MobbingBetriebsklima und Führungsverantwortung

Mobbing kann es überall geben. Arbeitgeber stehen in der Pflicht, es zu unterbinden. Sie müssen Konflikte rechtzeitig ansprechen und entschärfen.

Die Ausgangslage

Mobbing im Arbeitsleben wurde in Deutschland erstmalig im Jahre 2002 im Rahmen einer groß angelegten Repräsentativstudie untersucht. Damals hat die Sozialforschungsstelle in Dortmund im Auftrag des Bundesministerium für Arbeit das „Phänomen Mobbing“ analysiert und mit Zahlenmaterial belegt. Die Ergebnisse sind als Mobbing-Report 2002 veröffentlicht.

Es ergaben sich zwei wichtige Erkenntnisse, die bis heute Gültigkeit haben und die im Umgang mit diesem Thema bedacht werden müssen:

  • Es gibt keinen Bereich, der als „mobbingfreie Zone“ gelten könnte.
  • Das Phänomen zieht sich quer durch alle Berufsgruppen, Branchen und Betriebsgrößen sowie Hierarchiestufen und Tätigkeitsniveaus.

Der Begriff „Mobbing“

In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass nach wie vor große Unsicherheiten bestehen, wann Handlungs- und Verhaltensweisen als Mobbing zu bewerten sind. Diese Problematik stellt hohe Anforderungen an die Führungskraft beziehungsweise  den Arbeitgeber im Umfang mit potenziellen Mobbingfällen und an präventive Maßnahmen.

Grundsätzlich ist Mobbing von Konfliktfällen abzugrenzen, wobei immer zu bedenken ist, dass auch ein Konflikt, insbesondere ein eskalierender Konflikt, in einen Mobbingfall münden kann.

Daraus folgt: Aus diesem Grund sollte ein Konflikt möglichst früh gelöst werden, um einem späteren Mobbingfall vorzubeugen. Denn ein schlechtes Betriebsklima – durch alltägliche Reibereien oder die ständige Angst vor Kündigung und Arbeitsplatzverlust geprägt – ist stets ein idealer Nährboden für Konflikte.

Arbeitgeber sollten deshalb nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsklimas ergreifen und Arbeitnehmer frühzeitig auf Konflikte ansprechen. Führungskräfte sollten in der Lage sein beziehungsweise besonders sensibilisiert werden, schwelende Konflikte schnell zu erkennen und zu bewältigen.

Selbstverständlich dürfen im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts – dies wird auf Arbeitnehmerseite häufig übersehen – Arbeitgeber und die eingesetzten Führungskräfte konkrete Arbeitsanweisungen erteilen. Auch ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt zu kontrollieren, ob der jeweilige Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringt. Die zuständige Führungskraft darf beispielsweise konkrete Arbeitsergebnisse einfordern und hierfür Zeitvorgaben machen, sofern dies nicht allein schikanösen oder diskriminierenden Zwecken dient.

Die Praxis der Arbeitsgerichte

In der Rechtsprechung wird zur Abgrenzung regelmäßig folgende Definition herangezogen:

„Im arbeitsrechtlichen Verständnis erfasst der Begriff des „Mobbings“ fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen.“ (LAG Thüringen, Urteil vom 15.02.2001, Az: 5 Sa 102/00)

Dem ist zu entnehmen, dass Sachverhalte des Mobbings immer Handlungen über einen längeren Zeitraum voraussetzen und einer Systematik folgen müssen.

Merke: Die einmal zu Unrecht erteilte Arbeitsanweisung oder der seltene Streit mit einem Kollegen stellen in der Regel noch kein Mobbing dar!

Die Folgen des Mobbing

Kann der Arbeitnehmer die Mobbingvorwürfe beweisen, drohen dem Arbeitgeber hohe Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Diese können eine Größenordnung von 20.000 bis 30.000 Euro erreichen, wobei in massiven Fällen durchaus auch höhere Beträge aufgerufen werden.

Eine hohe Kostenbelastung stellen für Arbeitgeber im Übrigen krankheitsbedingte Fehlzeiten  dar, die in Mobbingfällen regelmäßig vorzufinden sind.

Für den Arbeitnehmer bedeutet ein gerichtliches Mobbingverfahren eine hohe psychische Belastung und die Fälle enden häufig in einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn auch gegen Zahlung einer Abfindung.

Ein Einzelfall

Unangemessenes Verhalten gegenüber Kollegen rechtfertigt fristlose Kündigung

Eine langjährige Verkäuferin hatte eine junge Kollegin wiederholt vor Kunden in abfälliger Weise kritisiert. Nachdem sich die betroffene Mitarbeiterin beschwert hatte, wurde ihre ältere Kollegin vom Arbeitgeber angewiesen, eine derartige Kritik zu unterlassen. Dessen ungeachtet setzte sie diese in unangemessenem Ton fort und beleidigte weiterhin. Daraufhin wurde sie mündlich abgemahnt. Die Verkäuferin reagierte erneut mit äußerst beleidigenden Worten, was die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zur Folge hatte.

Das Arbeitsgericht Neumünster und in der Berufungsinstanz das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein haben die Kündigung für wirksam erachtet. Dem Arbeitgeber war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung des Verhaltens der Verkäuferin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar. Das Verhalten stelle unter Berücksichtigung der Umstände und unter Abwägung beidseitiger Interessen einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar.

Nach ständiger Rechtsprechung können grobe Beleidigungen, Bedrohungen und tätliche Auseinandersetzungen mit Kollegen geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der betriebliche beziehungsweise branchenübliche Umgangston und die Gesprächssituation. Der Arbeitgeber war aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht für die bei ihm angestellten Mitarbeiter gehalten, zur Wahrung des Betriebsfriedens geeignete Maßnahmen durchzuführen und Entscheidungen zu treffen.

Nachdem die Verkäuferin ihr Verhalten weder nach einem Personalgespräch, noch nach der Abmahnung änderte, sondern die junge Kollegin weiter beschimpfte und bedrohte, blieb nur noch die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit war nicht mehr zu erwarten.

[Timo Hufnagel, Rechtsanwalt (Schmalz Rechtsanwälte)]

Die Prävention

Dem Mobbing kann dadurch der Nährboden entzogen werden, dass das innerbetriebliche Bewusstsein für diese Problematik geschärft wird. Dazu können interne Richtlinien (häufig durch Betriebsvereinbarungen bekräftigt) vorgegeben werden, die dieses Thema behandeln und konkrete Anlaufstellen für Arbeitnehmer zur Lösung von Konflikten benennen sowie Lösungswege beschreiben. In der Praxis haben sich begleitende innerbetriebliche Schulungen zur Prävention bewährt.

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