SchleichwerbungTeure Abmahnungen vermeiden
Wer ein neues Produkte auf den Markt bringen, seine Produkte bekannter machen oder deren Absatz steigern möchte, bedient sich in der Regel der Werbung. Damit soll Aufmerksamkeit generiert, das Interesse potenzieller Kunden geweckt und diese im Idealfall zum Kauf animiert werden. Tatsächlich führt für die meisten Unternehmen kaum ein Weg an Werbung vorbei. Die Botschaften effektiv an den Mann zu bringen ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden: Studien zeigen, dass viele Menschen Werbung nur am Rande wahrnehmen und sich schon unmittelbar nach einer TV-Sendung oder nach der Zeitungslektüre nicht mehr an die beworbenen Produkte erinnern.
Dieser Trend nimmt weiter zu: Je stärker die Informationsflut steigt, desto weniger Aufmerksamkeit wird der Werbung geschenkt. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Deutschen klassischer Werbung misstraut. Der im April 2012 veröffentlichte „Nielsen Global Survey“ zeichnet ein eindeutiges Bild: Danach vertrauen nur jeweils zirka 28 Prozent der Befragten Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften; jeweils 26 Prozent sind der Ansicht, dass man Werbespots im Fernsehen oder Radio Vertrauen schenken kann. Noch schlechter schneiden Online-Werbespots und Online-Werbebanner ab. Ihnen vertrauen lediglich 19 beziehungsweise 16 Prozent der Befragten.
Schleichwerbung: verlockend, aber strafbar
Es verwundert also nicht, dass alternative, vor allem unauffälligere beziehungsweise unaufdringlichere Werbeformen, verlockend sind. Und so erhoffen sich manche Werbetreibende mehr Erfolg, wenn sie ihre Botschaften innerhalb von redaktionellen Beiträgen platzieren oder ihre Werbeanzeige optisch wie einen Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel gestalten. Dies ist ein nachvollziehbarer Gedanke, immerhin vertrauen laut dem „Nielsen Global Survey“ 51 Prozent der Deutschen redaktionellen Inhalten – das sind fast doppelt so viele wie bei klassischer Werbung.
Doch Vorsicht: Wer den Werbecharakter geschäftlicher Handlungen verschleiert, also Werbung nicht deutlich als solche kennzeichnet, betreibt Schleichwerbung – und macht sich damit strafbar. Nachzulesen ist das im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Eine nur vermeintlich neutrale Berichterstattung Dritter zu übernehmen zählt übrigens auch als „getarnte Werbung“ – und ist somit ebenfalls verboten.
Der Grundsatz lautet also: Werbliche und redaktionelle Veröffentlichungen müssen getrennt werden, Werbung muss deutlich als solche erkennbar sein. Wird Werbung im Anzeigenteil einer Zeitung oder Zeitschrift abgedruckt, kann der Leser bereits ohne Weiteres erkennen, dass hier ausschließlich Werbung gezeigt wird; ansonsten muss der Inhalt beispielsweise durch den Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Tatsächlich ist das nicht immer der Fall, daher sollen einige Beispiele veranschaulichen, wie schnell vermeintlich gute Werbeideen juristisch problematisch werden können.
Vorsicht bei Fotostrecken, Wikipedia oder Blogs
Wenn etwa ein Magazin eine Fotostrecke mit der neuesten Wintermode veröffentlicht, stehen zwar oft die Markennamen der gezeigten Kleidungsstücke sowie der Preis dabei; ein expliziter Hinweis darauf, dass es sich dabei um Werbung handelt, fehlt aber häufig. Der Leser erfährt deshalb nicht, ob die Fotostrecke von dem Modeunternehmen bezahlt wurde oder ob die Modefirma im selben Heft eine etwas teurere Anzeige geschaltet hat, um im Gegenzug eine positive Berichterstattung im redaktionellen Teil zu erhalten. Dies ist vor allem bei Publikationen der Fall, die stark durch Anzeigen finanziert werden. Für den Leser ist nicht auf Anhieb erkennbar, dass er keine rein sachliche Information in den Händen hält, sondern gut inszenierte Produktwerbung. Dies ist ein eindeutiges Zeichen für Schleichwerbung.
Schleichwerbung liegt auch vor, wenn ein Unternehmer beziehungsweise ein Mitarbeiter auf Plattformen wie Wikipedia oder in Blogs vermeintlich private Beiträge veröffentlicht, in denen er die eigenen Produkte oder Leistungen positiv hervorhebt und sich gegebenenfalls zusätzlich negativ über die Konkurrenz äußert. Denn auch dabei soll der Werbecharakter verschleiert werden, indem ein scheinbar neutraler, außenstehender Dritter spricht.
Der Gedanke an sich ist nicht neu. Ob Tabakindustrie, Deutsche Bahn oder der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie: Sie alle verschickten in der Vergangenheit „bezahlte Leserbriefe“ an die Medien, die nicht als PR-Maßnahmen erkennbar waren. Heute laden Wikipedia und Blogs dazu ein, die öffentliche Meinung möglichst unauffällig zu beeinflussen. Ein solches Vorgehen ist jedoch wettbewerbswidrig und somit verboten, wie Beschlüsse des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 24.04.2012 zur Zulässigkeit von Schleichwerbung in einem Blog) und des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 10.05.2012 zur Zulässigkeit von Schleichwerbung auf Wikipedia) verdeutlichen.
Verschärfte Regeln bei Kindern
Besonders streng wird Schleichwerbung geahndet, die sich an Kinder richtet – also beispielsweise Werbung, die sich auf Spiele- oder Lernwebseiten für Kinder befindet und so gestaltet ist, dass sie nicht ohne Weiteres als Werbung erkennbar ist. Kinder sind besonders leicht beeinflussbar, zudem haben sie noch kaum Übung darin, Werbung von anderen Inhalten zu unterscheiden; deshalb müssen sie geschützt werden.
Folglich musste nach einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 14.09.2010 der Betreiber einer Website mit Browserspielen für Kinder Werbebanner wieder abschalten, obwohl er diese nachträglich mit dem Schriftzug „Werbung“ versehen hatte. Kinder, so die Begründung, könnten trotz des Schriftzugs nicht erkennen, dass es sich bei den Bannern um Werbung handelt.
Schleichwerbung zu betreiben und sich damit einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, mag zunächst nach einer lohnenden Alternative zu klassischer Werbung klingen, kann aber schnell ins Auge gehen. Spätestens dann, wenn ein Konkurrent, die Verbraucherzentrale oder ein verärgerter Kunde darauf aufmerksam wird und Klage einreicht. Wer hingegen Werbung deutlich als solche kennzeichnet, vermeidet teure Abmahnungen und einstweilige Verfügungen.