Strategieentwicklung stützen müssen.

Schildern Sie plastisch den Worst Case – nicht um die Teilnehmenden zu erschrecken, sondern ihnen aufzuzeigen, wie groß der Möglichkeitsraum ist.

Vermitteln Sie ihnen, dass aufgrund der Ist-Situation die beschlossene Strategie nur eine vorläufige sein kann, die regelmäßig überprüft und gegebenenfalls modifiziert wird.

Tipp 5: Realistische Szenarien vorstellen und debattieren

Stellen Sie anschließend die aus Ihrer Sicht realistischen Szenarien vor. Benennen Sie die Annahmen, auf denen sie basieren, und skizzieren Sie den Handlungsbedarf, der hieraus resultiert.

Stellen Sie diese Szenarien danach zur Diskussion und geben Sie Ihren Mitstreitern die Möglichkeit, sofern diese den anderen nicht plausibel erscheinen, Alternativszenarien und Alternativstrategien zu entwerfen.

Tipp 6: Auf zwei Szenarien verständigen

Verständigen Sie sich, sofern möglich, danach über die vermutlich ein bis zwei wahrscheinlichsten Szenarien. Versuchen Sie, für die Auswahl dieser Szenarien eine möglichst objektive Entscheidungsbasis zu schaffen – zum Beispiel, indem Sie sich gemeinsam fragen:

  • Was spricht für oder gegen die beiden Szenarien?
  • Auf welchen Annahmen und Voraussetzungen basiert der potenzielle Erfolg der verschiedenen strategischen Optionen und der Handlungsmöglichkeiten?
  • Welche Investitionen erfordern ihre Realisierung?
  • Welche Chancen und Risiken sind mit damit verbunden?

Seien Sie sich dabei bewusst: Auch eine scheinbar objektive Entscheidungsbasis beruht auf subjektiven Annahmen. Lassen Sie Arbeitsgruppen die ausgewählten Szenarien ausarbeiten und mögliche Maßnahmenpläne ableiten.

Tipp 7: Führungsrolle wahrnehmen

Da in einem diffusen Umfeld strategische Entscheidungen oft nicht im Konsens getroffen werden können, muss im Zweifel irgendwann eine Person sagen:

„In diese Richtung marschieren wir, selbst wenn damit die Risiken A, B und C verbunden sind“.

Dies ist nicht nur Ihre Aufgabe in der Unternehmensführung. Ihre Beschäftigten erwarten von Ihnen in Krisen- und Konfliktsituationen sogar, dass Sie das Ruder in die Hand nehmen und den Kurs vorgeben.

Tipp 8: Strategischen Entscheidungen in Krisenzeiten in Ruhe treffen

Setzen Sie sich nicht selbst unter einen zu hohen Entscheidungsdruck – auch wenn alle Augen auf Ihnen ruhen. Bedanken Sie sich vielmehr am Ende des Strategiemeetings bei den Teilnehmenden für die Unterstützung und sagen Sie dann:

„Ich teile Ihnen bis Mitte nächster Woche meine Entscheidung mit“.

Denn wenn es um strategische Entscheidungen für die Zeit nach der Krise geht, ist in der Regel keine sofortige Entscheidung nötig.

Bei mittel- und langfristigen strategischen Entscheidungen ist es besser, mit der endgültigen Entscheidung einige Tage zu warten. Ein Vertagen eröffnet Ihnen und Ihren Kollegen die Chance, die Folgen der Entscheidung nochmals mit Personen, die eine andere Sicht auf den Entscheidungsgegenstand haben, zu diskutieren und so eventuelle (kollektive) „blinde Flecken“ in Ihrem Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess zu entdecken.

Tipp 9: Hinterfragen Sie die vorläufige Entscheidung

Wenn Sie eine Entscheidung vertagen, können Sie und Ihre Kollegen, nochmals reflektieren, warum Sie gewisse Entscheidungen präferieren. Das ist gerade in Marktumbruchsituationen wichtig. Befragen Sie Ihr Bauchgefühl, zum Beispiel mit:

  • Welche Motive und Hoffnungen veranlassen mich zu meiner Präferenz?
  • Welche Glaubenssätze stecken dahinter?
  • Sind diese Glaubenssätze in der jetzigen Situation (noch) relevant?

Dies ist Entscheidern, wenn es zum Beispiel in einem Workshop heiß hergeht, oft nicht bewusst. Mit etwas zeitlichem Abstand wird ihnen dies jedoch klar. Das veranlasst sie häufig dazu, ihr klares Ja oder Nein zu Optionen zu relativieren.

Deshalb können Entscheidungen mit etwas zeitlichem Abstand eher im Konsens getroffen werden, was auch für deren Tragfähigkeit und Umsetzung im Unternehmen wichtig ist.

Tipp 10: Überprüfen Sie die Strategien regelmäßig

Nachdem Sie entschieden haben, führen Sie sich als Team nochmals vor Augen, auf welchen Annahmen Ihre Entscheidungen beruhen – zum Beispiel darüber, wie sich Ihr Markt entwickelt.

Vereinbaren Sie anschließend Termine, in denen Sie gemeinsam überprüfen, inwieweit Ihre Annahmen richtig waren und die von Ihnen initiierten Maßnahmen das Unternehmen zum Ziel führen. Halten Sie nicht an schlechten Entscheidungen fest.

Das erleichtert es auch den Mitstreitern, die andere Lösungen präferierten, sich mit den Entscheidungen zu arrangieren. Denn sie wissen: Wenn diese sich als falsch erweisen, werden sie entweder über Bord geworfen oder neu justiert.

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