RestrukturierungSo stabilisieren Sie die Erfolge des Turnarounds
Wenn Sie wissen, wo Ihr Unternehmen steht und die ersten notwendigen Maßnahmen umgesetzt haben, sollten Sie Ihre Mitarbeiter, Geschäftspartner, Behörden, Kapitalgeber und Kunden informieren, damit Ihre nächsten Schritte erfolgreich sind.
Preiserhöhung umsetzen und Vertrieb kontrollieren
Setzen Sie eine einzige Preiserhöhung zu einem bestimmten Stichtag um. Informieren Sie niemanden vorab, denn das schafft nur weitere Probleme. Preissensitive Kunden werden sich ohnehin bei Ihnen melden und sich beschweren. Auch Ihr Vertrieb wird nicht begeistert sein, denn die neuen Preise machen ihm das Leben schwer. Kontrollieren Sie daher unbedingt, ob die Preiserhöhung dort nicht mit verdeckten Maßnahmen kompensiert wird. Gelegentlich greift der Vertrieb zu folgenden Mitteln:
- Er gibt erhöhte Rabatte.
Er verrechnet bisher verrechnete Dienstleistungen wie etwa Transport nicht mehr.
Er erhöht die Skonti.
Er verlängert das Zahlungsziel.
Weisen Sie bereits zu Beginn darauf hin, dass Sie die Umsetzung der Preiserhöhung direkt kontrollieren. Jene Mitarbeiter, die sich nicht daran halten, verlassen das Unternehmen. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Vertriebs hängen stark von der Vertriebsstruktur und von den adressierten Märkten ab. Zu den Bereichen, die Sie in den Blick nehmen sollten, gehören unter anderem Internetvertriebskanäle, Verkaufsförderer, Distributoren, Key Account Management, der klassische Außendienst und die Zusammenarbeit mit dem Innendienst.
Unprofitable Produktlinien einstellen
Unprofitable Produktlinien sollten Sie umgehend einstellen. Informieren Sie die betroffenen Kunden und bieten Sie ihnen eine temporäre Lösung an – aber eine, die Sie keine weitere Liquidität kostet. Informieren Sie alle aktuellen und potenziellen Lieferanten, dass Sie zwecks Kostenreduktion neue Bedingungen aushandeln werden. Oft reicht bereits der Hinweis, um kurzfristig Preisnachlässe zu bekommen. Später wird neu verhandelt. Ihre Liquidität kann sich zudem vergrößern, wenn Sie die Bestellfrequenz erhöhen und die Mengen reduzieren.
Noch ein Wort zur Liquidität: Hier gibt es kurz- und mittelfristig mehrere Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen. Ein Beispiel: Oft sind die Bestände hoch, doch die Gründe dafür sind nicht offensichtlich. Erst wenn Sie wissen warum, sind Sie in der Lage, richtig zu handeln. Denn Bestände kaschieren Probleme und verdecken Überraschungen wie:
Eine unbrauchbare Vorhersage einer künftigen Entwicklung und eine schlechte Planung
Ausfälle von Anlagen
Qualitätsprobleme
Probleme der Lieferanten in punkto Qualität und Zuverlässigkeit
Ineffiziente Logistik
Produktionslinien, deren Kapazität und Last ungleichmäßig sind
Lange Rüstzeiten
Hohe Krankheitsraten
Unordentlicher Betrieb
Falsches Kosten-Umsatz-Verständnis einzelner Manager (Je mehr wir herstellen, desto geringer werden die Kosten sein.)
Kommunikationsprobleme zwischen Vertrieb, Einkauf, Produktion und Logistik
Maßnahmen für die Reduzierung von Beständen
Um die Bestände zu senken, ist eine wöchentliche Kontrolle unerlässlich. Maßnahmen sind in unterschiedlichen Bereichen denkbar: Starten Sie etwa ein Abverkauf-Programm für Überbestände und veraltetes Material und lagern Sie seltene Produkte aus, indem Sie Lagerbestände an die neuen Lieferanten verkaufen.
Stellen Sie sich darauf ein, dass es irgendwann notwendigerweise zum Engpass kommt. Jetzt haben Sie innerhalb eines bestehenden Planungs-, Produktions- und Logistiksystems eine Grenze erreicht. Darauf haben natürlich alle gewartet und der Ruf nach Auffüllen des Sicherheitsbestands wird schnell kommen. Das sollten Sie allerdings nur tun, wenn der Mangel chronisch wird. Stattdessen reduzieren Sie auch noch die Materialien mit gleichem Prozessverlauf bis zum neuen Grenzbereich. Ihre Liquidität wird es Ihnen danken.
