KrisenmanagementVom Implosionsmanagement zum konnektiven Management
Manche Unternehmen geraten in Krisenzeiten gar in einen Strudel mehrfacher Reorganisation, um mit den schnellen Entwicklungen Schritt zu halten. Nicht selten bleiben dabei die Mitarbeiter auf der Strecke. Nicht nur jene, die ihren Job verlieren, sondern auch diejeniegen, die im Unternehmen bleiben.
Dem Management kommt hier eine riesige Verantwortung zu. Es muss die Mitarbeiter und Teams durch die Krise leiten und ihnen helfen, mit der Unsicherheit klarzukommen und sogar Motivation und Leistung noch zu erhöhen. Durchhalteparolen allein sind nicht genug. Jetzt braucht es Strategien, die Energien aktivieren, die Mut machen, die das Selbstvertrauen stärken.
Wir sehen in unserer Beratungsarbeit immer wieder, dass sich fast 90 Prozent der Reorganisationsmaßnahmen oder Fusionen auf Strategien und Strukturen beziehen. Hieran wird in der Führungsspitze intensiv gearbeitet. Aber was passiert mit der Umsetzung? Wie wird die Neuausrichtung kommuniziert? Wie werden die Mitarbeiter mit ins Boot geholt?
Auf diese Fragen haben nur wenige der Change-Manager eine passende Antwort. Nachdem die Planung abgeschlossen ist und die neuen Strukturen entwickelt sind, haben viele Führungskräfte das Gefühl, ihre Arbeit erledigt zu haben. Dabei fängt die eigentliche und wichtigste Arbeit jetzt erst an: Der Rest der Organsiation muss für die Neuerungen und Pläne interessiert und motiviert werden.
Wie die Mitarbeiter auf Veränderungen reagieren
Veränderungen in Unternehmen werden selten mit Jubel empfangen. Oft haben die Mitarbeiter schon früher schlechte Erfahrungen mit Veränderungsprozessen gemacht und eine negative Haltung entwickelt. Aussagen wie “Man hat sich wieder etwas ausgedacht, doch das wird auch bald wieder vorbei sein” oder „Denen fällt auch immer etwas Neues ein“ prägen die Gespräche der Kollegen. Die Reaktionen sind verständlich: Meist werden die Reorganisationsmaßnahmen von einer kleinen Führungsgruppe erarbeitet und das Management holt nicht alle Mitarbeiter und Teams an Bord. Das Fehlen von Transparenz, ein autoritärer Führungsstil und mangelnde Kommunikation lassen keine Identifikation mit der Neuaufstellung entstehen.
Der Prozess einer “kulturellen Implosion” beginnt und greift wie ein Spuk um sich. Mitarbeiter, die mit Ignoranz, Widerwillen oder Ablehnung auf Veränderungen reagieren, erzeugen ein Vakuum im Herzen des Unternehmens, das sich später kaum noch füllen lässt. Angst und Verunsicherung greifen um sich. In Zeiten der Veränderung und Reorganisation denkt der Mensch als erstes an sich selbst: Was bedeutet das für meine Arbeit, bekomme ich einen neuen Chef, werde ich versetzt oder vielleicht sogar gekündigt?
Verunsicherung und Selbstbezogenheit haben eine starke Auswirkung auf die Arbeit und die Ergebnisse. Die Motivation sinkt, die Produktivität geht zurück, defensives Auftreten wird gefördert. Die Mitarbeiter agieren vorsichtig und zurückhaltend. Statt zunehmender Initiative, wie sie gerade jetzt gefragt ist, werden Ideen eher zurückgehalten, um nicht noch mehr Unruhe zu schaffen. Der Kommunikations- und Informationsfluss in der Organisation stagniert und die Veränderungen setzen sich nicht durch. Statt problemlösenden Denkens und aktionsgerichteten Handelns, machen sich Untergangsstimmung und reaktionäres Verhalten breit. Man sucht seine Leidensgenossen, um kollektiv zu klagen, die “kulturelle Implosion” verstärkt sich. Ein solches „Implosionsmanagement“ weist folgende Merkmale auf:
- “Schein”-Engagement und/oder Verleugnung der Wichtigkeit der Veränderung;
- “Ich”-gerichtetes reagieren und Handeln;
- Abnahme von Initiative, Qualität und Effizienz;
- Abnehmende persönliche Selbstsicherheit und Motivation;
- Zunahme von Stress und emotionalen Konfliktsituationen;
- Formung “unsichtbarer” Anti-Gruppen;
- Vergangenheitsgerichtete Kommunikation.
