MitarbeiterführungWann sich Führungskräfte einmischen sollten

Souveräne Mitarbeiterführung ist für manche Führungskräfte eine Herausforderung. Sie fragen sich: Wird die Aufgabe rechtzeitig erledigt? Kann ich dem Mitarbeiter vertrauen? Wann sollen sie eingreifen, wann Situationen besser laufen lassen? Die folgenden Tipps helfen bei der Bewertung der Situation und bei der richtigen Reaktion.

Durch Zeitdruck, hohe Erwartungen des eigenen Vorgesetzten und Probleme in den Projekten der Mitarbeitenden können Führungskräfte in Bedrängnis geraten. Umso verlockender scheint es in einer solchen Situation, sich einzumischen und Aufgaben an sich zu ziehen nach dem Motto: „Jetzt lassen Sie mich das mal machen!“ Doch ist eine solche Reaktion wirklich Erfolg versprechend? Ein Perspektivenwechsel ist angezeigt.

Warum sollten Führungskräfte nur selten eingreifen?

Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitenden Aufgaben abnehmen, wird das Problem vielleicht schneller gelöst. Allerdings fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann inkompetent und verlieren die Motivation, eigene Lösungen zu finden. Eine Entmündigung kann also – im Sinne beider Parteien – keine geeignete Lösung sein.

Generell ist es sinnvoll, wenn auch der Chef und die Chefin einmal mit anpacken und sich für keine Aufgabe zu schade sind, wie Druckerpapier auffüllen oder die Spülmaschine einschalten. Damit signalisieren sie Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft.

Wer jedoch nach dem Motto führt: „Wenn ich nicht da bin, läuft nichts!“, darf sich nicht über unselbstständige Mitarbeitende wundern, die mit jedem Problem zu ihrem Vorgesetzten kommen.

Die Hauptaufgabe eines Vorgesetzten besteht darin, Ziele zu setzen und Aufgaben zu delegieren sowie die Ressourcen und Rahmenbedingungen für das eigene Team bereitzustellen. So schafft er die besten Voraussetzungen für ein Team, in dem sich die Mitarbeitenden entwickeln und selbstständig nach Lösungen suchen.

Situation und Mitarbeiter richtig einschätzen

Um sich nicht noch zusätzliche Arbeit zu machen, sollten Führungskräfte folgendermaßen vorgehen:

Situation einschätzen

  • Dringlichkeit der zu erledigenden Aufgabe: Steht ein wichtiger Abgabetermin unmittelbar bevor oder sind bisherige Lösungsversuche gescheitert?
  • Handelt es sich um eine Aufgabe, die durch Kreativität und Innovation gelöst werden kann, wobei Fehlschläge toleriert werden können?
  • Potenzieller Schaden: Sind etwa Abgabetermine mit Vertragsstrafen verbunden oder könnten sich Kunden beschweren?

Generell sollten Führungskräfte bei der Verteilung von Aufgaben einen ausreichenden Puffer einplanen, der ihnen und dem betroffenen Mitarbeiter mehr Spielraum gibt. In der Praxis haben sich (bei Kosten und Terminplanung) rund 10 bis 25 Prozent der insgesamt geplanten Zeit als Puffer bewährt.

Mitarbeitende einschätzen

  • Kompetenzen: Sitzt überhaupt der richtige Mitarbeiter an der Aufgabe oder gab es schon bei der Aufgabenverteilung eine Fehleinschätzung?
  • Wird er mit diesem Problem auch allein fertig?
  • Was benötigt er: Zeit, Impulse oder konkrete Hilfestellung, weil er bereits am Leistungslimit arbeitet?

Eine geschickte Aufgabenverteilung ist nicht einfach. Führungskräfte haben die Aufgabe, den Entwicklungsstand aller Mitarbeitenden zu beurteilen. Unterforderte Mitarbeiter sind schnell gelangweilt und suchen sich im schlimmsten Falle einen neuen Job mit mehr Herausforderungen.

Ist ein Mitarbeiter seinen Aufgaben nicht gewachsen, verliert er durch diese Überforderung sein Selbstbewusstsein. Mitarbeitende sollten sich anstrengen müssen, um Ziele zu erreichen, denn unter diesen Umständen entwickeln sich ihre Fähigkeiten und Kompetenzen ideal.

Die goldene Regel lautet daher: fordern, fördern, befördern!

Wie Führungskräfte souverän und wertschätzend reagieren

Spitzt sich eine Situation dermaßen zu, dass die Führungskraft eingreifen muss, sollte sie – auch wenn es schwerfällt – dem Mitarbeiter weiterhin die Verantwortung überlassen. Sie sollte an dieser Stelle fragen, was der Mitarbeiter von ihr als Führungskraft erwartet, um die Aufgabe immer noch selbstständig lösen zu können.

Schließlich beschäftigt er sich schon seit längerer Zeit mit dem Problem und kann sowohl die Situation als auch die zur Lösung notwendigen Maßnahmen besser einschätzen als ein Außenstehender. Die positive Botschaft hinter einer solchen Reaktion lautet:

„Du bist der Experte – und bleibst auch weiterhin verantwortlich. Ich biete dir lediglich meine Unterstützung an.“

Beispiele für zu viel Einmischung durch den Vorgesetzten

Führungskräfte, die sich zu sehr in die Aufgaben ihrer Mitarbeitenden einmischen, reagieren meistens folgendermaßen:

  • „Zeig mir das mal!“ oder „Gib mal her!“
  • „Lass mich die Präsentation überarbeiten, dann schaffen wir das noch!“
  • „Ich kenne das. Du musst jetzt Folgendes machen: (...)“
  • „Das kenne ich von früher. Mach das einfach so, dann klappt es!“

Beispiele für lösungsorientierte Fragen

Stattdessen sollten Führungskräfte lösungsorientierte Fragen formulieren:

  • „Wie zufrieden bist du mit der Lösung?“
  • „Was brauchst du, damit das Problem gelöst werden kann?“
  • „Wie kann ich dir helfen, dich unterstützen?“
  • „Welche Lösung ist aus deiner Sicht die beste?“

Erfordern hingegen weder die Situation noch die Kompetenz der Mitarbeitenden einen Eingriff, sollten Führungskräfte gelassen bleiben und ihrem eigenen Urteilsvermögen vertrauen. Danach empfiehlt es sich, die Situation im Auge zu behalten, um auf unerwartete Veränderung reagieren zu können.

Wann Führungskräfte einschreiten müssen

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Führungskräfte sofort einschreiten müssen:

  • Überschreitung persönlicher Grenzen
  • sexuelle Belästigung
  • Mobbing oder Ausgrenzung

Hier sollten Führungskräfte zunächst ihre Beobachtungen und den Eindruck, den die Situation auf sie macht, kurz ansprechen und unmissverständlich auf die bestehenden Regeln der Zusammenarbeit verweisen. Diese Regeln erlauben keinen Spielraum und ein erneuter Verstoß zieht Konsequenzen nach sich.

Auch im beruflichen Alltag ist es wichtig, dass Führungskräfte sofort reagieren. Die Mitarbeitenden müssen den Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten und der Reaktion der Führungskraft klar herstellen können. Lassen sich Vorgesetzte zu viel Zeit oder reagieren sie zu vorsichtig, besteht die Gefahr, dass Betroffene die Situation herunterspielen oder bagatellisieren.

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