OutsourcingStimmen Serviceabläufe und Servicequalität noch?
Unternehmen, die sich mit dem Thema Outsourcing beschäftigen, kämpfen mit hohen Personalkosten, restriktiven Strukturen, Kapazitätsengpässen, einer ungenügenden Verteilung der Ressourcen und einer nicht immer zufriedenstellenden Servicequalität. Outsourcing ist ein gewinnbringender Ausweg aus diesem Dilemma. Es reduziert die operativen Kosten – Sach- statt Personalkosten, der Fixkostenblock reduziert sich – und Unternehmen haben Zugriff auf Personal, das intern nicht zur Verfügung steht. Sie können flexibel auf strategische Änderungen reagieren. Mit Outsourcing lassen sich gezielt Verkäufe steigern – Cross- beziehungsweise Upselling bei Bestandskunden – und Neukunden gewinnen. Auch gezielte Maßnahmen zur Reduktion der Kontakte pro Kunde lassen sich damit umsetzen. Outsourcing ist ein mächtiger Effizienz- und Verkaufstreiber – wenn man richtig damit umgeht.
Warum Outsourcing oft misslingt
Oft erweist sich die externe Dienstleistung aber als deutlich teurer und die gewünschte Serviceverbesserung lässt auf sich warten. Das hat verschiedene Gründe:
- Der Fokus liegt zu sehr auf Kostenreduzierung.
- Die Umsetzung erfolgt mit viel Aktionismus auf Basis nicht sauber definierter Leistungs- und Anforderungskataloge.
- Es gibt häufig keine Service-Level-Vereinbarung oder es werden Bearbeitungszeiten definiert, die vorher nicht ausreichend überprüft wurden.
- Das Outsourcing-Modell wurde hinsichtlich Benchmark-Fähigkeit, klarer Verantwortlichkeiten und Kommunikationsstrukturen unzureichend durchdacht.
- In den Vertragswerken werden essenzielle Punkte nicht geregelt wie etwa der Umgang mit Fluktuationsausgleich, Bonus-/Malus-Mechanismen bei der Verfehlung von Leistungsgrenzen oder Anforderungen an die Mitarbeiterführung.
Kenntnis der Serviceziele und deren regelmäßige Überprüfung
Die Korrelation zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit und damit die emotionale Bindung von Kunden ist auch im Outsourcing relevant. Denn wem hilft es, Servicekosten zu reduzieren und auf diesem Weg Kunden zu verlieren? Auch beim Outsourcing müssen die Erwartungen und Anforderungen der Kunden im Vordergrund stehen, denn das oberste Ziel ist: Kunden langfristig emotional an das Unternehmen zu binden.
Unternehmen sollten wissen, was sie von ihrem Lieferanten erwarten und welche Kosten hierfür realistisch sind. Die Serviceziele müssen feststehen und ihre Erfüllung muss regelmäßig überprüft werden. Folgende Faktoren sind wichtig für eine dauerhafte Kundenzufriedenheit:
Bearbeitungszeit
Wenn die Bearbeitungszeit – diese fällt je nach Kontaktgrund unterschiedlich aus – zu hoch ist, ist nicht nur der Kunde unzufrieden. Unternehmen erzeugen damit auch exponenziell steigende teure Folgekontakte.
Erstlösungsquote
Kunden möchten, dass ihr Anliegen oder Problem direkt beim ersten Kontakt gelöst oder zumindest klar beantwortet wird. Wenn ihr Problem zügig gelöst werden konnte, nehmen sie selbst längere Wartezeiten oder schlechte Erreichbarkeiten in Kauf.
Lösungskompetenz der Mitarbeiter
Die Auswahl qualifizierter, fair bezahlter und gut ausgebildeter Mitarbeiter sowie gut strukturierte Prozesse, wie etwa Entstör-Leitfäden bei technischen Problemen, sorgen für eine hohe Lösungskompetenz, die sich auch nicht negativ auf die Bearbeitungsdauer auswirkt.
Faire Behandlung
Eine faire Behandlung von Kunden – und zwar unabhängig von dessen Vertragsstatus und Potenzial – ist als sogenannter Hygienefaktor die Grundvoraussetzung für dauerhaft gute Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden. Die respektvolle Behandlung ist der Schlüssel zur Loyalität und Voraussetzung für die so wichtige Weiterempfehlungsbereitschaft.
Die häufigsten Kündigungsgründe sind hingegen branchenübergreifend:
- Zu lange Bearbeitungsdauer beziehungsweise Problemlösung
- Eine als unfair empfundene Preisgestaltung
- Nicht gewährte Kulanz beziehungsweise kein Entgegenkommen, vor allem bei langjährigen Bestandskunden
- Intransparenz und schlechte oder chaotische Bearbeitung der Kundenanliegen
Wie muss Outsourcing gestaltet werden?
