PersönlichkeitsentwicklungVerhalten ändern durch positive Grundhaltung

Wer sein Verhalten wirklich ändern will, muss in der Änderung auch einen Sinn erkennen. Dazu braucht es eine positive Grundhaltung, die sich aus positiven Erfahrungen speist.

Viele Unternehmen nutzen die sogenannte Kollegiale Fallberatung. Dabei werden nach einer festen Struktur Alltagsprobleme – etwa einer Führungskraft – von ihr beruflich Gleichgestellten gemeinsam betrachtet und versucht, diese zu lösen. Obwohl die nach einer Lösung Suchenden dieses Forum in der Regel motiviert verlassen und gewillt sind, in den Tagen danach gemäß den Lösungsvorschlägen zu handeln, schleichen sich trotzdem immer wieder althergebrachte Denkweisen und Verhaltensmuster ein. Offensichtlich fehlen notwendige Ressourcen, die die eigene Selbstwirksamkeit erlebbar machen und Selbstvertrauen stärken können.

Typischer Ablauf einer Kollegialen Fallberatung

Eine Kollegiale Fallberatung läuft typischerweise so ab:

  1. Schilderung des Falles: Um was geht es?
  2. Verständnisfragen der Kollegen und thematischer Austausch: Was fällt uns dazu ein?
  3. Konkrete Ziel-Formulierung: Was ist das Ziel?

Wichtigstes Element ist das darauffolgende Brainstorming des Beraterkreises zur Lösungsfindung. In der Regel ist eine für den Fallgeber passende Lösung dabei, die gerne aufgegriffen wird. Wird die Führungskraft allerdings einige Wochen nach der Kollegialen Fallberatung zur Umsetzung ihrer Lösung befragt, kommt es häufig zu folgenden Antworten:

  • „Ich hatte bisher noch keine Zeit.“
  • „Der Alltag sieht anders aus und frisst die Lösung auf.“
  • „Die Menschen reagieren anders als in der Beratung angenommen.“
  • „Es fällt mir schwer, über meinen Schatten zu springen.“

Zur Umsetzung einer Lösung braucht es positive Ressourcen

Diese Führungskräfte erkennen aus ihrer bisherigen Erfahrungswelt heraus Widerstände in ihrem Umfeld und spiegeln damit gleichzeitig ihre eigenen Hindernisse. In einer Situation, in der sie sich bisher zwar latent unwohl gefühlt haben, die ihnen aber gleichzeitig gewohnt war, können sie sich nicht plötzlich aufgrund einer kognitiv einleuchtenden Lösung aus der Fallberatung zufrieden fühlen. Was ihnen zur echten Veränderungsabsicht beziehungsweise zur Umsetzung fehlt, sind positive Ressourcen. Diese fehlenden oder zumindest unzureichend vorhandenen Kompetenzen sind ja gerade ein Grund für die entstandenen Probleme.

Selbst wenn die in einer Kollegialen Fallberatung herausgearbeiteten Lösungen oft gut geeignet sind, weil sie von Kollegen mit ähnlichen Praxiserfahrungen erdacht wurden, hat doch jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen im Bewältigen von herausfordernden Situationen gemacht. Auch wenn die Lösung noch so realistisch erscheint, ist sie eben oft auch mit bisher ungewohnten Handlungsstrategien verbunden – sonst hätte die Führungskraft ihr Problem wahrscheinlich selbst gelöst. Oder es wäre erst gar nicht entstanden. Jede Verhaltensänderung ist mit dem Einsatz von Energie verbunden, und dieser Einsatz muss sich lohnen, das heißt Sinn erzeugen.

Haltung zur Veränderung darf nicht ängstlich oder unsicher sein

Die Entscheidung, etwas zu tun beziehungsweise zu verändern, wird im Mittelhirn gefällt. Die den hier entstehenden Bewertungen folgenden Emotionen sollten in die Lösungsplanung einbezogen werden. Denn erst durch eine deutlich positive emotionale Prägung wird aus einem Motiv die Absicht, auch wirklich zu handeln.

