Personalmarketing und Personalbeschaffung beim Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel erfordert ein Umdenken im HR-Bereich. Künftig müssen Personalmanager andere Kompetenzen als nur verwalterische mitbringen.

974.000 offene Stellen hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das zweite Quartal dieses Jahres berechnet. Ein Rekordwert stellt die Nachfrage nach Ingenieuren mit aktuell 96.600 offenen Stellen dar. Demgegenüber geht die Prognose des Statistischen Bundesamts davon aus, dass es 2013 von den 20- bis 50-Jährigen 582.000 weniger als Anfang 2011 geben wird. 2020 werden von dieser Altersgruppe gar 4,8 Millionen im Vergleich zu heute fehlen!

In den letzten Jahre hatten sich die meisten Unternehmen und nahezu alle Großunternehmen dazu entschieden, das Recruiting auf ihrer Webseite mittels Online-Bewerbung zu automatisieren. Dieses Vorgehen wäre in Zeiten des Personalüberschusses wichtig gewesen. Doch heute, in Zeiten des Personal- beziehungsweise Fachkräftemangels, ist es nicht mehr zielführend, Bewerbungen nur an anonymisierte Adressen zuzulassen und zu verlangen, dazu Teile des Lebenslaufs des Bewerbers nochmals in ein System zu schreiben. Es dürfte heutzutage kaum eine Fachkraft geben, die damit einverstanden ist.

Die oben dargestellten Hard Facts führen zwangsläufig wieder zu einer Individualisierung des Recruitings. Das heißt: Das Eingehen auf individuelle Bewerbungen bringt es mit sich, dass sich Personaler künftig bei den Talenten beziehungsweise potenziellen Mitarbeitern „bewerben“, also Headhunting betreiben. Und dies fängt schon bei den Absolventen an. Der Auftritt auf einer Karrieremesse reicht dann bei weitem nicht mehr aus. Sodann wird Personalmarketing zu einer absoluten Priorität der Unternehmensleitung werden, denn die Geschäfte lassen sich mit eklatantem Personalmangel nicht aufrechterhalten.

Organisatorische Konsequenzen: Fürs Personalmarketing...

Da der Personalmarkt für die Unternehmen genauso wichtig werden wird wie der Absatzmarkt, muss das Personalmarketing dem Marketing gleichgestellt werden. Der gesamte Marketing-Mix muss auf das Personalmarketing inklusive die Personalrekrutierung übertragen werden. Dies wiederum bedeutet, die übliche Trennung zwischen Marketing an sich und HR-Marketing aufzugeben. So sollten etwa die Gestaltung der HR-Werbung mitsamt HR-Suchanzeigen den Kommunikationsprofis im Unternehmen überlassen werden. Gleiches gilt für das HR-Portal auf der Unternehmenswebseite. Das heißt: HR-Mitarbeiter müssen die Kommunikationsverantwortlichen einerseits informieren, ihnen andererseits jedoch die Gestaltung dieser Dinge überlassen.

Der Grund: Das unternehmenseigene HR-Portal auf der Webseite muss mindestens die gleiche Attraktivität wie die gesamte Webseite des Unternehmens aufweisen. Ist dies nicht der Fall und schneiden Unternehmen hierbei bezüglich Attraktivität und Glaubwürdigkeit schlecht ab, werden sie nur schwer Mitarbeiter rekrutieren können. Denn wenn Job-Suchende auf Anzeigen in Online-Stellenbörsen reagieren, werden sie zuerst die Webseite des Unternehmens aufsuchen.

...und fürs Berufsbild Personalmanager

1. Professionelle Personalplanung

Da es viel Zeit braucht, für vakante Jobs die geeigneten Leute zu finden, muss jedes Unternehmen über einen konkreten, von der Geschäftsleitung genehmigten Plan für die HR-Entwicklung verfügen. Für Stellen und deren Besetzung muss ein mittelfristiges Budget aufgestellt werden, damit die Personaler rekrutieren können. Personalplaner brauchen also auch Kompetenz für die Unternehmensplanung, sonst können sie ihr eigenes Budget nicht wirklich verstehen und nicht proaktiv werden.

2. Psychologische Kompetenz

Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens hängt vom geistigen Kapital der Mitarbeiter ab. Somit gelten gerade in Zeiten von Personal- beziehungsweise Fachkräfteknappheit ganz andere Prüfgesichtspunkte bei der Auswahl der geeigneten Bewerber: Es müssen die Köpfe gefunden und gewonnen werden, die mit ihrer Intelligenz schnell in die Sachaufgaben eingearbeitet werden können und die zum Charakter des Unternehmens passen. Die Folge für Recruiter: Sie müssen die Persönlichkeitsstruktur der Zielpersonen beurteilen können. Dies gelingt bisher aber nur den wenigsten.

3. Erfahrung

HR-Verantwortliche einschließlich der Rekrutierenden brauchen Erfahrung, das heißt ein tiefes Verständnis für ihr Unternehmen und dessen Management. Da die derzeit für das Recruiting Verantwortlichen mehrheitlich zwischen 25 und 30 Jahre alt sind und nach dieser Station in andere Unternehmensfunktionen wechseln möchten, fehlen hier erfahrene Recruiter in einer Altersspanne zwischen 35 und 65 Jahren.

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