NeubewertungDiversity Management im Wandel

Die Vorteile von Diverstiy Management werden mittlerweile in modernen Unternehmen bewusst genutzt. Diversity Management wandelt sich vom notwendigen Übel zur Quelle neuer Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit.

Entstehung von Diversity Management

Vorreiter finden sich in den amerikanischen Bürger- und Frauenrechtsbewegungen der 1960er Jahren. Da die amerikanische Gesellschaft in besonderer Weise die Aufnahme und Integration unterschiedlichster Gruppen zu leisten hatte, begann die Auseinandersetzung mit dem Thema in den Vereinigten Staaten. Im Zuge der Internationalisierung erfolgte eine Verbreitung dann auch in andere Teile der Welt.

Hierzulande galt Diversity Management bis weit in die neunziger Jahre hinein als Teil betrieblicher Sozialpolitik; Unternehmen fühlten sich von Gewerkschaften, Mitarbeitervertretern oder Öffentlichkeit verpflichtet, die Verschiedenheit der Mitarbeiter nicht nur zu tolerieren, sondern die Chancengleichheit zu verbessern und die soziale Diskriminierung von Minderheiten zu verhindern.

In modernen Unternehmen wandelt sich jedoch inzwischen die Sichtweise auf das Thema: Nicht mehr Antidiskriminierung und Eingliederung Benachteiligter stehen im Vordergrund, es geht vielmehr darum, unterschiedliche Sichtweisen, kulturelle Hintergründe und Erfahrungen im Unternehmen zu nutzen, um Vorteile für das Unternehmen zu schaffen. Einfach ausgedrückt wandelt sich Diversity Management in den Unternehmen heute vom notwendigen Übel zur Quelle neuer Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit. Fortschrittliche Unternehmen erkennen das Potential von Diversity Management, zu Kreativität, Problemlösungsfähigkeit und Systemflexibilität beizutragen und die Erkenntnisse für Marketing und Personalwirtschaft zu nutzen.

Stichwort

Diversity-Management

Diversity-Management ist ein Teilbereich des Personalmanagements und versucht, Vielfalt und Heterogenität der Mitarbeitenden eines Unternehmens konstruktiv zu nutzen sowie potenzielle Nachteile zu vermeiden.

Ausgangspunkte dabei sind unterschiedliche Merkmale der Belegschaft wie Geschlecht, Nationalität und ethnische Zugehörigkeit, Alter, Behinderungen sowie Religionen und Weltanschauungen, aber auch Unterschiede in Bezug auf Lebensstile, unterschiedliche Lebenserfahrungen und sexuelle Orientierungen.

So hat beispielsweise das deutsche Traditionsunternehmen Siemens im November 2008 die Singapur-Chinesin Jill Lee zum Chief Diversity Officer und damit in eine Top-Management-Position des Unternehmens berufen.

Auch Forschung und Lehre erkennen die neue Relevanz und Attraktivität von Diversity Management: Die Fachhochschule für angewandtes Management in Erding hat das Thema aufgegriffen, um seine Bedeutung für die Wirtschaftspraxis zu beleuchten. Ein großer Teil der Studierenden dort ist in das Fach Wirtschaftspsychologie eingeschrieben und verfolgt die aktuellen Entwicklungen mit großem Interesse. Im Wintersemester 2009/2010 kooperiert die Fachhochschule für angewandtes Management in einem Seminar mit Siemens, um neueste Erfahrungen des Global Players Siemens unmittelbar in die Lehre einfließen zu lassen.

Gründe für die Neubewertung von Diversity Management liegen vor allem in der zunehmenden Internationalisierung der Unternehmen. Hinzu kommen demographische Entwicklungen und Tendenzen auf den Arbeitsmärkten, denen sich die Unternehmen stellen müssen. Die wichtigsten Aspekte sollen im Folgenden zusammengefasst werden.

Internationalisierung als Auslöser

Für viele international tätigen Konzerne begann die Auseinandersetzung mit dem Thema durch die Konfrontation mit Leitlinien des Diversity Management amerikanischer Prägung und Forderungen nach einer Gleichstellungspolitik im Unternehmen.

Bald verwies die Berufspraxis jedoch auch auf Vorteile einer diversen Belegschaft: Durch die Zusammenarbeit von Männern und Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen unterschiedliche Sichtweisen zusammen, die zu mehr Kreativität und zu besseren Lösungen führen. Vielfalt gilt nun als Mittel gegen das gefährliche „Gruppendenken“, welches häufig in der Zusammenarbeit von weißen, männlichen Entscheidungsträgern mit ähnlichen Bildungshintergründen zu finden ist und einseitige Entscheidungen fördert.

Auch für das Marketing der Unternehmen erweist es sich als Vorteil, Entsprechungen von Belegschaft und Absatzmärkten in Erkenntnisse über Konsumgewohnheiten, Produktnutzungs- und Kommunikationsverhalten unterschiedlicher Märkte überzuführen und somit für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen.

