KundengewinnungWann Vertriebspartner erste Wahl sind
Vertriebserfolg entscheidet sich in Sekunden. Es ist der winzige Augenblick, in dem der Kunde ein Produkt kauft – oder eben nicht. Dann ist es egal, wie hoch die Innovationsleistung ist, wie wegweisend das Produktdesign oder ausgewogen das Preis-Leistungsverhältnis. Auf diesen einen entscheidenden Moment schrumpfen Wochen und Monate der Vorbereitung zusammen. Und obwohl es letztlich darauf ankommt, wie das Produkt den Kunden erreicht, ist der Vertrieb der am häufigsten unterschätzte Faktor in der Produkteinführung.
Gemeint ist dabei nicht der Verkauf, sondern alles, was vor dem Verkaufsgespräch und nach dem Abschluss passieren sollte. Macht ein Unternehmen hier seine Hausaufgaben, ist die oft suggerierte magische Verkaufsmethode, die den „Kaufknopf“ drückt, gar nicht mehr so wichtig. Der Kunde kauft von sich aus, ganz ohne oder sogar trotz Manipulation durch einen Verkäufer. Einfach, weil er Vertrauen in das Unternehmen und das Produkt gefasst hat. Damit beginnt die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen.
Eine gute Vertriebsstrategie entsteht nicht am Reißbrett
Beim Aufbau von Kundenbeziehungen sind genauso viel Akribie und Konzentration erforderlich wie in allen anderen Unternehmensbereichen, beispielsweise der Produktion oder der technischen Entwicklung. Die besondere Herausforderung: Obwohl zwei Seiten an dem Unterfangen beteiligt sind, ist nur eine Seite steuerbar, nämlich die eigene. Der Beziehungsaufbau mit einer Unbekannten kann deshalb nicht geplant werden wie der Aufbau einer Produktionsanlage. Erfolgreiches Wachstum und dauerhafter Erfolg am Markt bauen auf einer gut umgesetzten, mittelfristigen Vertriebsstrategie auf. Die entsteht aber weder an einem Tag noch am Reißbrett. Natürlich ist eine konzeptionelle Vorbereitung sinnvoll – wichtiger ist allerdings, vor allem bei der Weiterentwicklung am und mit dem Kunden zu arbeiten.
Unternehmen, die ihre Strukturen auf Basis einer Reißbrett-Strategie errichten, gehen ein großes Risiko ein. Denn bei einer Produkteinführung oder bei der Erschließung einer neuen Kundengruppe macht man die Rechnung besser nicht ohne den Wirt beziehungsweise den Kunden. Besser ist es, gemeinsam mit einem Vertriebspartner einen Versuchsballon zu starten. So können Unternehmer dessen Marktzugang und Zielgruppenkenntnis dazu nutzen, um gezielt Erfahrungen zu sammeln und sich an den Markt heranzutasten.
Den richtigen Vertriebspartner für die Testphase finden
Den wichtigsten Wert, den ein Partner in eine Testphase einbringen kann, ist sein persönlicher Zugang zu einer Zielgruppe. Das heißt, er ist in der Lage, einen persönlichen Kontakt zum Ziel- und Wunschkunden herzustellen. Vorteil: Der Partner hat selbst eine vertrauensvolle Beziehung zum Zielkunden, was dabei hilft, Vorbehalte abzubauen. Jetzt braucht es nur noch die Begegnung, idealerweise im Kontext mit dem Produkt. Das kann etwa in folgenden Situationen erfolgen:
- Gemeinsamer Messestand
- Sonderzone im Supermarkt
- Temporärer Shop-in-Shop
- Vertreter- oder Key-Account-Besuche
- Eigens veranstaltete Kundenworkshops
- Begleiter im Rahmen von Service- und Wartungsbesuchen
Bei der Auswahl und Bewertung von Partnern sollten Unternehmen sich fragen:
- Welche Art von Kundenzugang hat der potenzielle Partner?
- Welche gemeinsamen Kontaktmöglichkeiten können sich ergeben?
- Wie ist die Beziehung zwischen dem Partner und dem Zielkunden emotional belegt?
- Wie ist er im Markt positioniert?
- Welches Interesse verfolgt er, und wie wird die Zusammenarbeit zur Win-win-Situation?
- Welche Interessen stehen einer Zusammenarbeit entgegen?
- Inwiefern steht der Partner zu einem selbst in Konkurrenz?
- Eignet er sich, den künftigen Vertriebskanal zu bilden?
- Welche Priorität hätte die eigene Leistung in seinem Produktprogramm?
Relevante Vertriebsdetails über den Kunden herausfinden
Der Vertriebsprofi kennt sein Produkt. Er weiß aber nicht, wie der künftige Kunde damit umgeht. Es reicht nicht zu wissen, ob ein Produkt mehr Beratung erfordert oder weniger, denn der Verkäufer weiß nicht, welche Kriterien für seinen Kunden relevant sind. Nicht umsonst werden Brautkleider anders verkauft als Erfrischungsgetränke. Entscheidend für die Verkaufsstrategie ist zu wissen, welche Faktoren darüber entscheiden, ob der Kunde investiert oder nicht.
Wird das Produkt eher impulsiv oder geplant gekauft? Kauft der Kunde einmal (etwa Brautkleider) oder wird er wiederkommen (zum Beispiel Getränke)? Es geht darum, vertriebsrelevante Details herauszufinden. Aus den Antworten auf die folgenden Fragen können Unternehmen die wichtigsten Eckpunkte für eine erfolgreiche Vertriebsstrategie ableiten:
- Welches sind die Bedarfsauslöser und Kaufanreize?
