KurzarbeitWas tun, wenn die Kurzarbeitsprogramme auslaufen?

Viele Personaler stellen sich derzeit die Frage: Was kann man tun, wenn die Programme auslaufen? Wir geben ihnen Antworten.

BMW, BASF, Volkswagen – das sind nur drei der deutschen Großkonzerne, die in den vergangenen Monaten Kurzarbeit angemeldet haben, um drohende Entlassungen zu vermeiden. Aber dieses oftmals hochgelobte Instrument hat auch seine Schwächen: Per Definition soll die Kurzarbeit Unternehmen lediglich bei einer vorübergehenden schlechten Auftragslage durch eine Reduktion der Personalkosten entlasten.

Trotz erster rosiger Schimmer am Wirtschaftshimmel ist die aktuelle Lage der meisten Unternehmen aber weiterhin angespannt. Hinzu kommt: In den nächsten Monaten werden in vielen Unternehmen die Kurzarbeitsprogramme auslaufen und die Belastungen der Unternehmen damit noch verstärken.

Auch die Gesamtlage am deutschen Arbeitsmarkt ist angespannt: Bei der Bahntochter DB Schenker Rail stehen derzeit allein 4.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, beim insolventen Traditionsunternehmen Quelle bangen rund 7.000 Arbeitnehmer um ihre Jobs. Gibt es denn eine Alternative zum Instrument der betriebsbedingten Kündigung?

Gemeinschaftliche Regelungen

Eine Möglichkeit bilden gemeinschaftliche, unternehmensinterne Regelungen wie im Fall der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd. Deren Mitarbeiter haben deutlichen Gehaltskürzungen zugestimmt, um die Sanierung des Unternehmens zu unterstützen. Die rund 1.100 Beschäftigten in Deutschland wollen dem Vernehmen nach auf fünf bis 20 Prozent ihres Einkommens verzichten. Doch das ist nur eines von wenigen Modellen, mit denen Unternehmen drohenden Entlassungen vorbeugen wollen. Was also tun, wenn die Möglichkeiten abseits der Kurzarbeit längst ausgeschöpft sind: Vom Abbau von Überstunden über Zwangsurlaub bis zu einer Kürzung der Gehaltszulagen (zum Beispiel Weihnachtsgeld)? Was tun, wenn sich betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr vermeiden lassen? 

Professionelles Trennungsmanagement

Gerade Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, achten in Krisenzeiten auf ein professionelles Trennungsmanagement. Denn in immer mehr Unternehmen hat sich die Sichtweise durchgesetzt, dass ein unprofessionelles Trennungsmanagement langfristig sehr negative Folgen hat:

  • Fehlerhafte Entlassungen,
  • Loyalitäts- und Vertrauensverlust bei verbleibenden und entlassenen Mitarbeitern sowie
  • ein Rückgang an Produktivität und damit
  • hohe Folgekosten für das Unternehmen.

Viele der genannten Faktoren lassen sich durch ein professionell durchgeführtes Trennungsmanagement zwar nicht abstellen, aber in jedem Fall minimieren. Daher kommt dem Trennungsprozess eine wichtige Rolle zu. Folglich ist es ratsam, eine interdisziplinäre Projektgruppe im Unternehmen zu installieren, die den gesamten Trennungsprozess koordiniert und fachmännisch begleitet.

Grundsätzlich gilt: Jeder Personalverantwortliche sollte sich immer wieder vor Auge führen, dass sich das Unternehmen aufgrund der Verunsicherung unter den Mitarbeitern in einer Art „Ausnahmezustand“ befindet: Dieser Verunsicherung muss Rechnung getragen werden. Personaler müssen sich daher in die Lage des Gekündigten versetzen und sich folgende Fragen stellen:

  • Was bedeutet die Kündigung für den einzelnen Mitarbeiter ganz konkret?
  • Welche Bedürfnisse erwachsen daraus?
  • Wie kann das Unternehmen diesen Bedürfnissen im Trennungsprozess begegnen?

Auch die verbleibenden Mitarbeiter sollte man im Blick behalten: Denn der Umgang des Unternehmens mit den Gekündigten prägt auch immer das Bild der verbleibenden Mitarbeiter. Nur ein offen, ehrlich und vor allem fair geführter Trennungsprozess ist letztendlich das, was die betroffenen Mitarbeiter erwarten und auch verdient haben. Hierbei kann es ratsam sein, sich externe Unterstützung im Rahmen von professionellen Outplacement-Programmen oder auch Transfermaßnahmen zu holen.

Der Trennungsprozess: Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung

Trennungsmanagement beginnt bei der Vorarbeit: Im Rahmen der Vorbereitung gilt es, einige juristische und personalwirtschaftliche Fragen zu beantworten.

  • Was müssen Unternehmen beachten, wenn sich nach der 18- oder 24-monatigen Phase der Kurzarbeit Kündigungen nicht vermeiden lassen?
  • Wie gestaltet sich der rechtliche Hintergrund?

