ProjektmanagementWie mit Ressourcen in Projekten umgehen?
Würden Unternehmen stets nur an einem einzigen Projekt arbeiten, blieben die meisten Ressourcen ungenutzt. Daher versuchen sie, ihre Wirtschaftlichkeit durch die Bearbeitung mehrerer Projekte gleichzeitig zu optimieren. Diese Projekte sind idealerweise zeitlich so angeordnet, dass die Ressourcen, also auch Mitarbeiter, optimal ausgelastet sind. Daraus ergibt sich die typische Matrixorganisation eines Multiprojekt-Unternehmens:
- Die Projektmanager sind dafür zuständig, die bereitgestellten Ressourcen zielorientiert und effizient zu nutzen.
Ressourcenmanager (Bereichs-, Abteilungs- oder Teamleiter) sind dafür zuständig, Mitarbeiter für die Projekte bereitzustellen.
Die eingesetzten Ressourcen werden während der Laufzeit des Projekts in unterschiedlicher Intensität genutzt.
Ressourcen sind nicht immer voll ausgelastet
Mitarbeiter kosten Geld; sie müssen auch dann bezahlt werden, wenn sie gerade nichts zu tun haben. Ressourcenmanager sind deshalb dafür verantwortlich, die Mitarbeiter möglichst gut auszulasten. Oft werden die Ressourcenmanager daran gemessen, welcher Anteil der Arbeit ihrer Mitarbeiter auf Projekte gebucht werden kann. „Jeder muss ständig beschäftigt sein“ ist eines der oft ungeschriebenen Gesetze. Der Auftragseingang sowie die gewünschten Liefer- oder Endtermine der Projekte richten sich allerdings nicht nach der optimalen Auslastung von Mitarbeitern und anderen Ressourcen, sondern nach den geschäftlichen Notwendigkeiten der Kunden. Projektmanager können die Projektpläne daher kaum so aufbauen und aufeinander abstimmen, dass alle Ressourcen kontinuierlich voll ausgelastet sind.
Bei der Umsetzung der Projekte kommt es ohnehin oft anders als geplant: Ein verspätetes Projekt benötigt beispielsweise einen Mitarbeiter, der schon für ein anderes Projekt arbeiten soll. Mit anderen Worten: Die Nachfrage nach bestimmten Ressourcen schwankt mitunter sehr stark. Mal werden viele Entwickler angefordert, mal wenige. Mal sind die Entwickler überlastet, mal haben sie relativ wenig zu tun. Ein ausgeglichener Zustand ist aufgrund von Variabilität weder theoretisch möglich noch kommt er in der Praxis vor. Ressourcenmanager stecken daher in drei chronischen Entscheidungs- und Handlungskonflikten beziehungsweise Dilemmata.
Mehr oder weniger Kapazität für Projekte aufbauen?
Um Projekte einerseits immer ausreichend mit Ressourcen versorgen zu können, müssen Ressourcenmanager so viele Ressourcen bereithalten, dass sie auch bei starker Nachfrage danach genügend Kapazität haben. Sie brauchen – ähnlich wie Stromversorger – Reserven, bei denen genügend Kraftwerke bereitstehen, um auch in Spitzenzeiten das Stromnetz stabil zu halten. Ressourcenmanager benötigen also Überkapazität, wobei sie in ruhigen Zeiten dafür den Preis zahlen müssen, nicht ausgelastet zu sein.
Andererseits: Um Verschwendung (unnötigen Mittelabfluss) zu vermeiden, dürfen signifikante Überkapazitäten auf keinen Fall aufgebaut werden. Immer wenn die Auslastung eines Bereichs unter einen bestimmten Wert sinkt, wird zwangsläufig – seitens der Geschäftsführung oder des Controllings – die Frage auftauchen, ob man nicht zu viele Ressourcen hat. Das Dilemma: Sowohl die Vermeidung von Verschwendung als auch die gute Ausstattung von Projekten mit Ressourcen sind zwingende Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen erfolgreich ist.
Wie sich Ressourcenmanager auch entscheiden, sie stehen immer im Konflikt: Wollen sie die Versorgung der Projekte durch Überkapazitäten sichern, handeln sie sich Ärger mit dem Controlling und der Geschäftsleitung wegen zeitweise freier Kapazitäten ein. Bauen sie die Überkapazitäten ab oder gar nicht erst auf, so beklagen sich die Projektmanager, denen die Ressourcen im entscheidenden Moment für ihr Projekt fehlen. Die Lösung: Durch fokussierte Aufmerksamkeit seitens des Managements sowie Singletasking der Ressourcen, das heißt Ressourcen werden nicht durch schädliches Multitasking belastet, steigt die Kapazität der eingesetzten Ressourcen. Es ist zunächst nicht nötig, zusätzliche Ressourcen aufzubauen. Projekte werden anhand der Kapazität des Engpasses (ein Team oder eine Projektphase) gestaffelt. Folge: Alle anderen Bereiche haben genügend Ressourcenkapazität für die Projekte. Mitarbeiter und Ressourcenmanager werden nicht mehr danach beurteilt, wie stark die Ressourcen ausgelastet sind.