Demographische Faktoren und Arbeitsmärkte

Die Bevölkerungsentwicklung der meisten Industrienationen lässt sich mit der Formel „von der Pyramide zum Pilz“ beschreiben: Sie zeigt einen Überhang älterer Menschen, deren frühzeitige Verrentung für die Gesellschaften langfristig nicht mehr finanzierbar ist. Es ist folglich nicht nur eine betriebswirtschaftliche Aufgabe, die Zusammenarbeit älterer mit jüngeren Menschen zu optimieren sowie Potenziale und Erfahrungen älterer Menschen zu nutzen.

Ein weiterer demographischer Befund in den westeuropäischen Industrieländern ist, dass zugezogene Bevölkerungsgruppen den durchschnittlich höchsten Geburtenanteil haben. Konkret bedeutet das, dass die Arbeitsmärkte auf der Nachfrageseite in naher Zukunft vom Nachwuchs zugezogener Bevölkerungsgruppen dominiert werden. Ein Ausgleich für die geburtenschwachen einheimischen Bevölkerungen kann aber nur dann stattfinden, wenn entsprechende Integrationsleistungen gelingen.

Erweitert man den Blickwinkel auf die Entwicklung der Weltbevölkerung, so stehen enorme Wachstumsraten beispielsweise in Indien, Brasilien oder im mittleren Osten Negativwachstumsraten in Deutschland gegenüber.

Nicht zuletzt gilt es, den zunehmenden Zerfall herkömmlicher Familienstrukturen und Versorgungssituationen zu realisieren und Frauen endlich faire Berufs- und vor allem Aufstiegschancen in den Unternehmen zuzubilligen. Gerade Deutschland zählt im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht.

Chancen für Unternehmen durch Diversity Management

Wie können nun Unternehmen auf diese Gemengelage gegenwärtiger und künftiger Anforderungen reagieren und versuchen, gleichzeitig die eigene Position im Wettbewerb zu stärken?

Wenn es gelingt, eine tragfähige Diversity-Management-Strategie zu entwickeln und umzusetzen und dadurch eine effiziente, diverse Belegschaft zu entwickeln, kann es dem Unternehmen gelingen, mit Vielfalt

  • nicht nur globale Märkte effizienter zu bearbeiten,
  • sondern den Zugriff auf gute Mitarbeiter zu erhöhen und
  • sich als erfolgreiche Arbeitgebermarke (Employer Branding) zu präsentieren.

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf globalen Märkten

Wachstumsmöglichkeiten sind für deutsche Unternehmen hauptsächlich in globalen Märkten zu finden. Insbesondere die BRIC-Staaten werden in naher Zukunft die Weltwirtschaft dominieren. Nur mit einer Belegschaft, die die Forderungen der Märkte und der Vermarktung in solchen Ländern von Grund auf versteht und deren kulturelle Muster und Geschäftspraktiken für sich zu nutzen weiß, können Unternehmen im globalen Wettbewerb bestehen.

Optimierung personeller Ressourcen

Unternehmen werden es sich nicht länger leisten können, die herkömmlichen Prozesse der Personalrekrutierung, -auswahl und –planung unhinterfragt fortzusetzen. Erinnert sei an den sogenannten „Doppelungseffekt“: Führungskräfte bevorzugen bei der Personalauswahl, insbesondere für die Führungsebene, Kandidaten, die ihnen selbst ähnlich erscheinen. In den westlichen Industriestaaten dominieren deshalb auch weiterhin einheimische, weiße Männer mit ähnlichen Bildungswegen die Führungsetagen. Aufgrund der oben beschriebenen demographischen Entwicklung wird dieser Pool in den kommenden Jahren sich stark verengen.

Gerade globale Unternehmen müssen alle Talente in allen Kulturen in die Personalauswahl einbeziehen, um aus einem hinreichend großen Pool die besten Mitarbeiter schöpfen zu können, gerade auch, um die für Innovationen notwendige Kreativität hervorzubringen.

Profilierung als attraktiver Arbeitgeber

Kulturelle Konflikte im Unternehmen, Frustrationen über nicht realisierbare Karrierewünsche aufgrund demographischer Merkmale und eine auf Männer bestimmter Herkunft ausgerichtete Organisationskultur senken die Arbeitszufriedenheit vieler Gruppen im Unternehmen und verursachen Kosten durch Fluktuation, Fehlzeiten und Leistungszurückhaltung.

Eine sensible Personalpolitik, die einer diversen Belegschaft durch einschlägige Maßnahmen Rechnung trägt und Chancengleichheit signalisiert, erhöht die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter, spiegelt sich folglich auch in besseren Kundenbeziehungen, qualifiziert das Unternehmen nach außen hin als attraktiven Arbeitgeber und sorgt für ein gutes Firmenimage in der Öffentlichkeit.

[Bild: deanm1974 - Fotolia.com]

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