Mit Banken sprechen und Angebote einholen
Verhandeln Sie zudem Steueransprüche und treten Sie mit den Banken in eine regelmäßige Kommunikation. Laden Sie andere Banken zur Abgabe eines Angebots ein. Informieren Sie regelmäßig über den Fortgang der Veränderungen und verbessern Sie gegebenenfalls Ihr Controlling.
Wenn Sie Glück haben, schaffen Sie so den Turnaround ohne Personalabbau. Wenn Sie wieder wachsen, werden Sie froh sein, dass Sie die guten Mitarbeiter halten konnten. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiter kurzfristig bereit sind, andere Aufgaben zu übernehmen. Wenn es nicht anders geht, ist der Abbau von Mitarbeitern Ihre letzte Option. Und wenn Sie es schon tun müssen, dann nur einmal, schnell und qualifiziert unter Berücksichtigung aller rechtlichen, gewerkschaftlichen, behördlichen und sozialen Randbedingungen. Bevor Sie aktiv kündigen müssen, gibt es allerdings noch einige Optionen:
Finden Sie Freiwillige; vielleicht sind Mitarbeiter bereit, gegen eine vernünftige Zahlung auszuscheiden.
Suchen Sie guten Mitarbeitern andere Arbeitsplätze; sprechen Sie mit Lieferanten; mit Empfehlung Ihres Hauses lässt sich hier einiges bewegen.
Unterstützen Sie den Wunsch nach einer weiteren Ausbildung und organisieren Sie eine entsprechende Beratung; das kann auch steuerlich interessant sein.
Parken Sie Mitarbeiter bei anderen Unternehmen; Leihen Sie Ihre Mitarbeiter aus und versuchen Sie alles, um Ihren Mitarbeitern nicht kündigen zu müssen.
Kostenrechnung überprüfen
Jetzt sind alle wesentlichen Einschnitte gemacht. Sie haben das Schlimmste hinter sich, das Unternehmen ist stabilisiert und die Aufbauarbeit kann beginnen. Die nächsten Schritte helfen Ihnen, Ihre Firma wieder auf Kurs zu bringen.
Interne und externe Transparenz gehören zu den wesentlichen Rahmenbedingungen für eine gute Unternehmensführung. Das beginnt bei einer verständlichen Kostenrechnung. Von hier aus nehmen Sie sich Schritt für Schritt alle Unternehmensbereiche vor, um sie zu optimieren. Sofern Sie ein Produktionsbetrieb sind, sollte Ihr Blick zunächst der Fertigung gelten. Schnell, schlank, kosteneffizient sollte sie idealerweise am Ende des Prozesses sein. Das schließt die Beschaffungs- und Lieferlogistik natürlich ein. Was können Sie unternehmen?
Überarbeiten Sie wichtige, stabile Produkte kostentechnisch.
Stabilisieren Sie die Qualität der anderen Produkte, sofern dies notwendig ist.
Bieten Sie umfassenden Service innerhalb der bisherigen Segmentdefinitionen, sofern dieser Service für das Geschäft entscheidend ist. Später entscheiden Sie, ob Ihre Serviceleistung ein strategischer Faktor wird.
Verbessern Sie Ihre Beziehungen zu schwierigen, aber wichtigen Kunden.
Erhöhen Sie die Kundenanteile, indem Sie systematisch und effizient den neu definierten Markt bearbeiten.
Investieren Sie in die Ausbildung Ihrer Mitarbeiter, besonders in ein praxisorientiertes Training on the job; die Personalentwicklung können Sie vorwiegend mit internen Ressourcen schaffen.
Vereinfachen Sie die Organisation, um die Struktur den neuen Anforderungen anzupassen.
Kapazitäten im Vertrieb prüfen
Auch der Vertrieb benötigt Ihr Engagement. Hier kommt es stark darauf an, welche Stellung Sie im Markt einnehmen (wollen). Zunächst stellt sich die Frage, ob Sie Überkapazitäten abbauen müssen. Ist das der Fall, können Sie Produktionsanlagen stilllegen und verkaufen, um Ihre Fixkosten zu senken. Alternativen können darin liegen, dass Sie einen indirekten Vertrieb finden, der zu tiefen Kosten einen wesentlichen Teil der geschaffenen Kapazitäten auslastet.
Eine andere Option ist, sich am Zuliefermarkt zu orientieren und die nötige Auslastung als Lieferant von Zwischenprodukten zu schaffen, die das bestehende Geschäft nicht tangieren. Beiden Wegen ist jedoch gemein, dass der gewachsene „Overhead“ wieder produktiv und direkt eingesetzt werden muss.
