Online Sprachen lernenWelche Vorteile bieten E-Learnings beim Sprachenlernen?
Frau Schnorr, wie relevant ist es heute noch, Sprachen im Unternehmen zu lernen? Die meisten Mitarbeiter können bereits Englisch und das wird ja meist auch vorausgesetzt. Englisch zu beherrschen ist weitgehend zur Selbstverständlichkeit geworden.
In der Schule erwirbt man vor allem die Kompetenz, in einer Sprache zu lesen oder zuzuhören. Die Herausforderung im Unternehmensalltag ist, eine Sprache auch aktiv anzuwenden. Natürlich sprechen viele Mitarbeiter vor allem in den höheren Managementebenen ein gutes Englisch. Für die internationale Kommunikation ist es allerdings im Unternehmensdurchschnitt in den meisten Fällen nicht ausreichend. Stellen wir uns zum Beispiel vor, eine Person hat ein gutes Abitur in Englisch abgelegt. Die gleiche Person muss nun an den Telefonhörer gehen, wenn ein Großkunde aus den USA anruft. In diesen Situationen sind viele überfordert und können die Sprache spontan nicht anwenden.
Manchmal wird die eigene Sprachkompetenz auch überschätzt. Wer etwa in einer Fremdsprache denkt, hat auch das Gefühl, das ausdrücken zu können, was er sagen will. Das Problem in der Praxis ist dennoch, das Gedachte in die richtigen Worte zu fassen. Auch das freie Schreiben ist immer wieder eine Herausforderung. Heute ist es in der unternehmensbezogenen Weiterbildung im deutschsprachigen Raum vor allem wichtig, Englisch auf hohem Niveau und zunehmend auch Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. Denn Unternehmen legen Wert darauf, dass deren Mitarbeiter die Feinheiten einer Sprache beherrschen, um beispielsweise Kundengespräche reibungslos führen zu können.
Wir stellen uns vor, ein Unternehmen wird von einem amerikanischen Konzern übernommen und einige Mitarbeiter auf bestimmten Positionen müssen am besten von heute auf morgen Englisch sprechen können. Wie können diese Mitarbeiter schnell und leicht Sprachen lernen? Viele tun sich ohnehin schwer beim Sprachenlernen.
Wenn schnell eine Sprache erlernt werden soll, bieten Onlinetrainings eine gute Alternative zu Präsenztrainings. Viele Unternehmen haben die Präsenztrainings ohnehin eingestellt und bieten nur noch Onlinetrainings an. Es kann zwar eine Hemmschwelle sein, sich an einen Computer zu setzen, um eine Sprache zu erlernen, aber an den Einsatz neuer Technologien gewöhnen sich die Mitarbeiter rasch.
Der Vorteil beim Online-Lernen ist: Der Lerner absolviert zunächst einen Einführungstest und wird dann auf Grundlage des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens eingestuft. Das anschließende Lernen kann nun orts- und zeitunabhängig stattfinden. Das Programm führt durch die einzelnen Lektionen und Levels und bietet immer wieder motivierende Elemente. Dabei ist für Teilnehmer häufig wichtig, im eigenen Tempo und mit der Möglichkeit zu lernen, Übungen unbegrenzt oft zu wiederholen. Die Lerner können die Inhalte in ihrer „Komfortzone“, losgelöst von traditionellen Unterrichtsgruppen, erarbeiten. Nach einer gewissen Anzahl von absolvierten Lektionen besteht dann die Möglichkeit, an themenbezogenen, virtuellen Klassenzimmern teilzunehmen. Zusammen mit einem Sprachtrainer und anderen Teilnehmern wird das Gelernte angewendet. Oft werden zusätzlich Apps zum Lernen genutzt, um auch von mobilen Endgeräten flexibel auf die Inhalte zugreifen zu können.

Wie organisieren Unternehmen das Online Sprachenlernen?
Häufig stellen Unternehmen Trainingspakete für bestimmte Mitarbeitergruppen mit einem bestimmten Ziel zusammen. Es wird festgelegt, welches Zielniveau erreicht werden soll und ob gegebenenfalls berufs- oder branchenspezifische Inhalte trainiert werden sollen. Dabei können unterschiedliche praxisnahe Module genutzt werden, um das Lernziel zu erreichen. Diese sind zum Beispiel virtuelle Gruppentrainings, die auch eigens für das Unternehmen angeboten werden, Telefontrainings, virtuelle Einzeltrainings oder der persönliche Sprachtrainer. Unternehmen organisieren darüber hinaus oft auch das Rahmenprogramm, also Einführungs- und Abschlussveranstaltungen sowie Zertifikate.
