MarketingUmsatz durch Sinnlichkeit
Die Zeitenwende ist da. Was Computer können, wird in Zukunft von Computern erledigt. Komplette Verkaufsprozesse werden sich ins Digitale verlagern. Welcher Haarschnitt, welche Vermögensanlage oder welches Gerät für unsere Zwecke am besten ist, sagen uns Programme. Bei der Entscheidung, welches Haus man kaufen oder welche Geschäftsräume man anmieten soll, helfen virtuelle Rundgänge. Was wir am besten in den Warenkorb legen, werden Algorithmen kalkulieren.
Doch im Dickicht der Leidenschaftslosigkeit, der Nüchternheit und der Berechenbarkeit automatisierter Prozesse täte ein wenig Sexyness gut. Hier und da eine Überraschung, bisweilen ein Schuss von Magie würde uns beim Kaufen mächtig freuen. Durch und durch wirkungsvolle Kommunikation in Zeiten der Digitalisierung ist vor allem berührend, menschlich, sinnlich und verspielt.
Warum man Kommunikation sinnlich aufladen sollte
Das meiste, das zu unserem Wohlbefinden beiträgt, ist analog. Weil wir die Welt mit allen Sinnen erleben. Was wir hören, sehen, riechen, fühlen und schmecken wird zerebral decodiert. Gut für dich oder schlecht für dich ist die Antwort. Entsprechend reagieren wir. Die jeweilige Bewertung findet auf zwei Ebenen statt: einer emotionalen und einer kognitiven.
Dabei haben neurowissenschaftliche Experimente immer wieder gezeigt, dass der Aufbau emotionaler Erfahrungen das beste Mittel ist, um den ersten Platz in den Konsumentenköpfen zu besetzen. Ihr Produkt ist banal und hat kein emotionales Potenzial? Würden sich die Konstrukteure und Produktentwickler nicht nur mit den Funktionalitäten, sondern mehr mit sinnlichen Aspekten und Erlebnisdimensionen beim Gebrauch des Produkts beschäftigen, würde das den Kunden so manches „Wow!” entlocken.
Emotionalisierendes gehört an die erste Stelle, damit man nicht vorzeitig aussortiert wird. In der Praxis ist es genau umgekehrt. Zahlenwerke und Buchstabensalat regieren das Business. Doch das Gehirn des Konsumenten wird von Emotionen regiert. Egal ob Maschine, Verbrauchsgegenstand, Dienstleistung oder Produkt: Wer eine Sache mit allen Sinnen erlebt, kauft sie nicht nur über den Preis. In der Kundenkommunikation gehört also das in den Vordergrund, was den Kunden im wahrsten Sinne des Wortes berührt. Die Sensorik steht dabei an erster Stelle. Wer die Gesamtwirkung steigern und unverwechselbar werden will, sollte so viele Sinneskanäle wie möglich ansprechen. Eine sensorische Aufladung ist wie eine Freifahrkarte, um im markengefluteten Speicher des Gehirns einen Logenplatz zu ergattern. In einer zunehmend digitalisierten Umgebung stechen sinnliche Eindrücke besonders heraus.
Sinnlichkeit ist nicht nur etwas für große Marken
Sinnlichkeit ist nur etwas für große Marken? Mitnichten! Jeder Mittelständler kann seinen Besucherbereich zu einem kleinen Abenteuerland umfunktionieren. In der Wirklichkeit sind die öffentlichen Bereiche produzierender Unternehmen aber oft nichts als ein Ego-Programm. Maschinenteile und Miniaturen von Fertigungsanlagen. Anfassen verboten. Die Ahnengalerie, Urkunden und Pokale verstauben hinter Glas. An der Wand eine Weltkarte voller Fähnchen – das territoriale Eroberungsprogramm.
Der Gesamteindruck? Man feiert sich selbst. Von Sinnlichkeit, mit der man den Besucher umhüllen könnte, keine Spur. Dabei gäbe es so viel zu erzählen. In die Eingangshalle könnte man ein kleines Erlebnisland bauen, in dem nicht nur die Sinne Nahrung finden, sondern sich auch die Hände spielerisch beschäftigen können.
Für den stationären Handel bietet derzeit nur die sinnliche Klaviatur – verknüpft mit Service-Exzellenz – (noch) eine Chance, sich gegen die Online-Händler zu behaupten. Ladenlokale müssen sich zu Erlebnislandschaften umfunktionieren: essen, trinken, mit Freunden abhängen, sich einen Moment der Ruhe gönnen, Live-Erfahrungen sammeln – all das kann der Online-Handel nicht bieten. „Dritte Orte“ werden solche Konzepte genannt. Sie bieten Zuflucht, wenn man mal nicht zu Hause oder in der Firma sein kann oder will. Große Marken bauen dazu zum Beispiel eigene so genannte Brandlands auf.
Wie man Kundenerlebnisse multisensorisch gestaltet
Die Frage ist immer die: Wodurch können Sie Kundenerlebnisse multisensorisch gestalten? Wie hört sich Ihre Marke an? Wo geben Ihre Produkte dem Tastsinn etwas zu tun? Wann könnten Sie welches Duftkonzept integrieren?
Wenn Sie Frauen als Kundenzielgruppe haben: Berücksichtigen Sie, dass Frauen anders und sinnlich sensibler kaufen als Männer? Oder Ihre Kunden sind schon älter: Denken Sie an die nachlassende Sensibilität von Tast-, Hör- und Sehsinn?
So wie Bäckereien den Duft von frisch gebackenem Brot bis auf die Straße tragen, so könnte eine Confiserie den Duft von flüssiger Schokolade, eine Metzgerei den eines Grillfests und ein Reisebüro den von Kokosnussöl nach draußen verströmen. In einem Baumarkt könnte es nach frisch gefälltem Nadelholz, in einem Gartencenter nach frisch geschnittenem Gras und in einem Fischfeinkostgeschäft nach Meeresbrandung riechen.
Mehrsinnig statt einsinnig
Die Verwendung von Düften, Klängen und haptischen Strukturen, auch sensorisches Branding genannt, stimuliert das Kundenerlebnis enorm. Deshalb reicht es nicht aus, ein Produkt rein visuell zu präsentieren. Mehrsinnig statt einsinnig lautet das Ziel. Dabei geht es jedoch nicht um Insellösungen, sondern um ein virtuos synchronisiertes Konzept.
Wofür eine Marke steht, lässt sich auch akustisch und olfaktorisch codieren. So kann man seine Unternehmensfarbe(n) mit dazu passenden Klängen untermauern. Was ein Gebrauchsgegenstand drauf hat, lässt sich gut mit Musik untermalen – vielleicht auch mit einem passenden Duft. Das Gleiche kann für eine Dienstleistung gelten. Wie klingt Sicherheit? Wie riecht Vertrauen? Wie fühlt sich Verlässlichkeit an? Und wie schmeckt Erfolg?