Markenorientierte FührungWie die Führungsspitze das Unternehmensimage beeinflusst

Noch viel zu selten wird konsequent die Brücke zwischen Marke und Leadership geschlagen. Im Konzept der markenorientierten Führung liegt viel ungenutztes Potenzial.

Wenn Josef Ackermann einen Schwächeanfall erleidet, brechen die Aktienkurse der Deutschen Bank ein, am 15. Januar dieses Jahres binnen drei Stunden genau um eine halbe Milliarde Euro. Da hilft auch nicht die Beteuerung des Pressesprechers, Herr Ackermann habe lediglich etwas Falsches gegessen. Nach dem neuerlichen Rückzug von Steve Jobs, der wie kein anderer für die begeisternde Reinkarnation eines Unternehmens steht, fiel der Apple-Kurs auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren. Und wenn sich die Gerüchte mehren, man habe ihn wieder an seinem Schreibtisch entdeckt, steigt der Kurs gleich wieder an.

Zwei Beispiele die sehr deutlich zeigen, wie eng der Glaube an den Firmenerfolg mit der Vitalität einzelner Firmenbosse verknüpft ist. Chefs an der Spitze bekannter Marken verkörpern das Geschäftsmodell. Und das sollten sie auch. Allerdings nicht alleine. Gefährlich wird es nämlich genau dann, wenn eine einzige Person Sinnbild für den Erfolg eines Unternehmens geworden ist. Verlässt diese Person das Unternehmen, wird krank, oder verhält sich nicht wie erwartet, so hat das mitunter radikale Auswirkungen auf den Unternehmenswert.

Die Markenidentität bleibt nach so manchem Wechsel als leere Hülle zurück, wie bei Easyjet nach dem Abschied des charismatischen Gründers Haji-Ionnou. Zudem lässt sich der Rückzug eines charismatischen Leaders nicht immer gut planen, wie es sich bei Apple gerade schmerzhaft zeigt.

Personenkult kann nicht die Antwort sein. Jochen Zeitz, CEO von Puma, wird immer wieder gerne angeführt, um zu zeigen, welche positive Kraft eine inspirierende Führung entfalten kann. Man könnte meinen, bei Puma führten alle Manager wie Zeitz. Und es wäre doch wirklich klug, Herrn Zeitz Leadershipstil einer Profil-Analyse zu unterziehen, um ihn dann systematisch allen Führungskräften bei Puma zugänglich zu machen.

So passiert es dann doch auch immer wieder, dass Markenerwartungen, die bei Bewerbern aus der starken Produktmarke Puma gespeist werden, enttäuscht werden, da sie im Unternehmensalltag nicht erfüllt werden. Weil die direkten Führungskräfte eben nicht alle Zeitz heißen. Die Marke sollte besser eng mit der Führungskultur verbunden sein. Andernfalls führt es zu mitunter irreparablen Glaubwürdigkeitsschäden.

Führungskultur muss zur Marke passen

Andreas Ronken, Geschäftsführer von Ritter-Sport meint:

„Das Thema Führungskultur halte ich für ganz wesentlich, denn Menschen kommen zu Unternehmen und verlassen Führungskräfte. Mit diesem Anspruch, eine exzellente Führungskultur zu entwickeln, ist es ein bisschen wie mit der Gewichtsreduzierung - intellektuell ist das nicht schwierig, man weiß, dass man sich mehr bewegen und weniger essen muss, doch die Umsetzung ist schwierig. Die Folge ist, dass das Thema Führung nicht in der Konsequenz und Klarheit umgesetzt wird, wie es eigentlich müsste. Wir haben deshalb ein Ampelsystem, eine Art Stimmungsbarometer eingeführt, das dreimal im Jahr unseren Führungsanspruch mit der tatsächlich durch die Mitarbeiter wahrgenommenen Führung abgleicht. So ist Führung ständiger Bestandteil unserer Kommunikation. Unseren Führungsanspruch leiten wir natürlich aus unserer Marke Ritter-Sport ab, die Marke ist unser tägliches Leben. Wir sind die ehrliche Schokolade und somit auch die ehrlichen Führungskräfte.“

Nicht überall läuft das so vorbildlich, wie bei der Schokoladenfirma. Häufig werden „Vorgesetzte“ alleine gelassen, bekommen selbst keine Antworten auf ihre drängenden Fragen nach Haltung und nach Positionierung. Fest steht, zunächst einmal müssen Unternehmen ihre Hausaufgaben machen, insbesondere die Geschäftsleitungen und Eigner sind hier gefragt, das Thema Leadership auf den Plan zu bringen und allen Managern eine klare Orientierung zu geben, wofür sie stehen und welchen Anspruch sie zu erfüllen haben:

  • Welcher Führungsanspruch ergibt sich aus unserer Unternehmensstrategie?
  • Wie muss jemand sein, der im Sinne unserer Marken-positionierung führt?
  • Wer passt zu uns als Leader?