Führende Unternehmen wissen die Beteiligung richtig zu erweitern
Die Hay Group hat 2009 eine weltweite Untersuchung mit einer Million Menschen gemacht. Die Untersuchung hat ergeben, dass führende Unternehmen unter den heutigen ökonomischen Umständen die Beteiligung der Arbeitnehmer vergrößern. Das Umsatzwachstum dieser Organisationen ist 4,5-mal so groß, wie das von Nachzüglern in diesem Bereich.
Sie haben erkannt, dass die persönliche Motivation der Schlüssel ist, um einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen. Das erfordert vom Top-Management spezifische Kompetenzen, die weit über die traditionelle, mehr kontrollierende Führung hinausgehen.
Bei einer Reorganisation werden enorme Kräfte in einer Organisation frei. Die Auswirkungen nach innen (Implosion) oder nach außen (Explosion) ist zu 100 Prozent abhängig vom konkreten Beitrag des Top Managements. Ein Mangel an Klarheit bei strategischen Entscheidungen und überholte Führungsstile vergrößern die Unsicherheit und führen dazu, dass sich die Kräfte nach innen richten.
Durch eine gezielte Entwicklung der Führungskompetenzen können Führungskräfte hier gegensteuern. Das Ziel solcher Leadership Development Programme muss es sein, strategische Entscheidungen so “top down” zu transportieren, dass Motivation, Effektivität, Zusammenhalt und Unternehmensperformance deutlich ansteigen. Statt eines Implosionsmanagement ist ein Expolosionsmangement oder ein konnektives Management gefragt.
Die Merkmale eines “Explosionsmanagement” sind:
- volles Engagement bei Beschlüssen und Zielformulierungen;
- Identifikation aller Mitarbeiter mit dem Unternehmen und mit dem Management;
- “Wir”-gerichtetes Handeln;
- ein Schwall von Initiativen und kreativen Lösungen;
- große Selbstsicherheit und üppige Motivation;
- Offenheit gegenüber der Umgebung;
- Bildung von Aktionsgruppen, die gemeinsam die Probleme zu lösen und
- Unterstützung durch externe Partner.
Die Merkmale eines “Konnektiven Managements” sind:
- volles Engagement und die Beteiligung aller an der Entscheidungsfindung;
- eine klare Unternehmensphilosophie und den Werteausrichtung;
- Aufbau von Empowerment für die Entwicklung der Mitarbeiter;
- hohe Selbstmotivation der Leader, um die Kompetenz der Mitarbeiter positiv zu beeinflussen;
- starke Verbundenheit mit “Interessengruppen”;
- gutes Selbstmanagement und Zielgerichtetheit;
- Teilen von Information und motivierende Einstellung;
- Arbeiten in Teams und Verbundenheit durch virtuelle Netzwerke sowie
- Stärkung der Coaching-Kompetenzen der Führungskräfte, mit dem Ziel, die anderen erfolgreich zu machen.
Krisenmanagement ist “good people management”: Entscheidend ist, wie viel Leidenschaft die Menschen entwickeln, um sich vereint hinter die neuen Strategien zu stellen. Entscheidend sind die Kompetenzen der Führungskräfte. Sie müssen die Mitarbeiter mitreißen - durch außergewöhnliche Leistungen, Ideen und kalkulierbare Risiken.
[Bild: Julian Weber - Fotolia.com]