Rede haltenZwei Techniken für spontane Reden
Nicht immer haben wir Zeit, einen Wortbeitrag in aller Ruhe auszutüfteln und so lange zu bearbeiten, bis alles passt. Manchmal gibt es Situationen, in denen wir ad hoc gefordert sind und etwas Sinnvolles sagen müssen. Zum Beispiel dann, wenn wir in einer Sitzung spontan nach unserer Meinung zum neuen Projekt befragt werden, bei der Geburtstagsfeier der Geschäftsleitung unerwartet ein paar warme Worte aus dem Ärmel schütteln oder beim Neujahrsempfang eines Kunden ein paar Sätze sagen sollen.
In solchen Situationen bietet sich der Rückgriff auf zwei Redestrukturen an, die jeweils mit gezielten Fragestellungen zu Ideen für spontane Reden führen:
Redetechnik: Von der Vergangenheit in die Zukunft
Hier geht es um folgende Fragen, die in einer spontanen Rede nacheinander abgearbeitet werden:
- Was war gestern?
- Was ist heute?
- Was wird morgen sein?
Nahezu jedes Thema hat eine Vergangenheit: Sie können erzählen, wie etwas entstanden ist und sich entwickelt hat, was Sie erlebt haben oder welche Hürden und Erfolge es auf dem Weg gab. Dies nimmt in der Regel den größten Teil der Rede in Anspruch. Schöpfen Sie aus dem Vollen und denken Sie an persönliche Erfahrungen und Erlebnisse, denn Zahlen, Daten und Fakten sind auf die Schnelle oft nicht zu bekommen. Anschließend schildern Sie die aktuelle Situation, wie zum Beispiel den Stand eines Projekts, die Ertragslage eines Unternehmens oder die Stimmung der beteiligten Personen und schließen mit dem Blick in die Zukunft:
- Wo soll die Reise hingehen?
- Was wünschen Sie sich oder Anderen?
- Was fordern oder empfehlen Sie?
- Welche Hoffnungen haben Sie?
Gerade bei Stegreifreden besteht die Gefahr, zu sehr auszuschweifen. Achten Sie deshalb besonders auf einen knackigen, klar erkennbaren Schluss. Hier ein Beispiel für eine spontane Rede mit der Abfolge „von der Vergangenheit in die Zukunft“:
Rede nach dem Schema "Gestern-Heute-Morgen"
Sie sind als langjähriger Lieferant eines Fahrradgeschäftes bei der Eröffnung einer neuen Filiale anwesend und sollen ein kurzes Grußwort sprechen. Nach der Methode des „Gestern-Heute-Morgen“ könnte das folgendermaßen aussehen:
Vergangenheit (gestern):
„Ich kann mich gut erinnern, als Sie, lieber Herr Schulte, dieses Unternehmen vor 20 Jahren gegründet und das erste Geschäft in der Berliner Straße eröffnet haben. Ein kleiner Laden mit ungefähr 50 Fahrrädern. Die Menschen stürmten regelrecht das Geschäft und nach einem halben Tag waren alle Fahrräder verkauft. In einer nächtlichen Hauruck-Aktion haben wir damals für Nachschub gesorgt, damit der Betrieb am nächsten Tag weiterlaufen konnte. Welch großartiger Start! Schon bald war klar, dass der kleine Laden nicht mehr reichte und eine größere Verkaufsfläche her musste. Es folgte das zweite Geschäft in der Überlinger Straße, dann das dritte, vierte ... und nun sind Sie bei der siebten Filiale angekommen.“
Gegenwart (heute):
„Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu dieser tollen Entwicklung, die Sie zu dem gemacht hat, was Sie heute sind: der führende Radhändler in der Stadt! Aus einem Ein-Mann-Betrieb wurde ein Unternehmen mit 80 Verkäufern und Technikern. Aus einem Lager mit 50 Fahrrädern wurde eines mit 2.000. Doch trotz dieser Größe ist eines geblieben: Ihre Herzlichkeit und die große Begeisterung für den Radsport. Ich freue mich sehr, dass ich Sie all die Jahre begleiten durfte.“
Zukunft (morgen):
„Lieber Herr Schulte, für die Zukunft wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg und uns gute Geschäfte! Ich bin schon sehr gespannt, wo die nächste Radhaus-Filiale ihre Pforten öffnen wird.“
Redetechnik: Der Weg zum Ziel
Hier geht es um folgende Fragen, die in einer spontanen Rede nacheinander abgearbeitet werden:
- Wie sieht die Ist-Situation aus?
- Wie sieht die Soll-Situation aus?
- Wie sieht der Weg von Ist nach Soll aus?
Nachdem Sie die Ausgangslage rund um Ihr Thema beschrieben und die Zuhörer ins Boot geholt haben, zeigen Sie auf, wie es eigentlich sein sollte und bieten Lösungen an.
Rede nach dem Schema "Ist-Soll"
Sie sollen in einem Meeting ein kurzes Statement zur Ertragsentwicklung Ihrer Vertriebsregion formulieren. Mit der Ist-Soll-Struktur können Sie straff die wesentlichen Aspekte zusammenfassen:
Ist-Situation:
„In den ersten drei Monaten des Jahres lag die Ertragsentwicklung deutlich hinter unseren Erwartungen zurück. Während die Vertriebsregionen Süd, Nord und Ost Rückgänge zwischen 25 und 30 Prozent hinnehmen mussten, konnten wir im Westen die Ertragseinbußen auf 15 Prozent begrenzen.“
Soll-Situation:
„Zufrieden sind wir mit dem Ergebnis allerdings nicht, hatten wir doch für das laufende Jahr ein Plus von zehn Prozent geplant.“
Von der Ist- zur Soll-Situation:
„Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, sind die folgenden drei Schritte nötig:
- Wir intensivieren den persönlichen Kontakt zu unseren Kunden. Bei Bedarf mit Unterstützung durch externe Verkaufstrainer beziehungsweise Coaches.
- Ein wöchentliches Controlling der Absatzzahlen zeigt zeitnah auf, wo Handlungsbedarf besteht.
- Gezielte Werbemaßnahmen in Printmedien und im Fernsehen unterstützen unsere Aktivitäten im zweiten Halbjahr.“
Mit diesem roten Faden bleiben Sie in nahezu jeder Situation redefähig und sind immer in der Lage, ein paar sinnvolle Sätze zu formulieren. Übrigens: Wenn Sie mit der Bitte nach einem kurzen Statement förmlich überrumpelt werden, bedeutet das nicht, dass Sie wie aus der Pistole geschossen beginnen müssen. Atmen Sie zunächst tief durch, geben Sie gegebenenfalls die Fragestellung noch einmal in Ihren eigenen Worten wieder und entscheiden Sie, welche Struktur Sie einsetzen möchten. Damit gewinnen Sie Zeit, um Ihre Gedanken zu sortieren – und das Gespenst „Stegreifrede“ verliert seinen Schrecken.