Mehrwertsteuer-Paket 2010Schnelle Anpassung notwendig

Wenn Unternehmen sich nicht rechtzeitig auf die neue Rechtslage einstellen, können unangenehme Überraschungen und finanzielle Belastungen die Folge sein.

Das Mehrwertsteuer-Paket erfordert von den Unternehmen erhebliche Umstellungen im Rechnungswesen. Zentrale Änderungen sind unter anderem:

  • Die Neudefinition des Leistungsorts für Dienstleistungen;

  • Zusätzliche Erklärungspflichten;

  • Ein modifiziertes Vergütungsverfahren für ausländische Vorsteuer.

Hieraus resultieren zusätzliche Rechnungsangaben sowie neue Einreichungsfristen und Prozesse. Da grenzüberschreitende Dienstleistungen zur Selbstverständlichkeit werden, ist von den Neuregelungen mittelfristig die Mehrzahl deutscher Firmen betroffen. Gert Klöttschen, DHPG-Berater mit langjähriger Erfahrung in internationalen Umsatzsteuerfragen, betont:

„Das Mehrwertsteuer-Paket 2010 hat weit mehr Auswirkungen als es auf den ersten Blick scheint. Jeder Unternehmer sollte prüfen, inwieweit die Neuregelungen für das eigene Geschäft relevant sind.“

Ab 2010 wird der Ort der Dienstleistung steuerlich neu definiert. Bislang war das Ursprungslandprinzip vorherrschend, doch jetzt ist in der Regel das Bestimmungslandprinzip maßgeblich.

Konsequenz: Grenzüberschreitende Dienstleistungen zwischen Unternehmen sind meistens am Ort des Leistungsempfängers zu versteuern. Steuerschuldner wird dann der im Ausland ansässige Auftraggeber (Reverse-Charge-Verfahren).

Erleichterung für dienstleistende Unternehmen

Die umsatzsteuerliche Registrierung in anderen EU-Staaten entfällt. Aber: Unternehmen dürfen in ihren Ausgangsrechnungen keine deutsche Umsatzsteuer ausweisen, denn sonst schuldet das dienstleistende Unternehmen diesen Betrag der deutschen Finanzverwaltung.

Der umgekehrte Fall birgt Gefahren

Beim Empfang von Dienstleistungen aus EU-Mitgliedstaaten müssen die Unternehmen darauf achten, dass sie die Umsatzsteuer regelmäßig schulden. Eine Auszahlung der Umsatzsteuer an den Leistungsbringer darf dann nicht erfolgen. DHPG-Steuerberater Klöttschen warnt:

„Gerade in der Übergangszeit ist erhöhte Vorsicht angebracht. Werden die Neuregelungen nicht beachtet, gehen Unternehmen nicht zu unterschätzende Steuerrisiken ein.“

Anforderungen an die Zusammenfassende Meldung (ZM) ändern sich

Zukünftig müssen neben den innergemeinschaftlichen Lieferungen auch alle innergemeinschaftlich erbrachten Dienstleistungen erfasst werden. Damit wächst die Zahl der Unternehmen, die eine ZM abzugeben haben; auch ihr Umfang wächst.

Weitere Änderungen:

  • ZM ab 2010 wesentlich zeitnäher als bisher zu erstellen;

  • Möglichkeit, die Einreichungsfrist um einen Monat zu verlängern, entfällt;

  • Unternehmen müssen ihre Abläufe ändern, wenn sie diese Zeitvorgaben einhalten wollen;

  • Verstöße gegen Meldepflicht gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit Bußgeldern belegt werden;

  • ZM dient weiterhin als ein Kontrollinstrument der Finanzverwaltung: Falsche Angaben werden überprüft.

Anträge auf Vorsteuererstattung werden künftig in dem Land gestellt, in dem das erstattungsberechtigte Unternehmen ansässig ist – nur in elektronischer Form. In Deutschland ist das Bundeszentralamt für Steuern zuständig. Es prüft die Anträge dahin gehend, ob das Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt ist, und leitete sie innerhalb einer 15-tätigen Frist an die Steuerbehörden im jeweiligen Mitgliedsland weiter.

Richtig angewandt, bietet die neue EU-Regelung viele Vorteile:

  • Firmen müssen bei der Erstattung künftig nur die Antragsmodalitäten im eigenen Land beachten;

  • Sprachbarrieren entfallen;

  • Originalbelege sind nicht mehr vorzulegen;

  • Die zuständige Behörde muss im jeweiligen Mitgliedsland Zinsen zahlen, wenn die Rückerstattung nicht fristgerecht erfolgt.

Achtung: Das Unternehmen muss den Erstattungsbetrag selbst ermitteln und den Antrag bis spätestens zum 30. September des Folgejahres vollständig vorlegen.

Rechtzeitig die nötigen Vorbereitungen treffen

Das Mehrwertsteuer-Paket erfordert Umstellungen in der Finanzbuchhaltung. Die DHPG-Experten empfehlen Firmen, jetzt die nötigen Vorbereitungen zu treffen:

  1. Kompetenz aufbauen: Unternehmen sollten die verantwortlichen Mitarbeiter frühzeitig schulen und Aufgaben klar zuweisen. Wichtige Details der neuen Regelung werden im hektischen Tagesgeschäft sonst leicht übersehen. Am besten einen Mitarbeiter als zentralen Koordinator bestimmen.
  2. Prozesse anpassen: Das Dienstleistungsspektrum ist mit Blick auf erforderliche Anpassungen durch das Mehrwertsteuer-Paket zu analysieren. Die Finanzbuchhaltungssoftware ist darauf zu überprüfen, ob sie den neuen Anforderungen genügt. Gegebenenfalls sind neue Konten und Kontenschlüssel einzurichten.
  3. Daten aktualisieren: Kundenstammdaten sind hinsichtlich der rechtlichen Firmierung zu prüfen. Nur auf diese Weise lassen sich Umsätze mit Unternehmen (B2B) und mit Endverbrauchern (B2C) eindeutig zuweisen. Es muss zwischen Umsätzen in Verbindung mit ausländischen Unternehmen und ihren inländischen Betriebsstätten differenziert werden. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (Ust-IdNr.) von EU-Kunden soll durch das Bundeszentralamt für Steuern qualifiziert bestätigt werden.
  4. Rechnungsformulare anpassen: Auf Ausgangsrechnungen an EU-Firmen ist der Leistungsempfänger als Steuerschuldner zum Beispiel durch den Zusatz "Reverse-Charge" oder "Steuerschuld verlagert" zu vermerken. Auch die USt-IdNr. des ausländischen Geschäftspartners wird zur Pflichtangabe.
  5. Steuerschuld prüfen: Bei Leistungseinkäufen von ausländischen Unternehmen ist zu kontrollieren, ob die Pflicht zur Übernahme der Steuerschuld besteht. Gerade in der Übergangsphase sollten sich die Unternehmer nicht allein auf die Angaben ihrer Geschäftspartner in den Eingangsrechnungen verlassen.

[Svetlana Miassoedov; Quelle: DHPG; Bild: Fotolia.com]

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