ProjektmanagementZeitpuffer streichen und Stress vermeiden
Immer dieses Gejammer über mangelnde Termintreue. Das scheint das größte Problem im Projektmanagement zu sein. Oder erleben Sie es regelmäßig, dass Projekte zu früh fertig werden? Dabei wird ein riesiger Aufwand betrieben, pünktlich fertig zu werden: Heerscharen von Leuten sind am Werk, Ad-hoc-Teams aus internen und externen Arbeitskräften leisten zahllose Überstunden, es gibt die unterschiedlichsten Pläne, die aufgestellt, umgeworfen, neu erstellt und wieder umgeworfen werden. Es gibt Ärger und Druck, Höchstleistung und Frust. Welch ein Aufwand, welch enorme Kosten, welch ein Stress! Und um das zu vermeiden, werden ganz intuitiv die Pufferzeiten in den Projektplänen erhöht. Klingt ja auch erst einmal logisch. Wenn größere Puffer eingebaut werden, also mehr Zeit für die Abwicklung und etwaige Schwierigkeiten bleibt, dann erhöht das die Termintreue. Wie kontraproduktiv die Intuition doch manchmal sein kann.
Durch Zeitpuffer laufen mehrere Projekte parallel
Ein größerer Puffer in der Planung bedeutet, dass der Auftrag beziehungsweise das Projekt früher freigegeben und gestartet wird, weil dafür mehr Zeit vorgesehen ist. Also laufen mehr Projekte parallel. Und der Mechanismus ist jetzt wie im Supermarkt: Wenn da mehr Kunden im Laden sind, dann werden Warteschlangen natürlich länger, und als Kunde brauchen Sie mit Ihrem Wagen auch länger, bis Sie an den Kassen vorbei sind. Dann schlägt auch noch die Realität plötzlich zu, wenn eine Pädagogik-Studentin mit einer „5-Minuten-Terrine“ in der Hand und fragt: „Entschuldigung, darf ich mal durch? Ich hab ja nur ein Teil.“ Na ja, und selbst wenn Sie auf den Augenaufschlag nicht reinfallen, dann eben der Typ vor Ihnen.
So läuft es in Unternehmen auch. Die halbfertigen Produkte hängen in einer endlos scheinenden Warteschlange, sind irgendwann kurz vor dem Ziel – und dann kommen Chef-Projekte und Eilaufträge. Die werden dann mit guter Absicht vorgezogen, wohl wissend, dass jetzt andere Projekte länger warten müssen. So wird der Bestand an laufenden Arbeiten immer höher, weil nicht die Rest-Zeit bis zum Termin steigt, sondern die Projektbearbeitungszeiten beziehungsweise Wartezeiten vor der Bearbeitung. Die Folge? Eine noch schlechtere Termintreue. Und zwar generell. Für alle Projekte. Also genau das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich erreichen wollten. Dann fragen Sie sich, wo der Puffer geblieben ist, und denken, dass Ihnen nichts anderes übrig bleibt, als einen noch größeren Puffer einzubauen. Welch teuflischer Teufelskreis!
Nur die Nettozeit eines Prozesses einplanen
Seien Sie also ruhig einmal mutig und tun genau das Gegenteil von dem, was Sie reflexartig tun wollen. Reduzieren Sie die Puffer! Nicht komplett, aber drastisch. Schließlich ist es gerade die Pufferzeit, die Sie in die Bredouille gebracht hat. Es ist doch ein interessantes Experiment, wirklich nur die Zeit einzuplanen, die ein Prozess braucht, wenn alles perfekt läuft – die Nettozeit eben. Und sämtliche gewonnenen Puffer addiert ans Ende des Projekts zu packen. Dann bleiben die Puffer im Projekt – aber eben außerhalb des Prozesses. Kleiner Unterschied, große Wirkung. Wer so konzentriert arbeitet, weniger Dinge gleichzeitig laufen lässt, regelmäßig überprüft, wie viel Prozent des Gesamtpuffers verbraucht sind, und dann die Mitarbeiter entscheiden lässt, was sinnvoll und möglich ist, um an den richtigen Punkten das Tempo zu erhöhen, der kriegt das Termintreue-Problem vielleicht in den Griff. Und hat sicherlich weniger gestresste Mitarbeiter.