Welche Tipps haben Sie für Mitarbeiter, die selbstgesteuert am Arbeitsplatz eine Sprache lernen müssen.
Eine Voraussetzung für das Online Sprachenlernen ist selbstverständlich, dass die Mitarbeiter Disziplin aufbringen müssen. Das Training bringt natürlich nichts, wenn man es nicht anwendet. Wer sich im Fitnessstudio anmeldet und nicht hingeht, wird davon auch nicht profitieren. Deshalb ist wichtig, dass sich die Lernenden feste Lernzeiten in den Wochenplan einplanen. Das heißt auch, dass sie sich überlegen müssen, wann sie lernen möchten, welche Ziele sie erreichen möchten und wie viel Zeit sie dafür aufbringen können oder müssen. Die Termine für das Lernen müssen wie andere Termine auch fest im Kalender stehen.
Hilfreich für die Entwicklung des Sprachgefühls ist, das Sprachenlernen in den Alltag zu integrieren und dies zur Gewohnheit werden zu lassen. Zum Beispiel mit Hilfe fremdsprachiger Bücher und Filme. Auf diese Weise kann man alles nutzen, was man in die Hände bekommt.
Ein weiterer Punkt, der vor allem die Deutschen betrifft: Deutsche Mitarbeiter haben sehr hohe Ansprüche an sich selbst. Sie meinen, es muss grammatikalisch perfekt sein, wenn sie etwas sagen. Von diesem Anspruch muss man sich verabschieden: Es ist nicht dramatisch, wenn die Aussprache nicht mustergültig ist oder wenn etwas umschrieben wird. Das Wichtigste ist, dass man kommuniziert und sich traut, etwas zu sagen. Dieses Verhalten wird in Meetings deutlich, in denen viele Nationalitäten, beziehungsweise nicht nur Muttersprachler vertreten sind. Dann fällt es leichter zu sprechen, weil man schnell merkt, dass auch die anderen die Sprache nicht perfekt beherrschen. Bei Meetings allerdings, an denen viele Muttersprachler beteiligt sind, sieht das oft anders aus.
Ein wichtiger Punkt ist auch: Sprachenlernen kann Spaß machen. Viele Menschen verbinden Lernen mit der Schulzeit und erinnern sich an den Unterricht mit Vokabellisten und das Auswendiglernen von Grammatikregeln. Davon muss man sich lösen und sich für neue Methoden öffnen.
Frau Schnorr, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Mit Frau Schnorr sprach business-wissen.de-Redakteurin Anette Rößler.
Chancen und Risiken von Online-Sprachenkursen
Chancen von Online-Sprachenkursen:
- Sprachniveau kann leicht geprüft und eingeschätzt werden.
- Lerner bestimmen ihr Lerntempo selbst und passen es individuell an äußere Gegebenheiten an.
- Lerner lernen erst einmal für sich, so dass sie keine Hemmungen beim Sprechen in der Gruppe überwinden müssen.
- Lerner stehen dem Unternehmen für den Zeitraum der Fortbildung zur Verfügung.
- Lerner bekommen Feedback und Motivation über das Sprachlern-Programm.
- Online-Sprachkurse ermöglichen standardisiertes und zentralisiertes Lernen.
- Flexibles Lernen im Arbeitsalltag ist möglich, wodurch keine Räumlichkeiten oder Terminabsprachen wie beim Face-to-Face-Unterricht notwendig sind.
- Kostengünstige Alternative zu Präsenztrainings, vor allem bei großer Anzahl von Lernenden.
Risiken von Online-Sprachenkursen:
- Vorbehalte der Lerner gegenüber dem Einsatz neuer Methoden und Medien.
- Lerner brauchen viel Selbstdisziplin, da sie selbstgesteuert lernen.
- Online-Lernen bietet weniger Interaktion zwischen den Lernern als bei Präsenztrainings.
- Feedback und Motivation kann gegebenenfalls wirkungsvoller sein, wenn sie vonseiten einer Lehrperson geäußert wird.
Über Sabine Schnorr
Sabine Schnorr ist Geschäftsleiterin Deutschland, Österreich, Schweiz bei Rosetta Stone, einem Anbieter webbasierter Sprachlernprogramme.