MitarbeiterführungMotivation der Mitarbeiter nutzen und fördern

Mitarbeiter gestalten ihren Arbeitsplatz automatisch selbst. Führungskräfte müssen diesen Prozess begleiten und unterstützen.

Job Crafting. Das Konzept der Wissenschaftler Jane Dutton, Amy Wrzesniewski und Justin M. Berg hat in den USA und den Niederlanden schon den Weg von der Theorie in die Praxis genommen und sollte im Zuge der Globalisierung und dem Eintritt der Generation Y in die Unternehmen auch deutschen Führungskräften mehr als nur ein Gedanke wert sein.

Mitarbeiter sollen Jobinhalte umgestalten

Im Arbeitsalltag vergeben Führungskräfte ihren Mitarbeitern eine Reihe von Aufgaben, die diese innerhalb eines bestimmten Zeitraums und auf eine bestimmte Art und Weise in Zusammenwirkung mit anderen Mitarbeitern erledigen sollen. Was passiert? Die Mitarbeiter jammern über bestimmte Aufgaben, machen immer wieder die gleichen Fehler, sind unmotiviert oder lehnen Veränderungen drastisch ab. Sie schlagen neue Wege vor, eine Aufgabe anzugehen, was vielen Führungskräften nicht gefällt, denn die Mitarbeiter sollen arbeiten und nicht Neues ausprobieren.

Was hier klingt wie eine besonders widerborstige Mitarbeiter-Spezies, ist in Wirklichkeit völlig normal, denn in strikt und formell designten Jobs besteht die größte Motivation der Mitarbeiter nicht darin, den Anweisungen zu folgen, sondern die Jobinhalte so umzugestalten, dass sie besser zu den eigenen Zielen und Stärken passen. Mitarbeiter betreiben also Job Crafting, das aktive Gestalten des eigenen Arbeitsplatzes. Werden sie dabei zu sehr eingeengt, stellen sich Unzufriedenheit, Fehlerhäufigkeit und Motivationsarmut ein.

Stichwort

Job Crafting

Beim Job Crafting gestalten Mitarbeiter mit bestimmten Maßnahmen ihren Arbeitsplatz und ihre Arbeit neu. Ziel ist, Arbeit persönlich gewinn- und freudebringend zu gestalten. Arbeit soll im Sinne des Unternehmens effektiv sein. Job Crafting steht im Gegensatz zum allwissenden Manager, der bloß Handlungsanweisungen gibt und deren strikte Einhaltung einfordert.

Selbstverständlich ist die Arbeit in Unternehmen kein Wunschkonzert. Doch Job Crafting findet statt – ob Führungskräfte und Unternehmen es nun wollen oder nicht. Dazu zwei Beispiele: Eine Mitarbeiterin, die im Controlling als Buchhalterin arbeitet, hat ein Formular entwickelt, mit dem sie monatlichen Abrechnungen externer Mitarbeiter besser in die hauseigene Software integrieren kann. Pro Tag erspart es ihr fünfzehn Minuten Arbeit. Oder: Ein Mitarbeiter, der eigentlich Außendienstler in einer Versicherung ist, hilft bei Inhouse-Terminen immer wieder Mitarbeitern aus anderen Abteilungen, mit der neuen Vertriebssoftware umzugehen.

Beide sind bestrebt, nach ihren Interessen, Talenten und Zielen zu arbeiten. Die Buchhalterin, indem sie sich das tägliche Arbeiten erleichtert, und der Vertriebler, indem er seinem Talent und Interesse nachgeht, anderen zu helfen. Oft werden solche Mitarbeiter für ihr Engagement jedoch abgestraft. Von Führungskräften zum Beispiel, die darin die Erledigung der täglichen Arbeit gefährdet sehen. 

Strategien von Job Craftern

Um zu verstehen, inwieweit Führung diese Job-Crafting-Aktivitäten gewinnbringend für alle nutzen kann, lohnt sich ein Blick auf die drei Strategien der Job Crafter:

Grenzverschiebung

    Job Crafter arbeiten an den Begrenzungen ihres Jobs, indem sie beispielsweise mehr oder auch weniger Aufgaben als vorgeschrieben annehmen. Sie bemerken, dass sie einige Aufgaben sehr gerne machen, andere hingegen nicht. Sie erweitern oder grenzen den eigenen Aufgabenbereich ein und versuchen, ihre Leistung durch kreative Entwicklung von Arbeitshilfen oder neuen Tools zu steigern.

Interaktion mit anderen Mitarbeitern

    Job Crafter verändern ihre sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz, indem sie die Art oder die Häufigkeit der Interaktionen mit anderen Mitarbeitern verändern. Beispiel: Mitarbeitern aus anderen Abteilungen Hilfestellung im Bereich IT geben.

Sinn

    Job Crafter scheiben ihrem Job aktiv einen Sinn zu. Beispiel: Der Mitarbeiter der Versicherung sieht es als seine Aufgabe an, Menschen zu helfen und nicht nur einen Versicherungsfall abzuwickeln.

