Marketing über Empfehlungen von Kunden im Social Web
Wer auf einer Webseite von den Gesichtern seiner „Freunde“ angelacht wird, weil diese beispielsweise bei Facebook den „Gefällt-Mir“-Button gedrückt haben, ist eher zum Kauf bereit. Bewertungsportale machen es möglich, jeden beliebigen Anbieter weiterzuempfehlen – oder von ihm abzuraten. Durch die Eincheck-Funktionen von Foursquare & Co. gibt man seinen Netzwerk-Freunden die Lieblingslocations bekannt und wird so zum Power-Multiplikator. Über Apps senden schon heute erste Lokalitäten den Passanten beim Vorübergehen eine Kaufempfehlung nebst Gutschein-Coupon aufs Smartphone-Display. Dank rollender WLAN-Hotspots werden wir selbst im Auto bald standardmäßig ans Internet angebunden sein.
Unter dem Oberbegriff Augmented Reality arbeiten innovative Unternehmen mit Hochdruck an einer Informationsverknüpfung zwischen realer und virtueller Welt. Ein Beispiel: Coca-Cola verpasste kürzlich bei einer Veranstaltung jedem Besucher ein RFID-Armband, das ihn auf sein Facebook-Account einloggte. Nun konnte er darüber bei jeder Attraktion den „Gefällt-Mir”-Button klicken und Bilder auf seine Pinnwand schicken. Solche „Like-Machines“ wird es in Zukunft in vielen Branchen geben mit der Folge, dass Umsatz und Ergebnisse nicht länger proportional zum Werbedruck steigen, sondern mit der Zahl positiver Empfehlungen.
Vernetzte Verbraucher als Vermarkter
Immer öfter wird das Suchfeld von Suchmaschinen wie Google zum Startpunkt für eine potenzielle Kundenbeziehung – und nicht selten gleichzeitig das Ende. So ist das Internet in kürzester Zeit zu einer wahren Spielwiese für alle möglichen Formen des Empfehlungsmarketings geworden. Bis vor wenigen Jahren beschränkten sich die Möglichkeiten zum Weitersagen auf Bekannte, Kollegen und Geschäftsfreunde. Mundpropaganda fand in einem überschaubaren Rahmen statt. Sie war zwar hörbar, aber nicht sichtbar. Und sie war flüchtig, denn sie musste erinnert werden.
Heutzutage wird das, was wir von einer Sache halten, bereitwillig mit einer breiten Öffentlichkeit geteilt. Es ist ganz selbstverständlich geworden, dass wir uns webbasiert dazu äußern, was wir von einem Anbieter halten – und wovon wir lieber die Finger lassen. Bis zu neunzig Prozent der Internet-User finden die Bewertungen anderer wichtig – und folgen deren Ratschlägen meist nahezu blind. So haben 19 Prozent aller Reiselustigen, wie eine kürzliche Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) herausfand, ein anderes als das zunächst beabsichtigte Hotel gebucht. Das heißt: Schlecht bewertete Hotels verlieren jeden fünften Gast allein durch das Internet – und ohne es zu merken.
Digitale Mundpropaganda ist in der Social-Media-Welt schon fast so etwas wie Bürgerpflicht. Hierbei kann auf Kommunikationswerkzeuge von unglaublicher Reichweite zurückgegriffen werden, wodurch sich positives wie auch negatives Gerede (Buzz) explosionsartig verbreitet. Mithilfe mobiler Endgeräte erreicht Word-of-Mouth (WOM) nicht länger nur die Ohren weniger Interessierter, sondern drahtlos die unzähligen Bildschirme der ganzen Welt. Werbung, auf die zu achten es sich lohnt, kommt nun vornehmlich aus dem Kreis der vernetzten Verbraucher. Sie sind die neuen Vermarkter.
Empfehlungen stecken fortan in der Hand- oder Hosentasche. Wer unterwegs ist und Informationen will, braucht sein Handy nur noch in die entsprechende Richtung zu halten. Aus den Tiefen des digitalen Raums holt sich unser mobiler Begleiter über QR-Codes (grafisch codierte Informationen, die zu ausführlichen Infos ins Web weiterleiten, wenn dieser Code von einem Smartphone mithilfe eines Readers fotografiert wird) die gewünschten Antworten ohne jede Wartezeit. Und während unser Blick noch bedächtig über die Auslagen eines Schaufensters streift, checkt unser Smartphone bereits die Reputation des Händlers, die ökologische Haltung des Anbieters, den Fan-Faktor der Marke und bei Bedarf auch die Preise im Vergleich. Mobil verfügbare Infos aus dem Web werden immer mehr zur Grundlage von Kauf- und Nutzungsentscheidungen.