Diese Fragen nach dem „Leadership-Fit“ zu beantworten, damit wäre schon viel erreicht. Nur so können auch sinnvolle Leadership-Assessments durchgeführt werden, mit denen die Spreu vom Weizen getrennt werden kann. Unternehmen tun gut daran, Managern dabei zu helfen, ihre Mitte zu stärken, ihnen Halt und damit auch eine spezifische Haltung zu vermitteln.

„Führungskräfte vermitteln die Kultur und das Verhalten in der Belegschaft. Sie setzen Zeichen, in wie weit ein Unternehmen authentisch ist. Stimmt die Führung nicht, nutzt das beste Branding nichts“,

so Susanne Siebrecht, verantwortlich für das HR Marketing der Benteler AG in Paderborn. Kurz gesagt: Was versprochen wird, muss auch gehalten werden. Wir sind enttäuscht, wenn unsere Erwartungen nicht erfüllt werden, sei es als Kunde, als Investor, als Mitarbeiter oder als Bewerber. Es geht darum, geleistete Versprechen zu halten und mit dem Führungsverhalten auf die Marke einzuzahlen, um als glaubwürdig und ehrlich empfunden zu werden.

Unternehmen, die die Fähigkeit entwickeln, ihre gesamte Führungsmannschaft zu Botschaftern der Marke zu machen, anstatt einzelne Personen nach vorne zu schubsen, sind klar im Vorteil. Das haben einige Unternehmen auch bereits geschafft. Zumindest werden sie von außen so wahrgenommen, was schon mal gut ist.

Positivbeispiele für Unternehmen, die es in USA geschafft haben, dass ihre Führungsmannschaft eine Haltung vermittelt, die dazu passt, wie sich das Unternehmen am Markt positioniert, nennen Ulrich und Smallwood (2007). Wal-Mart ist bekannt für konstant niedrige Preise. Dazu passend stehen die Führungskräfte bei Wal-Mart für ein effizientes Kostenmanagement und eine pünktliche Abwicklung.

FedEx steht für die Bereitschaft, uneingeschränkt und entschlossen, das zu tun, was nötig ist, um eine reibungslose Logistik zu gewährleisten. Die Führungskräfte tun alles, um dem zu entsprechen. Sie stehen für das Einhalten von Terminen und für schnelles Problemlösen.

Die Lösung liegt also nicht im Zuschaustellen einzelner CEOs, sondern im Leadership, dem Einnehmen eines zur Marke passenden Führungsstandpunkts, und das ist immer eine gemeinsame Sache. Top-Manager wirken als personifizierter Teil der Marke imagebildend, ob sie das wollen, oder nicht. Grund genug, die Wirkung dieser Personen nicht dem Zufall oder eigenen Profilierungswünschen zu überlassen. Doch die wahre Kraft liegt erst in der Entwicklung einer gemeinsamen, markenauthentischen Führungshaltung.

Die Unsicherheit der Vorstände

Doch wie bringt man das Thema Leadership Branding auf die Agenda?

„Ich denke, Leadership ist ein von Vorständen und Geschäftsführern häufig verkanntes Thema“,

meint die ehemalige Bereichs-leiterin Personal und Recht bei einer Berliner Versicherung, die lieber anonym bleiben möchte.

„Man fokussiert eher auf Handelsbilanzen, will äußerlich den Schein wahren und als Kaufmann gut dastehen. Andere sind einfach unbeholfen, es könnten ja Dinge ans Tageslicht kommen, die peinlich sind. Ob sich ein Unternehmen der Frage stellt, wofür die Führungsmannschaft steht, hängt von der persönlichen Reife der Geschäftsleiter ab, und die hat nicht sehr viel mit dem Alter zu tun. Rational gesehen, gibt es gute Gründe, das Thema Marke viel stärker zum Führungsthema zu machen, doch die emotionale Komponente ist bei diesem Thema sehr groß. Auch sind Machtverhältnisse und Uneinigkeit in eigenen Reihen sicherlich häufig der Grund dafür, das Thema Führung auf Vorstands-ebene auszublenden“,

meint die Personalleiterin, die sich von der Geschäftsleitung anhören musste, ob sie denn nicht wichtigeres zu tun habe, als sie das Thema Führung auf die Agenda brachte.

„Das Vorhandensein von Hochglanzbroschüren heißt noch lange nicht, dass es einheitliche Führungswerte gibt und umgekehrt kann es sein, dass in einem Unternehmen ganz starke informelle Gesetze herrschen, die nirgendwo explizit formuliert worden sind. Beide Fälle sind unbefriedigend, weil unfair“,

so die gestrandete Personalexpertin. Ihr Kampf gegen die Windmühlen endete kürzlich mit ihrer Freisetzung. Ihre Erfahrung ist kein Einzelfall. Personaler rennen nicht selten auf Vorstandsebene gegen die Wand und trösten sich mit altbekannten Sprüchen, dass man in „dicke Bretter eben nur beständig Löcher bohren müsse“. Kommunikationsabteilungen haben da meist eine bessere Chance, schließlich sind die „Vorstandsflüsterer“ dafür zuständig, dass der schöne Schein nach außen gewahrt wird, sei es bei der Inszenierung eines CEO auf einer wichtigen Veranstaltung, oder die am Wochenende schnell noch angefertigte Powerpointpräsentation für die Ratingagentur, in der in den blumigsten Worten der Führungsanspruch des Unternehmens angepriesen wird. Die Lösung liegt wohl in der Zusammenarbeit der beiden Bereiche Personal und Unternehmenskommunikation.