Freie Kapazitäten zeigen oder nicht?
Um einerseits zuverlässig zu sein, dürfen Ressourcenmanager auf keinen Fall freie Kapazitäten sichtbar machen. Denn: Freie Kapazitäten werden abgebaut oder genutzt. Beides belastet die Zuverlässigkeit des Bereichs. Andererseits müssen Ressourcenmanager freie Kapazitäten unbedingt sichtbar machen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. Nur wenn Kapazitäten frei sind, können mehr Projekte angeboten beziehungsweise realisiert sowie die Projekte zu wettbewerbsfähigeren Preisen angeboten werden.
Das Dilemma: Um in ihrer Arbeit als erfolgreich zu gelten, müssen Ressourcenmanager sowohl die Zuverlässigkeit ihres Bereichs sicherstellen als auch einen sichtbaren Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens leisten.
Die Lösung: Freie Kapazitäten werden automatisch sichtbar gemacht. Mitarbeiter und Ressourcenmanager werden nicht mehr danach beurteilt, wie stark die Ressourcen ausgelastet sind.
Mehr zusagen als der Bereich leisten kann?
Um die Ressourcen stets effizient zu nutzen und keinen Leerlauf zu haben, müssen Ressourcenmanager einerseits mehr Arbeit beziehungsweise Projekte an die Unternehmensleitung zusagen als ihre Bereiche tatsächlich leisten können. Denn: Es kommt oft vor, dass Projekte abgebrochen werden oder erst später als geplant in einem Ressourcenbereich ankommen; dann droht Leerlauf. Um den Projekten zuverlässig die erforderlichen Ressourcen geben zu können, dürfen Ressourcenmanager andererseits aber nicht mehr zusagen, als ihre Bereiche leisten können. Denn: Es ist nicht sicher, in welchem Umfang Projektabbrüche und Verzögerungen vorkommen.
Die Lösung: Projekte werden anhand der Kapazität des Engpasses (ein Team oder eine Projektphase) gestaffelt. In direkter Konsequenz verfügen alle anderen Bereiche über genügend Ressourcenkapazität für die Projekte.
Ressourcenmanager können nicht mehr zusagen, als ihre Mitarbeiter leisten können, weil die Planung der Arbeitslast am Engpass erfolgt und nicht mehr durch die Detailplanung der Ressourcenmanager. Da in den meisten Unternehmen die „lokale Effizienz“ eine dominante Rolle bei der Bewertung von Ressourcenmanagern einnimmt, sagen diese tendenziell mehr zu als ihr Bereich leisten kann. Auch werden freie Kapazitäten eher verschleiert, um sie künstlich zu verknappen. Das mag zwar aus Sicht des Ressourcenmanagers plausibel sein, ist allerdings fatal für das Unternehmen.
Jedes Projekt ist ein Kampf um Ressourcen
Die knapp gehaltenen beziehungsweise künstlich verknappten Ressourcen erzeugen Probleme für die Projektmanager, die die Verantwortung dafür tragen, ihre Projekte rechtzeitig, im Kostenrahmen und mit den vereinbarten Inhalten abzuschließen. Sie planen die Ressourcen für ihre Projekte ein, können aber nicht davon ausgehen, dass die Ressourcen in dem Moment, in dem sie benötigt werden, tatsächlich zur Verfügung stehen. Stattdessen müssen sie während der Realisierung der Projekte immer wieder darum konkurrieren – zumindest um bestimmte Schlüsselressourcen.
Wenn unter Zeit- und Kostendruck stehende Projekte um Ressourcen konkurrieren, müssen bestimmte Projekte zu Lasten anderer bevorzugt werden. Die Manager benachteiligter Projekte sind mit der jeweiligen Prioritätsentscheidung nicht einverstanden, denn ihre Chancen, zuverlässig zu liefern, sinken. Um die ihnen nicht zur Verfügung gestellten – beziehungsweise in Folge einer geänderten Priorisierung abgezogenen – Ressourcen zu bekommen, müssen Projektmanager aktiv werden:
Sie überbewerten die Bedeutung ihres Projektes sowie den möglichen Schaden durch die Verspätung
Sie knüpfen und nutzen Netzwerke
Sie üben Druck aus
Sie eskalieren an höhere Managementebenen
So wird aus der Konkurrenz um Ressourcen ein Kampf um Ressourcen. Auf Basis dieser Überlegungen wundert es kaum, dass die besten Projektleiter heute in erster Linie Beziehungsmanager sind. Je besser sie ihr Netzwerk im Unternehmen geknüpft haben, desto leichter werden sie über ihre Beziehungen an die nötigen Ressourcen kommen – und desto erfolgreicher sind ihre Projekte. Mit dieser Strategie ist der gesamten Organisation jedoch nicht geholfen.