Mitmach-MarketingSchaffen Sie vertrauenswürdige Kundenbeziehungen

Die neuen Kommunikationsformen im Netz bringen es mit sich: Kunden erzählen weiter, mit welchen Unternehmen sie zufrieden sind und mit welchen nicht. Kunden werden zu aktiven Mitgestaltern des Marketings. Eine Herausforderung für den Service.

Kundenbindung war gestern, denn Kundenbindungsmaßnahmen gehen immer vom Unternehmen aus. Sie dokumentieren die selbstzentrierte, managementbezogene und meist immer noch arrogante Sicht der Unternehmen auf den Kunden. Bindung macht unfrei, fast möchte man an Fesseln denken. Kein Knebelvertrag, keine Wechselbarriere, kein noch so gut gemachtes Kundenbindungsinstrument kann Kundentreue erzwingen.

Also Loyalität! Aber kommt das nicht ein wenig verstaubt daher? Denkt man da nicht an blinden Gehorsam und ewige Treue? Passt Loyalität überhaupt noch in unsere heutige Zeit? Seitdem wir Menschen uns von den Bäumen herunter schwangen und aufrechten Gangs die Welt eroberten, dreht sich bei uns alles um das Leben in der Gemeinschaft.

Die Sippen und Stammesverbände von früher sind die Communities von heute und morgen. Auch Netzwerke sind nichts anderes als moderne Formen des Herdentriebs. Gerade die junge Generation, in der es erstmals so viele Schlüsselkinder gibt, sucht nach neuen Formen der Verbundenheit.

Die neue Kundenloyalität  

Die moderne Form der Kundenloyalität, nennen wir sie einmal ganz trendig Kundenloyalität 2.0, lässt sich wie folgt definieren:

  • freiwillige Treue
  • emotionale, andauernde Verbundenheit
  • leidenschaftliche Fürsprache

Solche Loyalität ist freiwilliger Natur. Sie ist emotionsbehaftet und geht vom Kunden aus. Den Beweis für seine Loyalität tritt der Kunde durch „Immer-wieder-Käufe“ und durch aktive positive Mundpropaganda an. Das klingt prima, nur leider ist Loyalität heute ein flüchtiges Gut.

Gerade erst hat der Kundenmonitor Deutschland im Rahmen seiner diesjährigen Untersuchung vermeldet: die Kundentreue sinkt, die Wechselbereitschaft steigt. Dies trifft insbesondere auf Lebensmittelmärkte, Stromversorger und Banken zu. Nur noch 51 Prozent (im Vorjahr 57 Prozent) der Befragten würden ihre Bank bestimmt wieder wählen. Bei Mobilfunkkunden betrug diese Rate 41 Prozent, bei Internetanbietern 37 Prozent und bei Fondsgesellschaften nur 25 Prozent.  

Das ist nicht weiter verwunderlich. Die größten Loyalitätskiller heißen:

  • Austauschbarkeit
  • Preis-Aktionismus
  • emotionale Kälte
  • ständig wechselnde Ansprechpartner

Alle genannten Branchen haben bei mindestens einem dieser Punkte Defizite. Loyalität wird am ehesten dem geschenkt, der seine Kunden fasziniert, integriert, involviert und zu aktiven Mitgestaltern seines Marketings macht.

Der Kunde hat die Macht

Nicht länger die Unternehmen, sondern deren Kunden bestimmen inzwischen die Spielregeln, nach denen „Verkaufen“ gespielt wird. Der Kunde stellt die Anforderungen und die Unternehmen führen sie aus – und zwar bitte möglichst gleich! Wer nicht nach den Regeln der Kunden spielt, spielt morgen nicht mehr mit. Denn Geldscheine sind Stimmzettel. Damit wählen wir, oder wir wählen ab. Wenn dem Kunden etwas nicht passt, bleibt sein Portemonnaie eben zu. Und er erzählt allen warum.

Anstatt den bunten Werbewelten zu lauschen, beschaffen sich immer mehr die kaufrelevanten Informationen von Mitmenschen und nicht mehr direkt von den Anbietern. Unternehmen müssen sich daran gewöhnen, dass ihre Kunden die Pressearbeit, den Vertrieb und sogar Innovationsprozesse immer öfter selbst in die Hand nehmen.

Das Web 2.0 ist ihr Helfershelfer. Bewertungsportale und insbesondere die Business-Blogs – in ihren Anfangszeiten noch harmlos als Tagebücher im Internet bezeichnet – haben sich zu höchst einflussreichen Instrumenten von Kundenmacht entwickelt. Sie haben den Kunden zum aktiven Treiber eines neuen Marketings gemacht: dem kundenintegrierenden Mitmach-Marketing. Zunehmend taucht der Begriff „Marketing 2.0“ auf.

Das Mitmach-Marketing

Einseitige Information war gestern, als die Macht noch einseitig beim Anbieter lag. Werbung war ein Monolog: Marken sandten Botschaften, Kunden hörten zu und kauften.  Heute nennen wir solches Vorgehen Spam. Und das nicht nur im Internet:

  • Ungewollte Werbe-Anrufe: Telefon-Spam
  • Penetrante Funk- und Fernsehspots: Wohnzimmer-Spam
  • Grellbunte Massenmailings: Briefkasten-Spam

Was mit teuren Werbegeldern erkauft wurde, landet zumeist im Papierkorb oder wird einfach weggezappt. Progressive Firmen haben schon längst damit begonnen, ihren Kunden eine Bühne für deren Selbstdarstellung zu bieten, sie zu involvieren, zu integrieren und zu kostenfreien Promotern der Unternehmensleistungen zu machen.

