MitarbeiterorientierungMitarbeitern ein Sabbatical anbieten

Wie viele gestresste Berufstätige träumen von einer Auszeit, in der sie sich einmal richtig erholen und ihren Interessen nachgehen können? Eine ganze Menge. Doch nur Wenige trauen sich, es umzusetzen.

Endlich mal Zeit für sich haben, raus aus dem Alltag und Dinge tun, die einem wirklich Spaß machen und wofür man sich interessiert. Diese Gedanken machen sich einige Mitarbeiter immer wieder, doch die meisten kommen dann zu dem Schluss: Eine Auszeit kann ich mir nicht leisten, das würde meiner Karriere schaden. Aber das muss nicht so sein, denn eine jobfreie Zeit kann die Karriere sogar fördern und den Arbeitsplatz sichern. Denn nutzt ein Mitarbeiter die freie Zeit für eine Weiterbildung oder zur Persönlichkeitsentwicklung, erhöht das seine Karrierechancen. Ein Sabbatical bietet eine Möglichkeit für eine solche berufliche Auszeit.

Stichwort

Sabbatical

Das Sabbatical, auch Sabbatjahr genannt, ist eine Art Langzeiturlaub und ein Instrument der flexiblen Arbeitszeitgestaltung. Arbeitnehmer steigen für einen gewissen Zeitraum aus dem Arbeitsleben aus, um sich ihren eigenen Interessen zu widmen. Die Dauer eines Sabbaticals ist unterschiedlich, meistens dauert es drei Monate bis zu einem Jahr.

Die Sozialwissenschaftlerin Barbara Siemers sieht die Notwendigkeit von Sabbaticals und sagt in einem Interview auf stern.de:

„Arbeitnehmer müssen heute in kürzerer Zeit viel mehr leisten. Daher der Wunsch, diesem Stress länger zu entfliehen. Um diesem Druck standzuhalten, brauchen wir langfristige Erholungsphasen und nicht nur kurzfristige Erlebnisse wie einen Urlaub.“

Doch nur wenige Menschen nutzen ein Sabbatical. Experten schätzen, dass drei bis vier Prozent der Arbeitnehmer sich eine längere Auszeit nehmen. Das liegt zum Teil an den Unternehmen, die das Sabbatical nicht anbieten und auch nicht unterstützen. Aber auch die Mitarbeiter scheuen sich davor, weil sie Angst vor beruflichen Nachteilen haben.

Besondere Projekte erfordern mehr Zeit für sich selbst

Mitarbeiter möchten aus ganz unterschiedlichen Gründen eine Zeit fernab von Arbeitsstress, den Kollegen, dem Vorgesetzten und den Kunden für sich nutzen. Ein wichtiges Motiv ist die Regeneration, um beispielsweise einem Burn-out vorzubeugen. Selbstverwirklichung und Abenteuerlust sind Motive, die für manche Menschen sehr wichtig sind, um nicht im tristen Arbeitsleben unterzugehen. Denn darunter leidet dann die Psyche und die Motivation für die Arbeit lässt nach. Wenn die Abenteuerlust im Sabbatical ausgelebt wird, ist oft danach mehr Energie vorhanden, um den Job wieder mit Freude auszuüben.

Das Sabbatical wird auch oft aus Notsituationen heraus genutzt, beispielsweise zur Pflege von älteren oder kranken Verwandten. Kinderbetreuung ist ebenfalls in der Sabbaticalzeit möglich. Etwa wenn sich beide Eltern gleichermaßen in den ersten Monaten um Ihr Kind kümmern möchten.

Lebenslanges Lernen wird in der Berufswelt gefordert. Deshalb steht Weiterbildung hoch im Kurs bei den Sabbaticalteilnehmern. Die Zeit nutzen sie zum Erlernen einer Fremdsprache, machen ihren Meister oder promovieren.

Fortbildung der Mitarbeiter

Die Boston Consulting Group (BCG) in München unterstützt Bildungs-Sabbaticals. Den Mitarbeitern wird vertraglich zugesichert, für Promotion oder MBA eine Auszeit nehmen zu können. Im Falle eines MBA übernimmt BCG sogar die Kursgebühren. So profitieren die Mitarbeiter und das Unternehmen gleichermaßen von der jobfreien Zeit.

Und wer nicht so lange aus dem Beruf aussteigen möchte, dem bietet das Unternehmen ein Mini-Sabbatical von zwei Monaten an. Die Mitarbeiter können es alle drei Jahre in Anspruch nehmen. Die Sabbaticals sind sehr beliebt: 70 Prozent aller Berater bei BCG nehmen in ihren ersten fünf Berufsjahren eine Auszeit.

