PharmaindustrieNeuausrichtung von Marktforschung und Außendienst erforderlich

Worauf müssen pharmazeutische Unternehmen achten, um Kunden zu gewinnen? Hier finden Sie Tipps, wie Sie die Vertriebseffektivität steigern.

Die Notwendigkeit, den Vertrieb effektiver, aber auch effizienter zu gestalten, steigt, wie in vielen Branchen, auch bei den Herstellern pharmazeutischer Produkte. Das resultiert zum einen aus den veränderten gesundheitspolitischen und pharmaökonomischen Rahmenbedingungen, aber auch aus der Tatsache, dass wir in einer Zeit zunehmender Reizüberflutung leben. Dadurch verstärkt sich bei uns allen der Zwang, Informationen wesentlich stärker zu selektieren, und es erschwert in der Folge erheblich, Werbe- und Produktbotschaften beim verschreibenden Arzt oder – bezogen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel – beim Endverbraucher abzusetzen. Dies gilt für alle Kommunikationsformen, gleich ob klassische Werbung, Public Relations, Direkt-Marketing oder Außendienstbesuch.

Wer den eigenen Vertrieb schlagkräftiger machen will, sollte zunächst die Marktforschung optimieren, deren ureigenste Aufgabe es ist, Informationen über aktuelle Marktentwicklungen zu beschaffen, die für Marketing- beziehungsweise Vertriebs-Strategien und die operativen Maßnahmen benötigt werden. Die Erkenntnisse der Marktforscher sollen es letztlich dem Vertrieb erleichtern, die Kundenansprache präziser, wirkungsvoller, effizienter und damit erfolgreicher zu gestalten.

Emotionale Kaufmotive ergründen

Damit die Botschaften, die der Außendienst den verschreibenden Ärzten beziehungsweise die Werbung den Endverbrauchern übermittelt, wieder stärker wahrgenommen, verstanden und als subjektiv relevant empfunden werden, muss die Marktforschung jedoch ihren Fokus stärker auf die Bedürfnisse und Motivstrukturen der Zielgruppen richten und diese exakter erfassen, als dies bislang üblich ist. Noch konzentrieren sich die Forscher mehr auf Fragen zu Präparatedetails, die für Hersteller, Marketingleiter und Produktmanager wichtig sind, um das "ideale Medikament" auf den Markt bringen zu können.

Künftig ist es indes wichtiger, mithilfe angemessener Erhebungsmethoden zu ermitteln, weshalb sich ein Arzt oder Kunde für die eine oder die andere dargebotene Produktalternative entscheidet. Es ist ebenso wichtig zu erfahren, welche tiefer liegenden Bedürfnisse, emotionalen Motive und Wünsche das Verschreibungsverhalten beziehungsweise das Kaufverhalten von Ärzten und Kunden beeinflussen. Schließlich macht es einen Unterschied, ob ein Arzt zum Beispiel besonders wichtig ist, von seinen Patienten nicht als „Spardoktor" angesehen zu werden, oder ob es ihm darauf ankommt, dass ein Medikament sehr schnell wirkt, damit ihn seine Patienten als „Mann der Tat" wahrnehmen.

Derartige Informationen über den subjektiven emotionalen Nutzen, den persönlichen Vorteil einer Produktkategorie oder Marke für den verschreibenden Arzt beziehungsweise Kunden sollten systematisch erhoben werden. Gleiches gilt für die Patientenstruktur von Arztpraxen, dem Kassenstatus der Behandelten und in welchem Maße die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen Einfluss auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte haben.

Neben den Befunden der Marktforscher und den Daten von externen Studien sind insbesondere auch alle Informationen, die die Außendienstler in Bezug auf die Motivstrukturen und das Verschreibungsverhalten ihrer Kunden liefern können, in einem CRM-System zu erfassen. Trotz und gerade wegen ihrer Komplexität sind alle Daten zu berücksichtigen, denn so wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Vertrieb später gleichermaßen effizient wie effektiv handeln kann.

Zielgruppen segmentieren

Das genutzte CRM-System sollte es ermöglichen, sämtliche Daten und Informationen über Ärzte und Kunden nach definierten Kriterien auszuwerten und Cluster zu bilden, damit sich Zielgruppen segmentieren, deren Umsatzpotenziale detailliert beschreiben, das Account-Management professionalisieren und konkrete Vertriebsmaßnahmen ableiten lassen. Viele Merkmale treffen schließlich nicht nur auf eine Einzelperson beziehungsweise Einrichtung, sondern auf mehrere Verordner oder Kunden zu. Es empfiehlt sich beispielsweise auch, mithilfe dieses Systems zu analysieren, welche Ärztegruppe und welche Krankenhäuser das höchste Absatzpotenzial haben, welche Ärztegruppen und Fachabteilungen die meisten Patienten mit einer bestimmten Indikation behandeln oder in welchem Produktsegment Wettbewerber erfolgreicher verkaufen.

