NebeneffektGruppenarbeit entwickeln und Arbeitsplätze sichern
Ein Gastbeitrag von Gerhard Kullmann, Wolfgang Kötter und Klemens Lange:
Knapp 40 Personen aus 20 Unternehmen folgten der Einladung der GITTA mbH, die wie schon im Vorjahr zu dem Praktikergespräch eingeladen hatte.
Gruppenarbeit, das zeigten die Beiträge und Diskussionen der Teilnehmer dieser beiden Tage, ist vielerorts Normalarbeitsform und die Plattform zur Lösung der alltäglichen Probleme. Sowohl für Unternehmensleitungen als auch für Mitarbeiter ist Gruppenarbeit die grundlegende Form der Arbeitsorganisation und beide sehen ihre Vorteile und Potentiale.
Gleichzeitig muss sich Gruppenarbeit weiterentwickeln und die aktuellen Probleme lösen. Hierbei treten sieben Themenfelder zu Tage:
- Standardisierung von Gruppenarbeit
- Umsetzung des einheitlichen Entgeltrahmens ( ERA) für Arbeiter und Angestellte
- Ausdehnung von Gruppenarbeit auf die indirekten Bereiche
- Zielvereinbarungen als Treiber für die Gruppen
- Einführung von integrierten Produktionssystemen
- Rolle der ersten betrieblichen Führungsebene
- Bedeutung von Gruppenarbeit im Innovationsprozess
Mehr Standards und Vorgaben
Zukünftig müssen mehr Vorgaben und Standards gewährleisten, dass Gruppenarbeit zu mehr Selbstorganisation, mehr Dezentralisierung und zu mehr Verantwortung führt. Sonst wird Sie zum Hindernis.
Dezentralisierung, Selbstverantwortung und Selbststeuerung sind häufig ohne die notwendigen Rahmenbedingungen eingeführt worden. Standards können hier ein guter Weg zu stabilen und berechenbaren Rahmenbedingungen für die Gruppen sein.
Standardisierung ist nicht automatisch ein Rückbau von Gruppenarbeit, sondern führt zu einer der Wettbewerbssituation des Unternehmens angemessenen Form. In vielen Unternehmen tritt Rationalisierung durch Dezentralisierung und Selbststeuerung immer mehr im Zusammenhang mit Gruppenarbeit in den Vordergrund.
Für diejenigen, die in Gruppenarbeit vor allem ein Instrument zur Humanisierung des Arbeitslebens sehen, ist dies sicher eine ernüchternde Erkenntnis. Diese Akzentverschiebung führt nicht zwingend zu schlecht gestalteten Arbeitsaufgaben. Ganz im Gegenteil. Gruppenarbeit bleibt lebendig und entwickelt sich weiter, wenn es gelingt, aus arbeitswissenschaftlicher Sicht gut gestaltete Gruppenarbeit konsequent auszurichten; und zwar auf die Unternehmensziele in puncto Innovation, Flexibilität und Produktivität.
Umsetzung des einheitlichen Entgeltrahmens (ERA) bringt Schub für Gruppenarbeit
Die betriebliche Umsetzung des ERA in der Metall- und Elektroindustrie kann einen deutlichen Schub für Gruppenarbeit bringen, wenn sie in einer Gestaltungspartnerschaft zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung vorangetrieben wird. Bei allen politischen Problemen, die dieser Prozess bringen kann, besteht eine einmalige Chance: Man kann Gestaltungsdefizite von Gruppenarbeit, von Entlohnungsmodellen und von Arbeitszeitmodellen aufgreifen und auf der Basis tariflicher Vereinbarungen regeln.
Es kommt auf die betrieblichen Akteure an, diesen Prozess für eine Weiterentwicklung von Gruppenarbeit zu nutzen, mehr Übereinstimmung zwischen formalen Regelungen und gelebter Gruppenarbeit herbeizuführen, sowie neue Zielkriterien für die Gruppenarbeit zu definieren und im Rahmen der betrieblichen ERA-Umsetzung zu realisieren. Dies kann gelingen, wenn beide Seiten ihre kurzfristigen Begehrlichkeiten im Zaum halten. Auch müssen mit der ERA-Umsetzung die strukturellen Probleme angegangen werden.
Gruppenarbeit erobert das gesamte Unternehmen
Gruppenarbeit verlässt immer mehr das Biotop der direkten Mitarbeiter in der Werkstatt. Sie wird im Gesamtunternehmen zu einer Arbeitsform, die von Selbststeuerung und Kooperation gekennzeichnet ist. Aber je weiter diese Bereiche von der Werkstatt entfernt sind, desto mehr muss am klassischen Gruppenarbeitskonzept gefeilt werden. Wesentlicher Erfolgsfaktor ist hierbei eine in sich stimmige Fortschreibung von gemeinsamen Zielen für die jeweiligen Bereiche.