Vertrauen in die Firmenbosse

Die gegenwärtige Krise erzwingt eine neue Offenheit in den Führungsetagen. Gerade jetzt brauchen wir wieder mehr Vertrauen in die Firmenbosse. Wer jetzt klar sagt, wofür er steht und was er verspricht, trägt zum Abbau von Enttäuschungen bei. Eine Frage, der sich auch Top-Manager vermehrt ausgesetzt fühlen: „Wofür stehst du als Person?“. Doch genau hier liegt das größte Problem. Die wenigsten haben das für sich geklärt. Die Antworten auf diese Frage sind meistens sehr unklar und voller Widersprüche.

Noch unklarer oder gar widersprüchlich sei oft die Beziehung zwischen der eigenen Position und der Positionierung des Unternehmens. Doch nur wer weiß, wofür er steht und inwiefern seine Position zu der des Unternehmens passt, kann ein Unternehmen zum Erfolg führen. Wer als Leader hingegen diese Fragen nicht beantworten kann, erzeugt Misstrauen und Verunsicherung. Und kann nicht markenauthentisch sein. Und schon gar nicht charismatisch. Thomas Gad, Gründer der Beratungsagentur Brandflight in Stockholm, wird noch deutlicher: Viele Unternehmen verpflichteten sich, Kundennutzen und Shareholder Value zu produzieren. Doch in der Realität verhielten sich Top-Manager oft genau entgegengesetzt, machten ihren Kunden etwas vor, kassierten dicke Boni und Gehälter, sogar dann, wenn ihr Unternehmen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehe und empfänden keine Loyalität gegenüber Ihren Mitarbeitern, auch wenn die Unternehmensstrategie betone, wie wichtig die Menschen seien, die für das Unternehmen arbeiteten. Und nicht zuletzt betrögen sie die Investoren um ihre Ausschüttung. Ziel müsse es sein, die größtmögliche Kohärenz zwischen der Unternehmensidee und den Leadern herzustellen:

„This is what our company stands for and this is what I stand for as one of the leaders of this company. As you can see, it’s linked together and proven by action”.

Führungskräfte als Markenbotschafter

Für die Entwicklung eines Leadership Branding heißt das, dass es zunächst ein Commitment der Geschäftsleitung beziehungsweise des Vorstands geben muss, Führung an der Marke auszurichten und Führungskräfte zu Botschaftern der Marke zu machen. Reflektiert werden muss dann, was die eigentlichen Werte sind, die das Unternehmen erfolgreich machen und wie sich das Unternehmen als Marke positioniert. Schließlich müssen die Bedeutungen dieser Werte in Übereinstimmung gebracht werden, zunächst auf der ersten Ebene und dann auf den anderen Führungsebenen. Dann erst kann eine Zuspitzung erfolgen, eine Fokussierung auf bestimmte Aspekte, die Positionierung.

Im Unterschied zu einem Leitbild, in dem häufig sehr viele austauschbare, wenig unternehmensspezifische oder unkonkrete Aspekte benannt werden, geht es hier darum, die Erkenntnisse der Markentheorie anzuwenden und dem Thema Führung ein klares und differenzierendes Profil zu geben, indem man sich auf die wesentlichen Aspekte reduziert und diese möglichst zutreffend und individuell in Worte fasst. Markenpositionierung heißt immer Profilierung und Differenzierung. Unternehmen, die bereits durch einen Corporate Branding oder Employer Branding Prozess gegangen sind, eine Unternehmens- und/oder Arbeitgebermarke entwickelt haben, sind hier sicherlich schon einen großen Schritt weiter.

Um das Thema Leadership mit Leben zu füllen, braucht es mehr als das Aufschreiben von Werten. Es braucht vielmehr ein Vorleben der Werte durch die Führungsspitze. Dafür muss zunächst einmal definiert sein, welche spezifischen Werte das sind und wie diese Werte vorgelebt werden und zum Tragen kommen sollen. Die Definition dieser Werte ist abhängig von der Markenpositionierung des Unternehmens.

Damit kann dem Thema Führung ein differenziertes Profil gegeben werden, das sich an der Marke und den Unternehmenswerten ausrichtet. Davon ausgehend hat jedes Unternehmen die Möglichkeit seine Marke durch eine klare Führungspositionierung zu schärfen und seine Führungskräfte zu Markenbotschaftern zu machen.

[Bild: picsfive - Fotolia.com]

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