Des Weiteren können Detailanalysen herausfinden, ob Ärzte, die die Vorteile eines Produktes besser kennen, es häufiger verschreiben als diejenigen, denen diese Kenntnisse fehlen. Oder es zeigt sich etwa, dass es sich positiv auf die Umsätze auswirkt, wenn ein Arzt bereits in der Vergangenheit das Präparat häufiger verschrieben hat.

Profiling und Targeting

Eine Maxime ist im Vertrieb besonders zu beherzigen: Jeder Arzt, jeder Kunde ist anders und einzigartig. Und jeder Einzelne von ihnen möchte auch so behandelt werden. Gemäß seinen individuellen Bedürfnissen und Wünschen. Damit dies gelingt, müssen Arzt/Kunde sowie deren Bedürfnisse, Interessen, Kaufmotive und Entscheidungskriterien bekannt sein. Diese Informationen zu beschaffen, ist, wie erwähnt, Aufgabe der Marktforschung und des Außendiensts.

Ein zusätzliches Profiling der verordnenden Ärzte und Krankenhäuser innerhalb der Segmente verdeutlicht deren Bedürfnisse, Erwartungen, Interessen und Zukunftspläne. Dieses Wissen können die Key Account Manager nutzen, um mit ihren Kunden Anknüpfungspunkte zu finden, optimale Lösungen zu erarbeiten, eine engere Kundenbeziehung herzustellen, langfristige Verträge abzuschließen und dadurch die Wertschöpfungskette effizienter zu machen. Die Erfahrung zeigt: Ärzte schätzen individuelle Empfehlungen und Lösungen, da sie ihren eigenen Aufwand reduzieren, sich über die Vor- und Nachteile eines Präparats oder einer Lösung ausführlich informieren zu müssen. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Key Account Manager. Dieses Vertrauen entwickelt sich schneller, wenn der Arzt spürt, dass es dem Vertriebsmitarbeiter nicht allein um den Verkauf von Produkten, sondern um die Befriedigung der Kundenbedürfnisse geht.

Die Marktsegmentierung erleichtert auch das Targeting und damit die Festlegung geeigneter Kommunikationsinstrumente und Distributionskanäle. Die Mittel für Werbung, Public Relations und Direktmarketing können in der Folge zielgerichteter und damit wirtschaftlicher eingesetzt werden, da die einzelnen Maßnahmen stärker auf die interessierten Ärzte und Kunden zugeschnitten werden können. Dadurch steigt das Vermarktungspotenzial signifikant. Je sorgfältiger die Zielgruppen klassifiziert werden, desto höher ist der spätere Vertriebserfolg. Zudem reduziert sich der Aufwand, die Kunden zu bearbeiten, sodass auch dies die Vertriebseffizienz erhöht.

Voraussetzung für all dies jedoch:

  • systematisch Marktforschung betreiben,
  • qualitative sowie quantitative Daten sammeln und
  • diese Informationen klug analysieren.

Der Aufwand lohnt, schließlich ist allgemein bekannt, dass es einfacher ist, die Zahl der Verschreibungen von bestehenden Verordnern zu erhöhen, als neue Verordner und Kunden zu akquirieren.

Selbstverständlich wirkt sich dieses Vorgehen auch auf die Vertriebsorganisation aus, wenn zum Beispiel deutlich wird, dass sich infolge verstärkter Netzwerkbildung die Kundenstruktur verändert hat. Auch neue Vergütungsmodelle für den Außendienst sind die Folge, um die Leistungen angemessen zu beurteilen, etwa die Zahl langfristiger Kassenverträge.

Last, but not least hat diese Form der Marktbearbeitung auch Konsequenzen für jeden einzelnen Vertriebsmitarbeiter, die nicht nur Produktkompetenz, sondern vermehrt betriebswirtschaftliches Know-how, Verhandlungsgeschick und strategischen Wissen benötigen, um sich langfristig als Partner ihrer Kunden zu etablieren.

Checkliste: Wie Sie Ihre Vertriebseffektivität steigern

  1. Achten Sie darauf, dass die Marktforschung die emotionalen Kaufmotive Ihrer Kunden identifiziert.
  2. Erheben Sie auch über Ihren Außendienst systematisch Kundeninformationen.
  3. Kombinieren Sie diese Daten mit Daten aus externen Marktstudien.
  4. Pflegen Sie sämtliche Daten in ein professionelles CRM-System ein.
  5. Segmentieren Sie die Daten in Marktbereiche und Kundengruppen.
  6. Ergänzen Sie die Kundensegmente durch ein aussagefähiges Profiling.
  7. Nutzen Sie Targeting, um die Kommunikation und Distribution zu optimieren.
  8. Prüfen Sie, inwieweit Sie Ihre Vertriebsorganisation der neuen Vorgehensweise anpassen müssen.
  9. Ermitteln Sie den Qualifizierungsbedarf Ihrer Außendienstmitarbeiter, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können.
  10. Führen Sie regelmäßig ein Vertriebscontrolling durch.

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