Vorteile für Unternehmen

Den Mitarbeitern Freiraum lassen und sie selbst entscheiden lassen, wann sie wie viel Zeit für sich selbst brauchen. So trägt das Angebot von Sabbaticals viel zur Mitarbeiterorientierung im Unternehmen bei. Die Unternehmen, die Sabbaticals nicht als Risiko oder Zeitverschwendung sehen, können daher von zufriedenen Mitarbeitern profitieren, die sich weiterbilden und deren Motivation erhalten bleibt. Sabbaticals schaffen eine Work-Life-Balance, die letztendlich Stress abbaut und einem Burn-out-Syndrom vorbeugt. Sie tragen dazu bei, dass es weniger Krankheitsausfälle gibt und die Mitarbeiter gesünder sind.

Die Mitarbeiter sind zudem oft sehr dankbar, wenn sie Freiräume bekommen. Sie zeigen sich ihrem Arbeitgeber dann meist erkenntlich, indem sie sich in höherem Maße für ihn und seine Interessen einsetzen. Die Loyalität zum Unternehmen wird stärker und gefestigter. So können Arbeitgeber ihre besten Mitarbeiter leichter halten.

Außerdem ist das Angebot für die Mitarbeiter, sich eine längere Zeit lang freizunehmen, eine sehr gute Möglichkeit, um in auftragsschwachen Zeiten, Personal freizustellen, ohne Mitarbeiter zu verlieren – ähnlich wie bei Kurzarbeit.

Hier noch einmal alle Vorteile auf einen Blick:

  • Arbeitgeberimage stärken, um im Wettbewerb um gute Mitarbeiter besser aufgestellt zu sein und dem Fachkräftemangel vorzubeugen;
  • Auftragsschwankungen ausgleichen, indem der Personaleinsatz angepasst wird;
  • Arbeitsplätze sichern, weil Mitarbeiter freigestellt werden können und nicht gleich entlassen werden müssen;
  • Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterorientierung fördern;
  • Mitarbeiter, die Abstand zum Unternehmen gewinnen, können neue Ideen entwickeln und Lösungen finden, weil sie neue Impulse aus ihrem Sabbatical mitbringen.
Hendrik Bourguignon, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt Hendrik Bourguignon von Schmalz Rechtsanwälte nennt im Interview mit Petra Oberhofer von business-wissen.de, was Mitarbeiter und Unternehmen beachten sollten.

Herr Bourguignon, gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical?

Einen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical gibt es nicht. Anspruchsgrundlage für die Vereinbarung eines Sabbaticals kann allerdings eine Betriebsvereinbarung (zum Beispiel im Rahmen der Bildung von Langzeitarbeitskonten) sein.

Hat der Mitarbeiter das Recht auf Lohnfortzahlung?

Der Arbeitnehmer arbeitet in der Arbeitsphase eine Zeit lang vollzeitig, erhält jedoch nur die Hälfte des Gehaltes. In der sich anschließenden Freizeitphase erhält er weiterhin die (andere) Hälfte seines Gehalts. Damit ist sichergestellt, dass der Arbeitnehmer auch während der Freistellungsphase ein gleichmäßiges Einkommen hat. Vergütungsbestandteile, die zeitabhängig gezahlt werden, wie etwa Funktionszulagen, sind ebenfalls anteilig zu kürzen. Das gilt entsprechend für Sonderzuwendungen wie 13. Gehalt, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Gratifikationen. Diese Sonderzuwendungen stehen Teilzeitbeschäftigten anteilig zu.

Problematisch sind Sachbezüge, die unteilbar sind wie etwa die private Nutzung eines Dienstwagens. Hier könnte in der Vereinbarung geregelt werden, dass solche Sachbezüge ausschließlich in der Arbeitsphase gewährt werden, nicht aber während der Freistellungsphase.

Was passiert im Falle von Krankheit des Arbeitnehmers während des Sabbaticals?

Die Vereinbarung eines Sabbaticals ändert nichts an den zwingenden Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Während einer Erkrankung bis zu sechs Wochen besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Entsprechend wird auch das Zeitguthaben des Arbeitnehmers nicht angegriffen. Bei Langzeiterkrankungen während der Arbeitsphase kann der Fall auftreten, dass zum vorgesehenen Beginn der Freistellungsphase noch kein ausreichendes Guthaben aufgebaut ist. Dann muss sich entweder die Freistellungsphase verkürzen oder ihr Beginn muss so weit verschoben werden, bis der Arbeitnehmer ein ausreichendes Guthaben aufgebaut hat.

Was ist bei einer Insolvenz des Arbeitgebers zu beachten?

In einer Sabbatical-Vereinbarung sollten Vorkehrungen getroffen werden, die im Falle der Insolvenz die Erfüllung der Wertguthaben einschließlich des Arbeitgeberanteils am Sozialversicherungsbeitrag sicherstellen.

Ist der Arbeitnehmer rechtlich (beispielsweise vor Kündigung) geschützt, wenn er sich für ein Sabbatical entscheidet?