Aufbau eines Kommunikations- und Marketingkonzepts
Zudem sollten Sie sich jetzt Gedanken um die Positionierung Ihres Unternehmens machen:
- Sind Sie Qualitätsführer?
- Bietet Ihr Unternehmen einen einmaligen Service?
- Sind Sie der schnellste Lieferant am Markt?
- Haben Sie einmalige Produkte?
Wo auch immer Ihre Qualitäten liegen, Ihre (potenziellen) Kunden sollten es erfahren. Ein solides Kommunikations- und Marketingkonzept hilft Ihnen dabei. Wichtig: Das Vermitteln solcher Werte geschieht nicht von heute auf morgen. Planen Sie hier mittel- bis langfristig. Da Sie die Kosten im Griff haben und die Liquidität gesichert ist, können Sie sich die Zeit für nachhaltige und qualitativ hochwertige Arbeit nehmen.
Auftragsabläufe klassifizieren
Sie verbessern Ihre Situation weiter, wenn Sie sich nun die Auftragsabläufe vornehmen. Klassifizieren Sie die Auftragsabläufe nach Kundentyp (zum Beispiel OEM, Enduser, Distributor, Händler), Produkttyp (Standardprodukt, konfigurierbares Produkt, Sonderanfertigung, Dienstleistung), Region (zum Beispiel EU, USA, Asien, GUS, DACH). Definieren Sie aber nicht mehr als maximal sieben Ablauftypen einschließlich Reparatur und Reklamation, sonst wird es unübersichtlich. Nun suchen Sie nach Anzeichen von Engpässen. Diese können entstehen bei:
- Angebotsanfrage
Bearbeitung von Angeboten
Verschickten Angeboten
Klaren Aufträgen (fertig zur Übergabe an die Produktion)
Unklaren Aufträgen (Details noch zu klären)
Zu bearbeitenden Aufträgen (Engineering, Konfiguration)
Vollständigen Aufträgen, die noch nicht der Produktion übergeben wurden
Gefertigten Aufträgen, die noch nicht ausgeliefert wurden (zum Beispiel wegen Sammellieferung, fehlendem Verpackungsmaterial, fehlendem Akkreditiv oder fehlender Zolldeklaration).
Nun bilden Sie den Quotienten zwischen „Anzahl der Aufträge in Bearbeitung“ und „Jahresmenge“. Danach identifizieren Sie die größten Hindernisse, intern wie extern, besichtigen den Innendienst fünf bis zehn Mal zu verschiedenen Tagen und Zeiten und achten darauf, was Ihre Mitarbeiter tun. Jetzt wissen Sie, wo und warum der Prozess hängt und Sie können eingreifen und optimieren. Wenn Sie nun eine Kontrolle einbauen – zum Beispiel periodisch die Zahl der bearbeiteten Aufträge erheben und diese Zahlen parallel zur Umsatzentwicklung reporten lassen – werden sich die Werte schnell und nachhaltig verbessern.
Effizienz in der Produktion steigern
Zu guter Letzt sollten Sie auch noch an die Effizienzsteigerung in der Produktion denken. Lassen Sie Ihren Mitarbeitern hier viel kreativen Freiraum. Ein kleines Budget zur Selbstverwaltung unterstützt das Signal der Eigenverantwortung. Es gibt viele Möglichkeiten, bei denen Sie ansetzen können:
- Verbessern des Handlings von Werkstücken
Vereinfachung der Bearbeitung
Vorrichtungen so umbauen, dass Mitarbeiter parallel einen weiteren Arbeitsschritt durchführen können
Automatisieren der Bearbeitung (nur einfachste Mittel sind zulässig)
Bei all diesen Schritten werden Ihre Mitarbeiter Dutzende von Verschwendungen entdecken und zugehörige Verbesserungen vorschlagen. Sie müssen koordinierend eingreifen, um den zielführenden Fokus zu wahren und die Motivation aufrechtzuerhalten.
Der Strauß an weiteren Möglichkeiten ist in dieser Phase groß. Ob es um das Optimieren von Qualitätsproblemen, das Reduzieren von Rüstzeiten, die Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit, das Vereinfachen von Produkten, Verbesserungen beim Einsatz von Mitarbeitern, zufriedene Lieferanten, den Ausbau von Vertriebskanälen oder um die Erhöhung der Kundenloyalität geht – jetzt sind Sie in die Wachstumsphase eingetreten. Der Turnaround liegt endgültig hinter Ihnen.