Eine konsequente Projekt-Managementorganisation kann dabei die Umsetzung von Gruppenarbeit im indirekten Bereich darstellen.
Das Potential liegt in Zielvereinbarung
Die wesentlichen Potentiale für die Weiterentwicklung von Gruppenarbeit bestehen in der klaren und durchgängigen Formulierung und Vereinbarung von Zielen mit den Gruppen und Bereichen. Die von den Gruppen gesetzten Ziele mit den im Top Down Verfahren entstandenen Vorgaben zu verbinden, wird dabei meist als harter, aber hilfreicher Konflikt empfunden.
Allerdings ist die Definition von Zielen und die Einbindung von Gruppenzielen in gesamtbetriebliche Zielsysteme nach wie vor eine der wesentlichen Schwächen der meisten existierenden Gruppenarbeitslösungen. So bleibt es die Herausforderung der Zukunft, Unternehmensziele, Gruppeninteressen und gelebte Gruppenarbeit in Übereinstimmung zu bringen.
Integrierte Produktionssysteme als Chance
Die in vielen Unternehmen zu beobachtende Einführung von ganzheitlichen und integrierten Produktionssystemen ist für die Gruppen und die Organisation der Gruppenarbeit eine Chance. Insellösungen verlieren hierbei ihren isolierten Charakter, Standardisierung kann vorangetrieben werden und einheitliche Werkzeuge und Abläufe für die Arbeit der Gruppen können in diesem Prozess beschrieben werden.
Allerdings verlangen diese ganzheitlichen Systeme für das Produktions-, Produkt-und Informationsmanagement einen Wandel der Organisationskultur. Der Wert von Transparenz und Durchgängigkeit muss sich gegen Bereichsdenken und Besitzstände durchsetzen.
Man muss viel abspecken und pragmatisch Konzepte anpassen, an den Bedarf und die Kapazität kleiner und mittlerer Unternehmen, um mit derartigen Systemen ihrer Situation gerecht zu werden.
Ersten betriebliche Führungsebene entscheidet über den Erfolg
Die erste betriebliche Führungsebene ist das Gesicht des Unternehmens, das die Mitarbeitern sehen. An Verhalten und Leitungsstil legen die Mitarbeiter die Glaubwürdigkeit aller Managementaussagen fest. Deshalb verwundert es nicht, dass Praktiker im Feld der Gruppenarbeit die Frage der ersten betrieblichen Führungsebene mit sehr viel Energie diskutieren. Es gibt eine Bandbreite von Lösungen, die aber eben nicht anhand der benutzten Stellenbezeichnung beurteilt werden darf. Ob diese erste betriebliche Führungsebene Coach, Meister, Gruppenvertreter oder Gruppenkoordinator heißt, spielt für ihre inhaltliche Ausgestaltung nur eine kleine Rolle.
Wichtig ist, dass diese erste betriebliche Führungsebene zur Unterstützung der Gruppen zur Verfügung steht und eine Anbindung der Gruppen an das Gesamtführungssystem des Unternehmens gewährleistet. Zentraler Erfolgsfaktor: die handelnden Personen auf diese Aufgabe angemessen vorzubereiten und dabei zu unterstützen.
Gruppenarbeit unterstützt den Innovationsprozess
Gruppenarbeit kann bei der Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland eine wesentliche Rolle spielen, wenn es gelingt, ihre Vorteile wirklich umzusetzen. Dies sind vor allem ihr Flexibilitätspotenzial und die Beschleunigung von Produktabläufen. Die verstärkte Erfahrung der Mitarbeiter als Vor-Ort-Experten führt zur Beschleunigung des Innovationsprozesses, des Entwicklungsprozesses und letztendlich der Produktabläufe.
Hier gibt es noch erhebliche Reserven. Dieses Potenzial zu nutzen ist eine Anforderung an Gruppenarbeit, die in den letzten Jahren zwar immer wieder postuliert, in den seltensten Fällen aber umgesetzt wurde.
Aus den Erfahrungen der GITTA mbH ist Gruppenarbeit ein kritischer Erfolgsfaktor für erfolgreiche Innovationsprozesse in Deutschland. Gerade die Verbindung der Gruppen zu den Forschungs- und Entwicklungsbereichen der Unternehmen wurde allseits als noch stark verbesserungswürdig charakterisiert. Dabei mangelt es nicht an Konzepten zu dieser Zusammenarbeit, sondern eher an den zu setzenden Prioritäten. In Unternehmen, die jetzt über einige Erfahrung in der Anwendung und im Betrieb von Gruppenarbeit verfügen, kann und sollte dieser Aspekt verstärkte Aufmerksamkeit erfahren.
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