- Wer beeinflusst eine Kaufentscheidung?
- Was hat der Kunde vom Kauf, bezogen auf seine Ziel- und Interessengruppen?
- Was genau passiert nach dem Kauf?
- Welche Art von Beziehung brauchen Käufer und Verkäufer?
- Was bildet Vertrauen?
- Was sind die wichtigsten Elemente beim Verkaufserlebnis?
- Welches Interesse soll beim Kunden geweckt werden?
Mit der Vertriebsstrategie den Rahmen vorgeben
Aus der Analyse von Zielgruppe und Produkt ergibt sich ein Strauß an Möglichkeiten für die Vertriebsstrategie. So klar die Antworten auf die grundlegenden Fragen sind, so vielfältig bleibt das Angebot möglicher Herangehensweisen und Kanäle, auf deren Weg der Kunde erreicht werden kann. Sicher ist die Königsklasse der direkte Vertrieb mit eigener Mannschaft. Allerdings sind auch hier die Kosten am höchsten. Da die Kosten erst wieder eingefahren werden müssen, ist es auf unbekanntem Terrain oft hilfreicher, sich von Vertriebspartnern die Arbeit abnehmen zu lassen.
Sie verkaufen die Leistungen des Unternehmen, während sie ohnehin mit dem Kunden in Kontakt stehen. Oder sie können günstiger eine gut ausgebildete Mannschaft vor Ort aufstellen. Wenn persönliche Beziehungen zum Zielkunden nicht im Vordergrund stehen oder das Produkt hochstandardisiert ist, können Telefonvertrieb oder Online-Shop das Mittel der Wahl sein. Abhängig vom Produkt und von den angeschlossenen Lieferwegen gilt es nun, die verschiedenen Möglichkeiten aufeinander abzustimmen. Folgende Fragen helfen, effektive Strukturen zu finden:
- Wie sehen die Liefer- und Kostenstrukturen aus?
- Was macht einen Interessenten zum Käufer und wann empfiehlt er das Produkt sogar weiter?
- Wie viel darf ein neuer Kunde demnach kosten und wie viele Kunden sollten erreicht werden?
- Welche Vertriebskanäle sollen eingesetzt werden?
- Welche Vor- und Nachteile haben diese?
- Wie sollen die Kanäle aufeinander abgestimmt werden?
- Welche Kommunikationsmaterialien sind erforderlich?
- Welcher Know-how-Transfer wird notwendig?
- Wie sollen die Strukturen zur Steuerung aussehen?
Den ersten Schritt zur Umsetzung gehen
Wenn Unternehmen über ein tolles Produkt verfügen, es viele Argumente für den Kauf gibt und die Kanäle geplant sind, müssen die Kunden eigentlich nur noch Ja sagen. Jetzt gilt es, den ersten Schritt zu tun! Das Wichtigste in dieser Phase des Vertriebsaufbaus: einen klaren Kopf bewahren. Erfahrungsgemäß geht ab jetzt alles viel langsamer als geplant. Der Grund: Alles ist Neuland. Die Mitarbeiter müssen sich erst eingewöhnen, die Vertriebspartner das neue Produkt verstehen, die neuen Lieferwege funktionieren und letztlich müssen die Kunden das Produkt erst kennenlernen.
Gerade am Anfang empfiehlt es sich deshalb, keine zu hohen Erwartungen zu haben. Denn diese verursachen nicht selten Hektik und überzogene Gegenmaßnahmen, wenn sie nicht erfüllt werden. Andererseits brauchen Unternehmen Ziele, an denen sie Erfolge bemessen und Investitionen ausrichten können. Folglich sind geringere Investitionen ein sicheres Mittel, um den Erwartungsdruck zu reduzieren. Bevor also neue Strukturen aufgebaut werden, sollte unbedingt geprüft werden, ob nicht bereits vorhandene Mitarbeiter, Beziehungen und Standardprozesse genutzt werden können. Es gilt: Erst wenn erste Erfolge eingefahren sind, werden teure und leistungsfähigere Strukturen aufgebaut. Mit folgenden Kriterien halten Unternehmen ihre Investitionen schlank:
- Welche Strukturen, Ressourcen und Fachbereiche werden mindestens benötigt?
- Wie können Ressourcen aus den bestehenden Geschäftsbereichen für neue Aufgaben entlastet werden?
- Woran wird der Erfolg gemessen?
- Wann sollte dieser Punkt eingetreten sein?
- Wann ist der späteste Zeitpunkt für diesen Erfolg?
- Was ist die erste Investition, sobald dieser erste Erfolg eingetreten ist?
Den Kunden an die Hand nehmen
Jeder Schritt hat seinen eigenen Zeitpunkt, an dem er seine volle Wirkung entfaltet. Und manche Investitionen machen erst auf der Zielgeraden Sinn. Kurz vor der Produktpremiere muss im Hintergrund alles vorbereitet sein. Jetzt beginnt der Flirt mit dem Kunden, und alles Vorherige war Anbahnung. War der erste Kontakt dank guter Vorbereitung und der richtigen Vertriebsstrategie vielversprechend?
Wenn ja, ist im besten Fall nach dem ersten Rendezvous noch nicht Schluss. Jetzt kommt es darauf an, den Erwartungen gerecht zu werden und den Kunden langfristig zu begeistern. Es beginnt die eigentliche Arbeit an der dauerhaften Beziehung zum Kunden, damit seine Erwartungen, die das Unternehmen im Vertrieb selbst geschürt hat, auch erfüllt werden.