Grundsätzlich gilt: Für eine betriebsbedingte Kündigung muss der Tatbestand der Dringlichkeit gegeben sein, das heißt, nach dem so genannten „ultima-ratio-Prinzip“ muss eine Kündigung immer eine notwendige Folge der betrieblichen Erfordernisse sein – und unvermeidbar. Ein wichtiger Punkt hierbei: Der Grund für die betriebsbedingte Kündigung muss in jedem Fall ein anderer sein als der für die Kurzarbeit!

Darüber hinaus stellt sich die grundlegende Frage, wer entlassen werden soll. Ein geläufiges Instrument hierfür ist die Sozialauswahl. Im Rahmen der Sozialauswahl wird zunächst ermittelt, welche Arbeitnehmer als mögliche Adressaten einer Kündigung miteinander vergleichbar sind. Im Rahmen dieser Vergleichsgruppenbildung ist der Kreis der „Kündigungskandidaten“ festzustellen.

Zweitens ist unter Berücksichtigung der sogenannten Sozialdaten (vier gesetzliche Auswahlkriterien: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) zu ermitteln, wer sozial am wenigsten schutzbedürftig ist und wem daher gekündigt werden kann.

In einem dritten Schritt gilt es zu überlegen, ob einzelne Arbeitnehmer gemäß der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs.3 Satz 2 KSchG in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen sind, da ihre Weiterbeschäftigung im Interesse des Unternehmens liegt – aufgrund ihrer Kenntnisse, ihrer Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Unternehmens. Eine sorgfältig durchgeführte Sozialauswahl ist somit unabdingbare Voraussetzung für eine möglichst „gerechte“ Auswahl der zu entlassenden Mitarbeiter.

Eine wichtige Aufgabe kommt darüber hinaus dem Trennungsgespräch zu. Erfahrungsgemäß stellen die Mitarbeiter im Rahmen der Gespräche detaillierte Einzelfragen. Dieses Verhalten kann signalisieren, dass der Betroffene sich eine Trennung bereits grundsätzlich vorstellen kann. Je besser daher die Fragen beantwortet werden können, umso wahrscheinlich ist für beide Seiten ein befriedigender Abschluss der Gespräche.

Im Idealfall sollte dem Mitarbeiter im Gespräch bereits ein erster schriftlicher Entwurf der Trennungsmodalitäten ausgehändigt werden. Das schafft Klarheit und Vertrauen. Entscheidend bei der Durchführung des Trennungsgesprächs ist nicht nur die Frage, wann, sondern auch die Frage wer führt das Gespräch? Da die Entscheidung zur Kündigung vom Vorgesetzten getroffen wurde, ist es auch dessen Aufgabe, die Nachricht zu übermitteln. Allerdings kann es aus beweisrechtlichen Gründen sinnvoll sein, wenn auch ein Vertreter der Personalabteilung am Gespräch teilnimmt. Dabei ist es aus juristischer Sicht wichtig, Äußerungen zu vermeiden, die bei dem Mitarbeiter den Eindruck erwecken könnten, der Arbeitgeber zweifle an der Rechtmäßigkeit seiner Trennungsabsicht.

Mindestens so wichtig wie eine gute Vorbereitung und Durchführung ist auch die Nachbereitung. Auf Basis der Gespräche muss daher zügig ein Aufhebungsvertrag erarbeitet werden, in dem alle Einzelheiten vertragssicher geregelt sind. Dieser Entwurf sollte dem Mitarbeiter möglichst mit dem Hinweis übergeben werden, an wen er sich mit offenen Fragen wenden kann. Um dem betroffenen Mitarbeiter Sicherheit zu geben, sollte darüber hinaus eine offizielle Trennungsversion vereinbart und dann intern entsprechend kommuniziert werden.

Das wahre Gesicht der Unternehmenskultur

Jeder Personalabbau ist eine Belastungsprobe für die Unternehmen. Denn im Umgang mit Gekündigten zeigt sich das wahre Gesicht einer jeder Unternehmenskultur. Wer hier nur extrinsisch motiviert ist und hohe Abfindungszahlungen vermeiden will, liegt grundlegend falsch. Eine faire Trennungskultur zu leben, sollte vielmehr die intrinsische Motivation moderner Unternehmen sein. Denn nur, wer – gerade in Krisenzeiten – erkennt, dass ein fairer Umgang mit Gekündigten nicht Mittel zum Zweck, sondern vielmehr Selbstzweck eines Unternehmens ist, dessen Unternehmenskultur wird auch nach der Krise intakt sein. Denn das Kapital und die wichtigsten Botschafter eines Unternehmens sind die eigenen Mitarbeiter – aktuelle wie ehemalige. Daher sollte die Botschaft der Unternehmen an die Gekündigten lauten: Wir gehen fair mit ihnen um. Auch und gerade in Krisenzeiten.

[Bild: Wolf - Fotolia.com]

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