Die Motivationsforschung hat herausgefunden: Wenn wir vor einer Wahl stehen, etwas zu tun, geben wir der Variante den Zuschlag, die in uns die besseren beziehungsweise wenigsten schlechten Gefühle verursacht. Das ist der Grund, warum gut gemeinte und faktisch akzeptierte Lösungsvorschläge nicht konsequent aufgegriffen und im Alltag als nicht umsetzbar empfunden werden. Sie ergeben keinen Sinn. Die Haltung zur Veränderung ist ängstlich, zweifelnd oder unsicher.

Vor der beabsichtigten Verhaltensänderung braucht es demnach zunächst eine positive Grundhaltung, um Veränderungen erfolgreich in den Alltag zu integrieren. Erst so kann eine Führungskraft, etwa bei schwierigen Mitarbeitergesprächen, mehr Souveränität und Gelassenheit zeigen. Auch bisherige positive Erfahrungen mit gemeisterten Situationen sorgen für Selbstvertrauen und werden mit entsprechenden positiven Gefühlen und körperlichen Wahrnehmungen verbunden. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Praxis der Kollegialen Fallberatung? Hat sich die Führungskraft für eine passende Lösung entschieden, sind folgende Schritte für die Umsetzung wichtig:

1. Affektbilanz

Die Führungskraft spürt in sich hinein, wie ihr die Lösung gefällt. Dies ist der erste essenzielle Schritt, um ernsthafte Absichten einer Verhaltensänderung zu schaffen. Auf zwei Skalen von 1 bis 10 werden positive und negative Emotionen zur Lösung getrennt bewertet. Sobald Zweifel einsetzt, modifiziert die Führungskraft die Lösung. Weil Worte immer mit Emotionen verbunden sind, hilft dabei oft schon eine andere, griffigere Formulierung. Erst wenn das negative Gefühl den 0-Wert erreicht hat und die positiven Empfindungen zwischen 7 und 10 liegen, ist die Transfersicherheit der Lösung in den Alltag hoch.

2. Ressourcensuche

Die Führungskraft geht nun auf die Suche nach ihren Ressourcen. Das sind alle prinzipiell ähnlichen Herausforderungen, die erfolgreich gemeistert wurden. Diese Ereignisse werden mental hinterfragt:

  • Welches Verhalten, welche Fähigkeiten und Gedanken haben zum Erfolg geführt?
  • Welches Gefühl hat dazu beigetragen?
  • Welche Bilder, Töne und körperliche Empfindungen kann ich dazu wahrnehmen?

Diese Erkenntnisse werden notiert und später mit einem typischen Wort oder einer typischen Bewegung geankert.

3. Verhaltensziele und Maßnahmenpläne

Erst auf dieser mental und emotional gestärkten Basis entwickelt die Führungskraft eine ernsthafte, zweifelsfreie Absicht (Volition), das neue Verhaltensziel konkret umzusetzen. Erst jetzt macht es Sinn, genaue Maßnahmen für die Änderung des eigenen Verhaltens zu entwickeln. Mit dieser sicheren Haltung lassen sich die angestrebten Verhaltensziele mental erfolgreich durchspielen oder in Rollenspielen nachhaltig verankern.

Fazit

Bei bisher unzureichend gelösten zwischenmenschlichen Problemen oder Kommunikationsproblemen im Führungsalltag stellt die beschriebene Kombination von reflektierender Fallberatung und Ressourcenorientierung ein Katalysator für eine wertschätzende Führungskultur dar. Das Erleben eigener Selbstwirksamkeit stärkt das Selbstvertrauen jedes Menschen, ob Mitarbeiter oder Führungskraft. In Zeiten abnehmender Bedeutung hierarchischer Macht und gleichzeitiger Aufwertung sozialer Kompetenz benötigen dies aber gerade Führungskräfte mehr denn je. Diese Werte lassen sich nicht in Rollenspielen trainieren, sondern bedürfen eingehender Reflexion.

Dazu im Management-Handbuch

Ähnliche Artikel

Excel-Tipps