KundenbindungBeziehung zum Kunden über den Preis regeln

Unternehmen halten oft an unprofitablen Kunden fest. Ein Kundenwertanalyse und ein kundenorientiertes Preismanagement helfen, dies zu vermeiden.

Wie jede Beziehung hat auch eine Kundenbeziehung einen gewissen Lebenszyklus – vom Beziehungsaufbau bis hin zur Reduzierung der Zusammenarbeit. Oft jedoch werden Geschäftsbeziehungen so lange aufrecht erhalten, dass es für das Unternehmen nicht mehr gesund ist. Im Extremfall kann das Festhalten an nicht profitablen Kundenbeziehungen und die zurückhaltende Einstellung des Vertriebs gegenüber Maßnahmen zur Reduzierung des Kundenverhältnisses eine existenzielle Bedrohung darstellen. Die grundlegende Frage ist demnach: Wie können Geschäftsbeziehungen durch ein aktives Kundenbindungsmanagement gestaltet werden, um nachhaltige und aus Unternehmenssicht sinnvolle Geschäftsbeziehungen zu fördern?

Zwei Seiten des aktiven Kundenbindungsmanagements. Quelle: Homburg & Partner

Vertriebskapazitäten kundenindividuell verteilen

Die beiden Dimensionen des aktiven Kundenbindungsmanagement (siehe Grafik) sind auf den ersten Blick eine logische Konsequenz aus dieser Erkenntnis. Der Status „König Kunde“ wird in der geschäftlichen Praxis oft vorausgesetzt, manifestiert sich in der internen Wahrnehmung und damit im erzeugten Selbstbild. Aber ist das tatsächlich bei jedem Kunden die richtige Einschätzung? Gibt es nicht eher ein paar „Könige“, in der Regel aber doch sehr viel mehr Vertreter anderer Bereiche des „Hofstaats“?

Aus dieser Überlegung heraus erscheint eine kundenindividuelle Herangehensweise, das heißt eine Priorisierung der Kunden nach deren Wichtigkeit für die Zielerreichung des Unternehmens, sinnvoll und Erfolg versprechend. Durch einen kundenindividuellen Ressourceneinsatz werden die vorhandenen Vertriebskapazitäten effizient auf die entsprechenden Kunden, gemäß deren Wertigkeit, verteilt.

Im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements existieren verschiedene Instrumente zur aktiven Steuerung der Geschäftsbeziehung. Ein wesentlicher Stellhebel ist die Preisaussage an den Kunden. Sowohl für die Intensivierung als auch die Reduzierung der Geschäftsbeziehung spielen der Preis und die damit einhergehende Kommunikation an den Kunden eine wichtige Rolle für die eigene Positionierung als auch die Positionierung des Kunden im gesamten Kundenportfolio.

Kundenwertanalyse als Instrument zur Priorisierung

In der Regel stellt die Priorisierung von Kunden die Grundlage vielfältiger vertriebsbezogener Handlungen dar. Die Grundidee der Kundenwertanalyse ist die Annahme, dass einige Kunden wertvoller sind als andere. Dabei steht dieser Begriff für die Klärung des heutigen und zukünftigen ökonomischen Gesamtwerts eines Kunden aus Sicht der Unternehmensziele. Ein idealer Kunde würde sich daher wie folgt beschreiben lassen:

  • Lässt sich mit verhältnismäßig geringen Kosten akquirieren
  • Akzeptiert den angebotenen Preis
  • Kann mit relativ geringem Aufwand betreut werden
  • Nimmt große Einzelmengen ab
  • Name dient als Referenz bei Neukunden und als aktiver Empfehlungsgeber

Aber wie trennt man die Spreu vom Weizen?

Leitfragen der Kundenwertanalyse

Im ersten Schritt geht es darum zu bestimmen, was dazu führt, dass ein Kunde als wertvoller eingestuft werden sollte als ein anderer. Dies kann etwa anhand der Kundenprofitabilität festgelegt werden. Allerdings decken auf der einen Seite die intern verfügbaren Daten oft nur die einem Auftrag oder einem Produkt zugewiesenen Profitabilitäten ab und bewerten somit nicht die ganzheitliche Kundenprofitabilität. Auf der anderen Seite sollten auch qualitative Aspekte berücksichtigt werden wie Loyalität oder die Rolle als Empfehlungsgeber. Wie diese beim idealen Kunden auch beschrieben sein mögen: Letztlich muss im Einzelfall geklärt werden, welche Kriterien für die jeweilige Ausgangssituation sinnvoll sind. Typische Leitfragen dabei:

  • Wie stehen die Kunden in Bezug auf Umsatz und Profitabilität derzeit da?
  • Welches Profitabilitätsziel soll insgesamt, pro Segment und pro Kunde erreicht werden?
  • Welche Zielvorgaben existieren in Bezug auf die Verkaufspreise?
  • Welche Vorgaben gibt es für die Preisbildung?
  • Wie werden Verkaufspreise tatsächlich gebildet?

Im Folgenden werden Beispiele für einige Analysen vorgestellt, die in diesem Zusammenhang Transparenz in den Status quo der jeweiligen Kundenwerte bringen können.

In einer Kundenwertanalyse wird jeder Kunde bezüglich seiner aktuellen Position hinsichtlich Umsatz pro Jahr und Profitabilität (prozentualer Deckungsbeitrag) als Punkt darstellt. Es sind generell auch andere Konstellationen denkbar, jedoch lässt sich oft beobachten, dass größere Kunden auch eine geringere prozentuale Profitabilität aufweisen. Auf der anderen Seite existieren aber auch sehr viele Kunden, die trotz verhältnismäßig geringem Umsatz einen dafür zu geringen prozentualen Deckungsbeitrag aufweisen.