WOM: Empfehlenswert ist gleich kaufenswert
Etwa ein Drittel aller Handy-Besitzer werden wohl Ende des Jahres ein internetfähiges Gerät besitzen, mit dem mobiles Surfen möglich ist. All das ist Risiko und Chance zugleich. Denn ob es den Unternehmen nun gefällt oder nicht: Was immer sie heute tun, im Web spricht es sich blitzschnell herum. Und (fast) alles kommt früher oder später heraus. Vernebeln, belügen und betrügen sind Eigenschaften, die in einem solchen Szenario nicht mehr ziehen. Google sieht alles und vergisst nichts heißt es. Und mehr noch: Das, was die Menschen über ein Unternehmen sagen, hat bei den Suchmaschinen Vorrang vor dem, was die Unternehmen selbst über sich sagen. Algorithmen bevorzugen eben auch People-Buzz.
Heutzutage können Beratungs- und Verkaufsgespräche live ins Internet übertragen und dann kommentiert werden. In Echtzeit twittern wir unsere Eindrücke etwa von einem Event, machen Fotos für unseren Flickr-Account und stellen Video-Sequenzen auf YouTube ein. Anbieter, die in diesem neuen Szenario unbeschadet davonkommen wollen, tun gut daran, eine Top-Performance zu bieten, moralisch sauber zu sein und in einen offenen, ehrlichen Dialog zu treten.
Wer heute nicht empfehlenswert ist, ist morgen nicht mehr kaufenswert, so die Gleichung. Denn in unserer global vernetzten Welt wird Minderwertiges ausgesondert. An der Macht der Vielen kommt kein Unternehmen mehr vorbei. Dem Management, dem Vertrieb und dem Marketing fällt somit die Aufgabe zu, sich diese konsumentengetriebene Entwicklung zunutze zu machen, förderliche virale Prozesse zu stimulieren und voller Leidenschaft mitzugestalten. Denn nur, wer die Regeln des neuen Word-of-Mouth-Marketing beherrscht, wird künftig im Wettbewerb die Nase vorn haben. Daher sollten Unternehmen folgende Punkte für ihren Social-Media-Marketing-Plan beachten:
- Richten Sie so genannte „Alerts“ bei Google und Co für Ihre Angebote und gegebenenfalls auch für die des Wettbewerbs ein oder nutzen Sie ein (kostenloses) Social-Media-Monitoring-Tool.
- Tragen Sie sich in Online-Verzeichnisse ein, sichern Sie sich Einträge auf Branchenplattformen, erstellen Sie Meldungen auf Online-Presseportalen und filtern Sie die meistgenutzten Bewertungsportale in Ihrer Branche heraus.
- Reagieren Sie zügig auf Kommentare im Web. Bedanken Sie sich bei denen, die Sie loben. Vor allem aber: Melden Sie sich bei denen, die Beschwerden hatten – und schaffen Sie deren Ärger schnellstmöglich aus der Welt.
- Laden Sie aktiv zu Online-Buzz ein. Beispiele: „Folgen Sie uns auf Twitter“, „Werden Sie Fan auf unserer Facebook-Seite“, „Schreiben Sie einen kleinen Erfahrungsbericht auf…“
- Integrieren Sie Social Plugins wie Facebooks „Gefällt mir“, Googles +1 oder auch Twitter-Buttons gut sichtbar auf Ihrer Website sowie in E-Mail-Newslettern und setzen Sie Weiterempfehlungslinks.
- Nutzen Sie, wenn sinnvoll, Geo-Applikationen wie Google Maps und buchen Sie gegebenenfalls Icons auf Navi-Apps (Mapvertising).
- Arbeiten Sie mit Bewegtbild-Material von kurzer Länge und stellen Sie dies prominent auf Ihren eigenen Webpräsenzen wie auch in die wichtigsten Videoportale ein.
- Machen Sie sich mit Gutschein-Diensten wie Groupon und Topdeals vertraut und prüfen Sie, ob dies sinnvoll für Sie ist. Rentabel sind die dort üblichen hohen Rabatte nur dann, wenn im Gegenzug mit erheblichem Mehrumsatz zu rechnen ist.
- Prüfen Sie, ob Eincheckdienste wie Foursquare, Facebooks „Places“, Qype oder Gowalla für Sie hilfreich sind. Belohnen Sie Power-Einchecker mit einem kleinen Geschenk.
- Statten Sie passende Objekte mit einem QR-Code aus.
- Lassen Sie dort, wo es sinnvoll ist, eine für die User möglichst kostenlose App erstellen und vermarkten Sie diese auch aktiv.
Hinweis
Von der Autorin ist außerdem das Buch Leitfaden WOM Marketing erschienen.