Wer mit effizientem Service Kunden langfristig binden will, sollte deshalb alle Kundeninteraktionsprozesse und Wirkungsmechanismen kennen und den Dienstleister über diese Parameter steuern. Nur wer diese Transparenz schafft, sieht, ob der Dienstleister preislich richtig ausgerichtet ist und ob die geforderten Leistungsparameter erfüllt werden. Grundlage hierfür ist eine exakte Prozesszeitenmessung und Volumenbestimmung. Erst auf dieser Basis sind ein spezifiziertes Lastenheft und eine vernünftige Ausschreibung und Verhandlung von Servicedienstleistungen möglich.
Selbst große Service-Center, die Millionen Endkunden betreuen, haben oft keinen exakten Überblick über die tatsächlichen Prozesszeiten im Service. Support verändert sich mit den Produkten, und damit verändern sich die Lösungswege. Entsprechend findet man in den Bearbeitungsschritten nach einiger Zeit immer mehr Nebenäste und Wildwuchs.
Eine Prozesszeitenmessung lichtet das Dickicht und schafft auch im laufenden Betrieb Abhilfe. Gemessen werden:
Verschwendungszeiten beziehungsweise Zeiten ohne Kundennutzen
Einfluss von Cross- und Upselling auf Bearbeitungszeiträume
Zeiten, die durch Vorgangsunterbrechungen entstehen
Anzahl und Anteil von Mehrfachkontakten
Anzahl und Anteil von Folgekontakten
Anzahl der Weiterleitungen und ihre Hauptursachen wie etwa zu eng gesteckte Kompetenzgrenzen im First-Level sowie ein nicht transparenter und unterschiedlicher Wissensstand in den Teams
Systembedingte Performance-Schwankungen beziehungsweise Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf
Unterschiedliche Arbeitsweisen zwischen Teams
Schnittstellenprobleme
Analyse der Serviceabläufe
Alle zwei bis drei Jahre sollte man die Serviceabläufe unter die Lupe nehmen. Die Analyse ermittelt auch den notwendigen Spezialisierungsgrad der Mitarbeiter. Auch der veränderte Kapazitätsbedarf für eine neu ausgerichtete Marktbearbeitung, für die Einführung neuer Produkte, die Umstellung von CRM-Systemen aufgrund regulatorischer Vorschriften lässt sich damit ermitteln. Erhoben werden diese Daten vor Ort. Auch die Verteilung der Anrufe nach Volumen, Kontaktkanal und Dienstleister beziehungsweise Standort lässt sich festhalten. Die Analyse beantwortet folgende Fragen:
Wie lange brauchen die Servicemitarbeiter durchschnittlich für die Bearbeitung eines Vorgangs?
Wo übersteigt die Bearbeitungszeit das avisierte Soll und warum ist das so?
Welche Schritte gehen schneller, was bleibt liegen?
Wie schnell kann ein professioneller Agent den Prozess abarbeiten im Unterschied etwa zu einem internen Mitarbeiter, der neben dem Telefon noch andere Dinge im Fachbereich erledigt?
Gemessen werden unter anderem die Handling-Zeiten einzelner Arbeitsschritte inklusive Nachbearbeitung, die zeitliche Verteilung innerhalb der Prozesse, Qualitätsmerkmale wie die Anzahl der Prozessabbrüche und die First-Solution-Rate sowie der Anteil schriftlicher und telefonischer Prozesse.
Nicht selten lassen sich durch eine solche Analyse 20 bis 40 Prozent der Servicekosten einsparen mit zusätzlich positiven Kundenzufriedenheitseffekten und der Chance, mehr vertriebsaktive Zeit zu generieren. Zudem erkennt man, an welchen Stellen es im Service hakt und wo die Bearbeitung zu lange dauert. Entsprechend lässt sich dann umstrukturieren. Oder es gelingt, interne, zuvor in Mischtätigkeiten bearbeitete Serviceanfragen intelligent zu bündeln. Auch die Bearbeitung von Beschwerden lässt sich auf Effektivität und „Preis-Leistungsverhältnis“ prüfen. Auf jeden Fall erhält man eine belastbare Grundlage für die exakte Ausrichtung des Outsourcing-Modells.
Dienstleister über KPIs steuern
Darüber hinaus sollten die Fachbereiche KPIs definieren, über die sie die Qualität und Leistung des externen Supports laufend steuern und kontrollieren. Folgende KPIs gehören in jeden Rahmenvertrag mit einem Dienstleister:
Forecast-Erreichung
Auslastungsgrad
Erreichbarkeit
Service Level
First-Solution-Rate
Fachkompetenz
Vertriebskompetenz
Soft Skills
Fazit
Die Kundenerwartungen an einen effektiven und lösungskompetenten Service steigen. Dies und das hierfür notwendige Budget müssen Unternehmen im Blick behalten. Deshalb kommen die Fachbereiche um eine genaue Analyse der Kundeninteraktionsprozesse, dem damit verbundenen zeitlichen und personellen Aufwand und der angestrebten und erreichten Servicequalität nicht herum. Viel zu oft wird zu viel für aufwändige, kaum befriedigende Serviceleistungen bezahlt.
Wer hingegen exakt nachmisst, reduziert seine Kosten, erhöht die Servicequalität und -performance und steigert damit Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Eine Chance, die sich angesichts wechselwütiger Kunden heute niemand entgehen lassen darf.