Mit Preismanagement die Kundenbeziehung gestalten

Preismanagement stellt einen wesentlichen Hebel für die Gestaltung der Kundenbeziehung dar. Branchenübergreifend lässt sich damit eine kundenindividuelle Taktik ableiten, mit der die Preisdurchsetzung angegangen wird. Insbesondere die Schaffung von Transparenz im Status quo ist dafür eine wesentliche Voraussetzung, um zuerst in den eigenen Reihen Akzeptanz zu schaffen. Um dies in der Praxis umsetzen zu können, müssen die folgenden Voraussetzungen gegeben sein:

1. Unterstützung durch das Top-Management

Kundenbindungsorientiertes Preismanagement sollte (auch) Chefsache sein. Eine übergeordnete Initiative zur effektiveren Preisdurchsetzung und aktiven Steuerung von Kundenbeziehungen sollte zwingend vom Top-Management initiiert, vorangetrieben und mit der notwendigen Konsequenz in der Umsetzung begleitet werden.

Ohne klare Zielvorgaben und ohne die Unterstützung der Unternehmensführung kann kein einheitliches und konsistentes Vorgehen bei der Preisverhandlung und -durchsetzung etabliert werden. Die Unterstützung des Top-Managements ist die Basis für eine nachhaltige Operationalisierung im Unternehmen und kann nicht delegiert werden.

2. Schulung im Führen von Preisgesprächen

Vertriebsmitarbeiter im Kundenkontakt müssen hohe Anforderungen bewältigen. Deshalb sollten deren Fähigkeiten im Umgang mit Kunden und Preisgesprächen regelmäßig geschult werden. Die Identifikation von Potenzialen und die Vorgabe von Zielen im Preismanagement bringen letztlich noch kein zusätzliches Geld. Entscheidend ist die Umsetzung der Vorgaben durch den einzelnen Vertriebsmitarbeiter im Verhandlungsgespräch.

Die notwendigen Fähigkeiten für Preisverhandlungen müssen erlernt und in regelmäßigen Abständen weiterentwickelt werden. Denn oftmals wird das Gespräch über den Preis als notwendiges Übel betrachtet, das nur ungern geführt wird. Die zusätzliche Weiterbildung in Verhandlungskompetenz und Preisdurchsetzung gewinnt hinsichtlich dieser Entwicklung noch weiter an Bedeutung.

3. Einsatz unterstützender Tools

Pricing-Tools, die Vertriebsmitarbeiter bei der Preisbildung, der Segmentierung und beim Verkaufspreis-Controlling unterstützen, leisten einen wichtigen Beitrag zur Preisdurchsetzung. So unterschiedlich die Kunden, so unterschiedlich kann die Herangehensweise zur Erreichung der Ziele bei der Preisdurchsetzung sein. Wichtig ist, dass dem Vertriebsmitarbeiter auch Instrumente zur Verfügung stehen, die ihn bei der Umsetzung unterstützen. Das können Tools für die Preisbildung und das Preis-Controlling, aber auch Templates für Staffelpreisvereinbarungen sein.

4. Incentivierung von Verhandlungserfolgen

Anreiz- und Vergütungssysteme sind zentrale Instrumente der Vertriebssteuerung, da dadurch das Mitarbeiterverhalten im Hinblick auf die Zielerreichung gesteuert werden kann. Durch die Verbindung des Verhandlungserfolgs mit einer Belohnung – die nicht notwendigerweise monetär sein muss – wird ein direkter Zusammenhang hergestellt, wodurch der Vertrieb nachhaltig motiviert werden sollte, die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Wichtig dabei ist, die Rahmenbedingungen für die Anreize transparent, fair, nachvollziehbar, messbar und leistungsorientiert auszugestalten. In der Praxis besteht oft eine Diskrepanz der Unternehmensziele und der Zielgrößen, nach denen der Vertrieb incentiviert wird.

5. Aufbau eines Management-Systems

Die Aktualität und die Qualität der Daten im ERP-System sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Projektinitiative zur Preisdurchsetzung. Ein Faktor für eine erfolgreiche Kundensegmentierung und Priorisierung ist der Auf- beziehungsweise Ausbau eines umfangreichen Management-Systems. Dies ermöglicht nicht nur den Zugriff auf einen einzigen Bestand an Kundendaten – etwa im Rahmen einer Kundenwertanalyse – und erhöht somit die Transparenz über den Kunden. Es reduziert auch den Abstimmungsaufwand zwischen verschiedenen Abteilungen, beispielsweise zwischen Marketing, Vertrieb und Qualitätsmanagement.

6. Reporting zur Transparenz des Verhandlungserfolgs

Eine transparente Kommunikation über die Zielgrößen des Verhandlungserfolgs ist Voraussetzung für die Bewertung der Zielerreichung. Im letzten Schritt geht es darum, den Verhandlungserfolg genau nachvollziehen zu können, um den Grad der Zielerreichung abzuleiten. Das dient der Vertriebsleitung in erster Linie zur aktiven Steuerung der Vertriebsmannschaft und zur Justierung der individuellen Taktiken auf Einzelkundenebene. Hier können speziell angefertigte Programme Sinn machen, die auf den jeweiligen Bedarf individuell angepasst sein sollten.

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