MarktpositionStärken und Schwächen im Jahresrückblick

Beim Rückblick aufs abgelaufene Jahr betrachten Firmen oft nur nackte Zahlen. Eine inhaltliche Analyse der Stärken und Schwächen ergibt aber ein schärferes Bild der eigenen Marktstellung.

Kurz vor dem Jahreswechsel steht in den Unternehmen wieder die Reflexion über das abgelaufene Jahr an. Klassischerweise werden dabei Zahlen über Umsatz, Gewinn oder auch Deckungsbeitrag herangezogen. Auch geht es um Projekte, die erfolgreich gelaufen sind und um die Vorhaben in Zukunft. Und doch sind es manchmal ganz andere Themen, die die Weichen für das nächste Jahr stellen und die daher einen genaueren Blick verdienen. Wohin beispielsweise entwickelt sich der Markt? Sind wir dafür richtig aufgestellt? Hat unsere Veränderungsstrategie eine reale Chance? Wer hier sein Unternehmen aufmerksam betrachtet und offen ist für ehrliches Feedback, kann den Jahresrückblick auf die Zahlen durch wertvolle Aspekte ergänzen.

Schwächen: Woran hapert es?

Ein kleiner Hersteller von Komponenten im Maschinenbau ist auf dem Heimatmarkt gut aufgestellt. Jetzt soll der Vertrieb auch international tätig werden. Die Zahlen stimmen, Investitionen für ein Vertriebsnetzwerk in Asien sind durch die Mittel gedeckt, erste Kontakte bereits angebahnt. Im neuen Jahr soll es losgehen. Das Problem: Im Innendienst spricht niemand Englisch, und so liegt es nah, dass die internationale Strategie nicht gut gehen kann. Oder sie erfordert weitere Investitionen in neue Mitarbeiter mit entsprechenden Sprachkenntnissen. In jedem Fall ist das ein Detail, das große Auswirkungen auf das Vorhaben hat. Mit einem Blick hinter die Zahlen wird das sofort ersichtlich.

Stärken: Was können wir?

Genauso können echte Stärken in der Wahrnehmung verschwinden, weil sie als selbstverständlich gelten. Beispiel: Ein Unternehmen ist bekannt für die Fertigung von Komponenten auf Kundenwunsch. Daher liegt es nahe, dass eine Umstellung auf Serienproduktion gar nicht notwendig ist. Eine hohe Qualitätskontrolle, ein besonders freundlicher Kundenservice oder besonders schnelle Lieferzeiten – oft ist es intern gar nicht klar, wo man im Marktvergleich hervorsticht.

Mittelständler etwa sind großen Konzernen meist überlegen, was die Geschwindigkeit angeht: Innovationen sind schneller möglich, Entwicklungszeiten für kundenspezifische Produkte viel kürzer. Auch Entscheidungen können schneller getroffen werden, insbesondere in inhabergeführten Unternehmen. Oder Stichwort Mitarbeiterloyalität. Wer ist sich schon darüber bewusst, ob es darum wirklich gut bestellt ist im Unternehmen?

Für jedes Unternehmen ist es deshalb hilfreich, sich offenes und ehrliches Feedback von Außen zu holen. Das kann ein Austausch mit Kunden, Lieferanten, befreundeten Unternehmern oder sogar mit Mitbewerbern sein. Denn die einst klaren Grenzen zwischen Konkurrent und Partner oder Kunde und Lieferant verschwimmen immer mehr. Es gilt, stärker vernetzt zu denken. So kommt es vor, dass ein Unternehmen für ein Projekt auch mit einem Mitbewerber kooperiert. Solche Gelegenheiten sind geeignet für einen Austausch oder Abgleich mit dem anderen, ebenso wie Tagungen, auf denen sich Fachleute auch konkurrierender Unternehmen informell austauschen können. Nur eben von außen sollte die Beurteilung kommen, und aufrichtig sein.

Abgleich mit der Außenwelt

Was oft untergeht, ist die offene und ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Schwächen: Was können wir besonders gut, was macht unser Unternehmen aus? Was können wir gar nicht, was macht der Wettbewerb besser? Wo wollen wir in fünf Jahren sein? Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Markt und den Kunden findet im Rahmen des Jahresrückblicks selten statt. Doch gerade so ließen sich mögliche Hindernisse erkennen und Weichen für die Zukunft stellen. Vielleicht zeigen die Zahlen 40 Prozent Neukunden und 50 Prozent Umsatzsteigerung, aber womöglich entwickelt sich der Markt in eine ganz andere Richtung, und in ein, zwei Jahren sieht die Situation anders aus?

Was die eigenen Stärken wirklich ausmacht, wird erst durch einen Abgleich mit der Außenwelt deutlich. Vielleicht ist eine Abteilung intern überzeugt, innerhalb von ein paar Tagen zuverlässig auf Kundenanfragen zu reagieren, während der Standard in der Branche längst bei einer Response-Zeit von 24 Stunden liegt – zumindest mit einer Eingangsbestätigung und dem Versprechen, um die Anfrage werde sich gekümmert. Wer sich nur mit sich selbst beschäftigt, wird das vielleicht nie feststellen und sich wundern, warum die Kunden nicht begeistert sind.

Ähnliches gilt für interne Vorgänge. Beispiel: In einem kleineren Unternehmen wurde eine neue Technik für den E-Mail-Server gebraucht. Der interne IT-Support-Leiter wollte dies alleine stemmen. Bei der Umstellung gab es Schwierigkeiten mit dem E-Mail-Empfang auf den Firmen-Mobiltelefonen, die er innerhalb von zwei Wochen beheben konnte. Dass solche Probleme normalerweise innerhalb von wenigen Stunden gelöst werden, wusste er einfach nicht.

Fazit

Stärken und Schwäche des eigenen Unternehmens werden erst dann transparent, wenn ein Blick auf Vorgänge und Zustände sowie ein kritischer Abgleich mit der Außenwelt erfolgt. Nur dadurch kann eine Organisation auf die Zukunft entsprechend vorbereitet werden. Es gewinnt das Unternehmen, das sich bewusst Sparringspartner sucht, die ein offenes Feedback geben – auch wenn dies nicht immer angenehm ist. Dann gelingt es jedoch, über den eigenen Tellerrand zu blicken und Chancen zu nutzen.

Fragen zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Markt

  • Was macht unser Unternehmen aus?
  • Was können wir besonders gut?
  • Was kann der Wettbewerb besser als wir?
  • Was können wir gar nicht?
  • Was erwarten unsere Kunden selbstverständlich von uns?
  • Womit können wir Kunden darüber hinaus begeistern?
  • Welche Trends erkennen wir auf dem Markt?
  • Wo wollen wir in fünf Jahren stehen?
  • Was ist Standard bei uns im Unternehmen?
  • Was ist längst „State of the Art“ auf dem Markt?
  • Wer könnte ein kritischer Sparringspartner für Feedback zu Stärken und Schwächen sein?
  • Beschäftigen wir uns ausreichend mit neuen Technologien?
  • Schulen wir unsere Mitarbeiter ausreichend?
  • Sind wir in der Lage, Projekte erfolgreich in Kooperation mit Kunden oder Lieferanten umzusetzen, oder sind wir eher isoliert?

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