Kunden produzieren Anzeigen, sie drehen Werbefilme und kreieren neue Produkte. Die Reaktion der Community ist umso positiver, je mehr die Unternehmen sie machen lassen und passende Plattformen bereitstellen. Der Output wandert als elektronische Mundpropaganda um die ganze Welt - und macht aus Marken Kult.

Das Outsourcing klassischer Unternehmensleistungen an den Kunden ist in zahlreichen Varianten möglich:

  • Umfragen und Abstimmungen
  • User-Ratings
  • Diskussionsforen im Internet
  • Kundenparlamente
  • Focus-Groups
  • Corporate Blogs
  • Mitmach-Brandlands

Der Kunde als Empfehler

Die modernen Kunden-Communities unterscheiden sich wohltuend von den Kundenclubs alten Schlags, die ihre Mitglieder zu passiven Leistungsempfängern, aber nicht zu aktiven Schöpfern machten. Anstatt sie einseitig zu berieseln, gehen progressive Unternehmen mit ihren Kunden heute eine Beziehung ein, in der diese das Sagen haben. So sorgen sie nicht nur für einen „Kick“ im Kopf, sondern vor allem für einen im Herzen. 

Ferner stehen die Chancen gut, dass emotional eingebundene Kunden sich begeistert als aktive Empfehler betätigen, kostenlos, aus eigenem Antrieb und gerne. Das ist Consumer-to-Consumer-Marketing (CtoC). Es findet ganz ohne die Unternehmen statt  und es boomt. Denn Empfehler geben dem Markt Orientierung und reduzieren auf diese Weise Komplexität, Unsicherheit und Fehlentscheidungen.

Das Vertrauen in Hersteller und Händler nimmt ab, das Vertrauen in die eigenen Netzwerke wächst. Wer konsumieren oder investieren will, glaubt eher dem subjektiven Erfahrungsbericht eines ihm völlig unbekannten Dritten als den aufwändigen Hochglanzbroschüren der Anbieter am Markt.

Heute bittet man seine Kunden nicht mehr um eine Empfehlungsadresse, sondern um eine gute Bewertung auf dem entsprechenden Bewertungsportal. Die Währung der Zukunft heißt: vertrauenswürdige Beziehungen. Die Kunden helfen den guten Unternehmen und schaden den schlechten. Und das geht im Netz virusartig rasend schnell.

Das Ende der Lügenbarone

Unternehmen behandeln ihre Kunden besser zufriedenstellend, denn in der Web-2.0-Welt bleibt nichts verborgen. Wer schlechte Leistungen erbringt, verheimlicht, verschleiert, lügt, betrügt und den Kunden über den Tisch ziehen will, hat ein echtes Problem. Untaugliche Produktdetails, unkorrekte Geschäftspraktiken und inkompetente Ansprechpartner können sich die Firmen immer weniger leisten.

Denn dies wird Sekunden später vor der ganzen Welt an den Pranger gestellt – und ist nie mehr zu löschen. Online geäußerte Mund-zu-Mund-Kommunikation ist ein imposantes Ausdrucksmittel von Verbrauchermacht – im positiven wie im negativen Sinne. Auch wenn subjektive gefärbt, so steht sie doch für Wahrhaftigkeit.

Unternehmen brauchen heutzutage also vor allem Menschen, die ihre Produkte, Services und Marken aktiv ins Gespräch bringen. Nicht mehr durch klassische Werbekampagnen, sondern vor allem durch sich selbst organisierende User-Schwärme werden Marken und neue Trends gemacht.

Nicht länger die Presseabteilungen, sondern meinungsstarke Expertenkunden, die sogenannten ‚Market Mavens‘, sichern in Zukunft als Referenzgeber die Reputation eines Unternehmens. Alles, was sie brauchen ist positiver Gesprächsstoff. Eine ausgesprochene Empfehlung ist letztlich der sichtbare und geldwerte Beweis für die Loyalität eines Kunden. Und: Das Neukunden-Gewinnen ist leicht, wenn man viele Empfehler hat.

Das Ziel: Loyalitätsführerschaft

Wer seine Kunden zum Akteur und Gestalter macht, sorgt für Identifikation und emotionale Verbundenheit. Damit werden schmerzhaft hohe Fluktuationsraten verhindert und das Wertpotenzial lukrativer Kunden bleibt erhalten. Das ultimative Ziel: die Vermeidung von Kundenverlusten und der Aufbau der Loyalitätsführerschaft.

Eines ist sicher: Wer als Kunde in die Produkt- und Serviceentwicklung aktiv eingebunden wird und Marketingprozesse maßgeblich mitgestalten kann, der hängt an diesem Unternehmen, der spricht beherzt über seinen Anbieter und wird sein Wohl und Wehe rührig begleiten. Er wird „seinem“ Unternehmen, „seinem“ Ansprechpartner und „seiner“ Marke die Treue halten. Das ist die beste Prävention. Denn wer lässt schon gerne sein „eigenes Baby“ im Stich?

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