Job Crafting erkennen und fördern

Die Forschung zeigt: Job Crafting hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ausführung und Fertigstellung von Aufgaben, denn es beeinflusst, welche Aufgaben erledigt und wie sie erledigt werden. Insofern sind Manager jeder Hierarchiestufe gezwungen, sich mit positivem und negativem Job Crafting, mit Verweigerung und Resignation auseinanderzusetzen, wenn ihr Unternehmen gut aufgestellt in die Zukunft gehen möchte.

Job Crafting ist ein Prozess und keinesfalls als einzelne Veränderung oder zeitlich begrenzte persönliche Maßnahme zu begreifen. Daher kann es schwierig sein, den momentanen Stand des Mitarbeiters zu erkennen und zu fördern. Helfen kann eine Einteilung in drei Phasen, die die Führungskraft darin unterstützen, den jeweiligen individuellen Stand des Mitarbeiters zu erkennen, zu verstehen und ihn im Job Crafting zu fördern.

  1. Die Mitarbeiter sind motiviert, ihren Job in einer oder mehreren Facetten zu verändern.
  2. Die Mitarbeiter suchen und finden Möglichkeiten für ein Job Crafting und beginnen eine oder mehrere Veränderungen.
  3. Die Techniken des Job Crafting bringen positive oder negative Resultate hervor und sind Anlass für weiteres Job Crafting oder dessen Einstellung.

Job Crafting analysieren, begleiten und evaluieren

Der Beginn der ersten Phase lässt sich an folgenden Punkten festmachen:

  • Äußerung von Unzufriedenheit mit den Umständen beziehungsweise Problemen samt Lösungsvorschlag
  • Artikulation von Unzufriedenheit oder neuen Pläne in einem persönlichen, konstruktiven Gespräch, beiläufig in einem Team-Meeting oder in der Form heftigen Meckerns; je nach Persönlichkeit oder sozialer Kompetenz
  • Neu auftretende Interessen und Kontakte der jeweiligen Mitarbeiter

In der zweiten Phase ist es die Aufgabe der Führungskraft, den Umsetzungsprozesses von Job Crafting zu begleiten und zu unterstützen. In der Umsetzungsphase lässt sich beobachten, dass die Job Crafter ihre Proaktivität dazu nutzen, ihren Arbeitsplatz beziehungsweise ihre Arbeitsaufgaben nach vorhergehender Planung in einer oder in mehreren Tätigkeiten umzustellen. Dies geht oft mit einem erhöhten Stresslevel der Mitarbeiter einher, beschert ihnen unter Umständen längere Arbeitszeiten oder auch Konflikte mit Kollegen und der Führungskraft oder anderen Vorgesetzten.

Vereinbarung zum Job Crafting

Trotzdem lässt sich in dieser Phase eine neue Begeisterung und Zielstrebigkeit der jeweiligen Mitarbeiter feststellen. Etwa dann, wenn sie ihre neue Vorgehensweise verteidigen oder über ihre neuen Erfolge berichten. Führungskräfte sind gefordert, die Veränderungen durch Feedback, Mentoring und Unterstützung zu begleiten. Doch es geht auch darum, die Rahmenbedingungen und Auswirkungen der geplanten Veränderungen zu betrachten und die Umsetzung zu ermöglichen. Idealerweise treffen Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern eine Vereinbarung bezüglich des Job Crafting, die Folgendes beinhalten sollte:

  • Die Passung mit den Stärken und Talenten des Mitarbeiters
  • Den Umfang der Veränderungen und die benötigte Zeit
  • Die benötigten fachlichen Kompetenzen und Handlungsfreiräume
  • Die erwünschten Ergebnisse und die zu erbringenden Leistungen des Mitarbeiters
  • Die Rolle des Vorgesetzten und die der Kollegen

Jede Veränderung des Arbeitsplatzes hat ein Ergebnis. Je nach Ausgang – positiv, negativ oder neutral – übt dieses Ergebnis einen teilweise starken Einfluss auf die weiteren Job-Crafting-Aktivitäten eines Mitarbeiters aus, das heißt die erzielten Resultate bestimmen, ob die Mitarbeiter motiviert sind, weitere Veränderungen aktiv in Angriff zu nehmen oder das Job Crafting vorerst einstellen. Generell gilt: Je positiver das Ergebnis, umso höher wird die Motivation der Job Crafter ausfallen, und je besser die Veränderung den Stärken des Mitarbeiters entgegenkommt, umso erfolgreicher werden er und das Team sein.

Fazit

Arbeitsplatzgestaltung ist kein Top-down-Prozess. Mitarbeiter verändern und gestalten ihren Job jeden Tag. Insofern sollte Job Crafting als ein wertvoller Bestandteil und wichtiger Einflussfaktor im Bereich Arbeitszufriedenheit, Arbeitsqualität und Arbeitserleben eingestuft werden. Job Crafting zu ignorieren kann negative Effekte mit sich bringen, sei es dass es nicht bemerkt wird und auf die negative Seite driftet, sei es dass es nicht im Rahmen des Möglichen gefördert wird und die Mitarbeiter in einer ressourcenarmen und nicht zufriedenstellenden Arbeitssituation alleine gelassen werden. Nicht zuletzt ist ein positives Job Crafting auch ein Gewinn für jedes Unternehmen, denn zufriedene, ihren Stärken und Neigungen gemäß arbeitende Individuen erbringen weitaus bessere Leistungen als ihre unzufriedenen Counterparts.

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