KundenserviceNotwendiges Übel oder Profit Center?

Der Kundenservice kann eine wertvolle Informations- und Ideenquelle sein – wenn er richtig genutzt wird.

Bisher: Informationen werden kaum genutzt

In den meisten Unternehmen werden Informationen von Kunden eher zufällig aufgegriffen und kaum systematisch verwertet. Dabei haben die Mitarbeiter oft ein Gespür dafür, welche Hinweise wichtig sind. Wie zum Beispiel bei einem mittelständischen Versandhändler: Der hat ein Produkt eingeführt, das den Kunden zu teuer ist. Der Kundendienst erfährt das schnell, mehrere Anrufer beschweren sich. Die Kollegen tauschen sich darüber auch aus und haben oft Ideen, wie das Angebot verbessert werden könnte. Aber bis zur Unternehmensleitung dringen diese Gedanken nicht vor, verändert und verbessert wird daher nichts. So oder ähnlich läuft es häufig in ganz vielen Unternehmen, wertvolle Informationen gehen dabei verloren. Wie könnte das besser gemacht werden?

Aus erster Hand für die Kundenbindung

Wer Kunden langfristig binden will, fragt sie am besten selbst, was sie brauchen und erwarten. Im Kundenservice geschieht das ohnehin und fast nebenbei: Kunden geben ihre persönliche Einschätzung zu wichtigen Aspekten bereitwillig weiter. Sie berichten zum Beispiel zur technischen Funktionsfähigkeit, zur Bedienbarkeit, zu Problemen mit dem Produkt und zu ihrer Zufriedenheit, aber auch zur Konkurrenz und zum Marketing und Außenwirkung des Unternehmens. All das wird sonst in aufwändigen Marktstudien erhoben. Diese Informationen müssten nur systematisch ausgewertet und genutzt werden, zum Beispiel in den folgenden Bereichen:

1. Kundenzufriedenheit

Unzufriedene Kunden sagen ihrem Kundenbetreuer oder dem Ansprechpartner im Kundenservice recht deutlich, was nicht stimmt. Passt die Qualität diesmal nicht, gefällt ihnen die Verpackung nicht oder war die Lieferzeit zu lang – sie geben genaue Gründe an und erklären oft auch noch darüber hinaus ihre Erwartungen und Ansprüche: „Dieser hohe Preis wäre im Grunde schon in Ordnung, wenn dafür ein Kundendienst im ersten Jahr frei wäre.“

Um solche Hinweise systematisch zu nutzen, helfen klassische Kundenbefragungen, aber Unternehmer können zusätzlich auch die Mitarbeiter im Kundenservice einbeziehen und regelmäßig Feedback zur Kundenzufriedenheit aus den Abteilungen einholen. Dafür ist es wiederum wichtig, strukturierte Informationserhebung zu fördern, zum Beispiel indem den Mitarbeitern mit direktem Kontakt die Bedeutung der Hinweise und ihre weitere Verwendung aufgezeigt wird, und sie entsprechend geschult und eingewiesen werden. Durch einen intensiven Austausch mit den erhebenden Bereichen kann sich die Unternehmensleitung die wichtigen Informationen sichern und entsprechend verwerten. Wer dabei die Kundenzufriedenheit als Kernwert des Unternehmens begreift, ist bereits einen Schritt weiter.

2. Technische Zuverlässigkeit

Wenn ein Gerät ausfällt oder ein zugesicherter Online-Dienst nicht funktioniert, fordern Kunden schnelle Abhilfe. Dem Kundenservice geben sie nicht nur Hinweise auf den genauen Fehler, sondern erklären auch, wie er sich auswirkt und was für Folgen entstehen. Oft sind sie bereit, Screenshots von der Fehlermeldung umgehend zu mailen oder ähnliche Hilfestellung zu geben, damit der Fehler behoben werden kann.

Zunächst liegt es im Interesse des Unternehmens, technische Störungen zu erfassen und schnell an die Stellen im Unternehmen weiterzugeben, die sie beheben können. Dazu braucht es auch eine Auswertung der technischen Zuverlässigkeit, also eine Dokumentation von Häufigkeit, Kategorien, Dauer der Beseitigung des Fehlers. Wenn allerdings die Dokumentation zu umfassend und zeitraubend ist, wird sie nicht genutzt, sie muss daher pragmatisch sein, zum Beispiel in Form eines Online-Tools oder eines Ticketsystems. Nach der Auswertung sichern regelmäßige Feedbackschleifen nicht nur, dass die Fehler behoben werden (Firefighting), sondern auch, dass sie auf lange Sicht nicht mehr auftreten.

3. Abläufe

Wie können die Kunden eine Reklamation abgeben, und wie schnell erhalten Sie Auskunft über ihre Bestellung? Wie gut die Prozesse funktionieren und wie anwenderfreundlich sie tatsächlich sind, das hängt vor allem an der Einfachheit und Logik der Abläufe aus Kundensicht. Wie die Kunden das wahrnehmen, können die Mitarbeiter im Kundenservice leicht herausfinden.

Die Gefahr hierbei ist eine zu große Prozessdenke seitens der Unternehmen. Denn in der Praxis gehen Unternehmen oft von den internen Abläufen aus und übersehen dabei leicht, was für den Kunden hilfreich wäre. Das lässt sich vermeiden: Workshops, in denen die Verantwortlichen sich in die Kunden hineinversetzen sollen, sind sehr wirkungsvoll. Wenn zum Beispiel die mitgelieferte Fernbedienung für Kunden nicht zu verstehen ist, wird ihnen im Workshop ein ähnliches Produkt ausgehändigt (kein unternehmenseigenes, sondern ein ihnen unbekanntes), und sie schlüpfen in die Kundenrolle und müssen sich mit dem Produkt zurechtfinden. Die Aufgabe kann auch lauten, einen Anrufbeantworter oder eine Set Top Box einzurichten – ohne weitere Hilfsmittel. So wird klar, wie es dem Kunden geht und Schwachstellen können beim eigenen Produkt verbessert werden.

4. Konkurrenz

Viele Kunden informieren sich sehr ausführlich über die verschiedenen Anbieter, beobachten den Wettbewerb genau und wissen detailliert Bescheid, welche Vor- und Nachteile die Angebote haben. So können sie sehr genau sagen, warum sie sich gerade für diesen und nicht einen anderen Anbieter entschieden haben.

Um das gezielt zu nutzen, bietet sich eine maßgeschneiderte Befragung des Kunden an – nicht unbedingt direkt nach dem Telefonat, sondern zum Beispiel später durch eine Nachfasskampagne, wenn sein ursprüngliches Anliegen (der Grund, warum er im Kundenservice anrief), gelöst wurde. So kann er befragt werden, was seine Eindrücke sind, was er als Vor- und Nachteile sieht, welche Vorteile er bei der Konkurrenz wahrnimmt und unter welchen Voraussetzungen er Kunde bleiben oder abwandern würde. Ergänzt durch das, was Kundenservicemitarbeiter von Kunden hören, lassen sich die Ergebnisse dem Management präsentieren und von ihm weiterverwenden.

Fazit

Guter Kundenservice wird immer teuer sein. Gut genutzter Kundenservice wird aber immer auch echte Werte in die Organisation zurückbringen – es lohnt sich also, das gezielt zu fördern, Informationen also strukturiert zu sammeln und weiterzuverwerten. Denn ob Kundenservice ein notwendiges Übel oder ein Profit-Center ist, liegt ganz in der Hand des Unternehmens.

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