Für die Gründe, aus denen das Arbeitsverhältnis während der Sabbatical-Vereinbarung beendet werden kann, gelten keine vom sonstigen Arbeitsrecht abweichenden Regeln. Das Arbeitsverhältnis kann sowohl während der Arbeitsphase als auch während der Sabbatical-Zeit betriebsbedingt gekündigt werden. Da der Arbeitnehmer nach Ablauf der Sabbatical-Zeit weiterbeschäftigt werden muss, kann bei Wegfall des Arbeitsplatzes auch ein dringendes betriebliches Bedürfnis für eine Kündigung bestehen. Ein besonderer Kündigungsschutz wird durch die Vereinbarung eines Sabbaticals nicht begründet.

Was sollten Arbeitnehmer beachten, wenn ein Mitarbeiter ein Sabbatical nehmen möchte?

Die Sabbatical-Vereinbarung sollte unbedingt beinhalten: die Vergütung während der Freistellung; Regelungen zu Versicherungen, zur betrieblichen Altersversorgung oder anderen freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers sowie die Aufgabe und Position nach der Beendigung der Freistellungsphase. In den meisten Arbeitsverträgen wird dem Arbeitgeber ein „erweitertes Direktionsrecht“ zugebilligt. Das heißt: Er kann die Aufgabe frei bestimmen, solange diese vergleichbar und zumutbar ist. Wer vom Sabbatjahr zurückkehrt, kann dann womöglich auf eine andere Position versetzt werden – eine Garantie auf den alten Job gibt es also nicht. Wer etwa mehr als einen Monat unbezahlten Urlaub nimmt, muss sich um seine Sozialversicherungen selber kümmern. Und wer die Zeit im Ausland verbringt, sollte zudem den Umfang seines Versicherungsschutzes klären.

Hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte beim Gewähren eines Sabbaticals?

Die Einführung von Arbeitszeitkonten oder die Möglichkeit des Ansparens längerer Freizeiten („Sabbaticals“) bedarf der Mitbestimmung des Betriebsrats. Über die Dauer der im Rahmen eines Sabbaticals vereinbarten festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit hat der Betriebsrat hingegen nicht mitzubestimmen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Bourguignon!

Bevor Sie ins Zimmer Ihres Chefs stürzen und nach einem Sabbatical fragen, sollten Sie sich vorher genau überlegen, warum Sie eine Auszeit brauchen, für wie lange und was Sie in der Zeit machen möchten. Weitere Tipps zur Vorbereitung:

  • Um herauszufinden, was Sie in der Zeit anstellen möchten, überlegen Sie sich: Was ist mir wichtig? Was möchte ich verwirklichen oder erleben?
  • Gehen Sie zum Betriebsrat und erkundigen Sie sich, ob es in Ihrem Unternehmen Regeln zum Sabbatical gibt.
  • Überlegen Sie sich den richtigen Zeitpunkt für das Sabbatical, sodass Sie nicht zu sehr mit den Unternehmensinteressen in Konflikt kommen. Suchen Sie sich eine ruhige Zeit aus, in der Ihr Fehlen am Arbeitsplatz nicht so sehr ins Gewicht fällt.
  • Um das Sabbatical bewilligt zu bekommen, führt meistens kein Weg am Gespräch mit dem Chef vorbei. Wählen Sie dafür den richtigen Zeitpunkt und warten Sie, bis Ihr Chef guter Laune ist oder wenn Sie gerade eine Arbeit erledigt haben, mit der er sehr zufrieden ist. Hier finden Sie weitere Tipps zum Führen von Gesprächen mit dem Chef.
  • Bieten Sie Ihrem Chef mögliche Lösungen an, wie Ihre Aufgaben während Ihrer Abwesenheit erledigt werden könnten.
  • Notieren Sie sich Ihre Gründe und Ziele für das Sabbatical, die Sie dem Vorgesetzten vortragen wollen. Nur Gründe wie „zur Erholung“ oder „zu viel Stress gehabt in letzter Zeit“ wirken nicht sehr zielstrebig. Nennen Sie gute Gründe, die auch von Vorteil für das Unternehmen sein können. Reden Sie ehrlich über Ihre Wünsche und Ziele.
  • Wie haben Sie sich die Finanzierung vorgestellt? Sie können beispielsweise Urlaubstage ansparen, auf Lohnzusatzleistungen verzichten oder auf einen Teil Ihres normalen Gehalts, das Sie dann während des Sabbaticals ausbezahlt bekommen.
  • Mit einem Haushaltsplan können Sie Ihren finanziellen Bedarf ermitteln. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, sollten Sie sich ein finanzielles Polster anlegen.
  • Wenn Sie wegfahren und schulpflichtige Kinder haben, die Sie mitnehmen möchten, sollten Sie sich in der Schule erkundigen, ob und unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist.
  • Bei einem längeren Aufenthalt im Ausland, sollten Sie sich überlegen, was mit Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus passiert. Vielleicht können Sie es zur Zwischenmiete anbieten.
  • Wenn Sie zurückkehren, fangen Sie nicht gleich wieder an zu arbeiten, sondern gönnen Sie sich ein paar Tage, um sich wieder zu akklimatisieren.

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