KundenbeziehungWie echte Kundenorientierung im Unternehmen verankert wird

Echte Kundenorientierung ist weit mehr als das Gegengeschäft „Kundenbedürfnis erfüllen und dafür Auftrag erhalten“. Sie basiert auf der Haltung der Führungskräfte und der Mitarbeitenden, die das Wohl des Kunden verfolgen und nicht die eigene Profitmaximierung.
Von Dirk Seidler

Was macht echte Kundenorientierung aus?

„Wir sind kundenorientiert“ – welches Unternehmen würde dieser pauschalen Aussage nicht zustimmen? Dahinter steht oft ein klares Vertriebsziel und der Gedanke an ein Gegengeschäft: Der Kunde erhält wertschätzende Worte und kleine Gesten. Im Idealfall winkt als Gegenleistung ein Geschäftsabschluss.

Doch erst, wenn Kundenorientierung ohne den Gedanken der Profitmaximierung verstanden wird, können zwischenmenschliche Beziehungen gedeihen. Die zentrale Rolle spielen dabei die Führungskräfte. Sie müssen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein neues Verständnis von Kundenorientierung vermitteln. Wie gelingt das?

Kundenorientierung neu definieren

Das Buzzword Kundenorientierung wird gemeinhin so verstanden: Ein Unternehmen richtet seine Aktivitäten an den Kundenbedürfnissen aus und weckt das Interesse des Kunden an einer langfristigen Zusammenarbeit. Dabei stehen Fragen im Vordergrund, die den Kunden zum Ankerpunkt jeder Handlung macht:

  • Welches Anliegen oder gar Problem hat der Kunde?
  • Wie können wir ihn dabei unterstützen?
  • Welche Mittel und Kanäle sind für die Lösung des Problems erforderlich?
  • Was braucht der Kunde wirklich?
  • Und wie binden wir ihn an uns?

Diese Punkte übersehen aber, dass echte Kundenorientierung weit darüber hinausgeht. So sollten die genannten Aspekte eine Selbstverständlichkeit im Tagesgeschäft sein und nicht unter der Maxime der Kundenorientierung summiert werden. Die Beziehung zum Kunden basiert stattdessen auf

  • Empathie,
  • Einfühlungsvermögen und
  • persönlichem Engagement bis in die letzte Faser.

Diese emotionale Einstellung und Haltung gegenüber dem Kunden muss unabhängig bleiben von einem Geschäftsabschluss oder der Aussicht darauf.

Kundenorientierung meint nicht Sales, Marketing oder Vertrieb, sondern den Austausch auf zwischenmenschlicher Ebene. Kundendaten, Marktforschung und Umfragen sind für die zwischenmenschliche Basis nicht von Belang.

Kundenorientierung als Führungsaufgabe begreifen

Um eine solche Denkweise an die Mitarbeitenden weiterzugeben, ist die Führung gefragt. Denn das benötigte Mindset, die Einstellung und Haltung, kann nicht über Workshops vermittelt werden, sondern nur über ein konkretes Handeln der Vorgesetzten im Arbeitsalltag.

Mitarbeitende übernehmen die Einstellung gegenüber Kunden dann, wenn die Führungskraft als positives Beispiel vorangeht und die Begeisterung weiterträgt. Führungskräfte setzen also an der Basis der Mitarbeitenden an und führen sie kundenfokussiert.

Das heißt auch, Standards und Richtlinien aufzubrechen und Mitarbeitende bei der Ausführung nicht zu sehr in ein Korsett aus Zahlen und Vorgaben zu zwängen. So bleibt ihnen die Möglichkeit, im Kundenumgang situativ zu handeln.

Ein bisher wenig beleuchteter Aspekt für das Gedeihen echter Kundenorientierung sind die Arbeitsbedingungen: Mitarbeitende leisten dann gute Arbeit und lassen sich auf den Kunden ein, wenn der Chef oder die Chefin die Leistungen anerkennt und dasselbe Verhalten im Umgang mit Kunden auch bei den Mitarbeitenden an den Tag legt. So entsteht nicht das Gefühl, nur Dienst nach Vorschrift für das Unternehmen zu machen, sondern Mitarbeitende engagieren sich aus der intrinsischen Motivation heraus.

Klein anfangen und dann skalieren

Diese neue Sichtweise und ein neues Verhalten gegenüber Kunden hat jedoch auch eine Kehrseite: Der Einsatz ist mit einem großen Zeitaufwand verbunden und im Worst Case sogar mit einer Überforderung der gesamten Organisation. Weil sich die neue Art der Kundenorientierung nicht in Standards pressen lässt, sind reproduzierbare, standardisierte Abläufe bei der Arbeit mit Kunden unmöglich.

Deshalb sollte die Herangehensweise nicht abrupt, sondern in kleinen Schritten erfolgen. Mitarbeitende können zum Beispiel dafür sensibilisiert werden, dass sie die Nöte und Bedürfnisse eines oder mehrerer Kunden besser wahrnehmen. Das sollte immer nach dem Prinzip der Freiwilligkeit erfolgen. So ist nicht jeder Mitarbeitende gewillt, sich mehr als über das – üblicherweise – erforderliche Maß hinaus für den Kunden zu engagieren.

Allerdings: Menschen wollen in der Regel selbstwirksam agieren und zu einer Gruppe dazugehören. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht innerhalb der Organisation und wird automatisch nach außen getragen.

Wenn Mitarbeitende also nach und nach den Gedanken mittragen, entsteht ein Bild, das sich – aus vielen Puzzleteilen zusammengesetzt – auf die gesamte Firma projizieren lässt. Die Mitarbeitenden werden dann sogar zum Markenbotschafter und zur Botschafterin – denn nichts macht ein Unternehmen und eine Marke sympathischer als Menschlichkeit.

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