Schulungsunterlagen und Weiterbildung
Die meisten Weiterbildungsinstitutionen setzen in ihren Veranstaltungen schriftliches, gedrucktes und digitalisiertes Material ein, das die dort initiierten Lernprozesse anregen, stützen und steuern soll. Manche Skripte werden unterrichtsbegleitend eingesetzt, andere den Teilnehmern für die Zeit nach dem Abschluss der Bildungsmaßnahme zum Wiederholen, Vertiefen und Anwenden der Inhalte im Alltag überreicht. Darüber hinaus können ansprechende Seminarskripte auch als Marketinginstrument dienen, indem sie auf Seiten der Veranstaltungsbesucher einen positiven Eindruck von der Bildungsmaßnahme abrunden, als Erinnerungsstütze dienen und vielleicht sogar den Anstoß geben, ein Folgeseminar zu buchen oder den Bildungsanbieter anderen Interessenten zu empfehlen. Damit gleichzeitig beide Ziele – die Anregung zum eigenständigen Erschließen der Lehrinhalte und die Marketingfunktion – erreicht werden, müssen die Unterlagen einige leicht umsetzbare Voraussetzungen erfüllen.
Corporate Design: ein Muss bei Seminarunterlagen
Was den Teilnehmenden als erstes auffällt, ist der allgemeine Eindruck der gedruckten Unterlagen und der Präsentationsfolien. Hier gibt es große Unterschiede bei den Bildungsanbietern: Manche verwenden immer ihr eigenes Corporate Design, also ein Erscheinungsbild, das sich aus Firmenlogo, bestimmten Farben und Gestaltungselementen auszeichnet, die in jeweils passender Form auf allen Medien wie zum Beispiel der Internetseite, im Kursprogramm und auf Flyern auftauchen. Auch Schreibblöcke, Kugelschreiber oder Mappen sind in dieser Form gestaltet. Alle Lehrpersonen, auch die freiberuflichen, erstellen ihre Unterlagen anhand dieser Vorgaben.
Der Vorteil einer solchen Einheitlichkeit liegt darin, dass sich der Bildungsanbieter in einer wiedererkennbarer Form präsentiert und nach außen einheitlich wirkt. Andere Institutionen, oft auch größere Bildungsträger, verzichten jedoch auf diese Vorgaben. Die Dozenten haben bei der Gestaltung freie Hand und treten unter ihrem eigenen Firmennamen auf. Die Folge: Die Qualität des jeweils verwendeten Materials kann stark voneinander abweichen, selbst wenn zwei Trainer ein Seminar zum gleichen Thema durchführen. Darüber hinaus kommen an einem Folgeseminar interessierte Teilnehmer auf diese Weise schneller auf die Idee, den selbständigen Dozenten direkt zu engagieren. Verhält er sich gegenüber der Bildungsinstitution dann unsolidarisch, verliert diese möglicherweise Kunden.
Der erste Eindruck, den die Materialien bei den Veranstaltungsbesuchern hinterlassen, ist zunächst wichtig für die Entwicklung von Aufmerksamkeit und Interesse. Hier können folgende Faustregeln helfen:
- Eine Schrift-Bildkombination ist leichter aufzunehmen als reiner Text, insbesondere für ungeübte Leser.
- Für alle Arten von Visualisierungen gilt: auf Nebensächliches verzichten, die Information auf das Wesentliche reduzieren, Wichtiges hervorheben und Zusammengehöriges in fünf bis maximal sieben optischen Gruppen pro Seite anordnen.
- Farben und Formen sollten als Orientierungshilfe dienen und durchgängig in gleicher Weise verwendet werden.
- Absätze und Zwischenüberschriften helfen, lange Textpassagen besser aufnehmen zu können.
Lässt der Inhalt der Unterlagen jedoch zu wünschen übrig, verfehlen sie trotz des schönen Anstrichs ihren Zweck. Nach einer ersten Durchsicht werden sie beiseitegelegt oder im weiteren Verlauf des Seminars mit Zeichnungen verziert. Deshalb ist bei schriftlichem Material eine verständliche, schlüssige und durchgängig leicht rezipierbare Aufbereitung von Lehrinhalten von Bedeutung. Denn nur so kann sich flüchtiges Interesse in Lernmotivation umwandeln.
Wie Informationen aufbereitet werden müssen, damit sie für ihre Empfänger nachvollziehbar und emotional ansprechend sind, beschreibt das so genannte „Hamburger Verständlichkeitsmodell“. Es wurde in den 1980er Jahren entwickelt und ist nach wie vor aktuell:
Verständlich | Schwer verständlich |
---|---|
Einfachheit:
| Kompliziertheit:
|
Gliederung/Ordnung:
| Unübersichtlichkeit:
|
Kürze/Prägnanz:
| Weitschweifigkeit: Viele unwichtige und überflüssige Informationen im Text |
Zusätzliche Stimulanz:
| Keine zusätzliche Stimulanz: Rein sachlich-abstrake Informationsübermittlung |
Je nach Thema werden in Schulungsunterlagen unterschiedliche Textsorten eingesetzt. Für die Lernmotivation sehr wichtig ist die Angabe von Lern- und Zwischenzielen. Auch kurze Tests zur Selbstkontrolle haben einen starken Aufforderungscharakter. Didaktische Zusatztexte wie Zusammenfassungen, strukturierende Hinweise und ein Glossar erleichtern die Rezeption der Lehrinhalte, denn sie dienen der Orientierung.
Aufgaben im „luftleeren Raum“, die inhaltlich keinerlei Relevanz für die Seminarabsolventen haben, erschweren die Aufnahme, Verarbeitung und Anwendung der neuen Inhalte. Geht es in einem berufsbildenden Seminar beispielsweise um das Kennenlernen einer Software, sollten die Übungsaufgaben einen Bezug zum Arbeitsumfeld der Teilnehmer aufweisen. Denn nach erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen ist Lernen ein Prozess, bei dem das Individuum ihm relevant erscheinende Informationen auswählt und diese mit vorhandenen Erfahrungen, Deutungsmustern und bildhaften Eindrücken verbindet.
Besser lernen durch positive Emotionen
Als angenehm erlebte Emotionen beeinflussen den Lernprozess in der Regel positiv. Skurrile Beispiele oder Namen von Prominenten wie Schauspieler, Politiker oder Musiker können, wenn sie passend ausgewählt sind, trockenen Lernstoff auflockern. Auch Texte, die von Handlungen, Ereignissen, Erlebnissen und Geschichten berichten, haben einen direkten Einfluss auf die Stimmung und die Gefühle der Leser. Der Einsatz erzählerischer Elemente in Lehr- beziehungsweise Lernkontexten geht auf die so genannte narrative Pädagogik zurück. Das Erzählen, Hören und auch Lesen von Geschichten bildet eine wichtige Grundlage der Wissensübermittlung. Die Geschichte, der Witz oder das geschilderte Szenario sollen zur Nachahmung anregen, Denkspiele und „Als-ob-Handeln“ initiieren.
Anleitende Texte zielen auf die Übermittlung prozeduralen Wissens. Bei diesen ist wichtig, dass sie logisch aufgebaut sind und dem vermuteten Gedankenfluss des Lesers folgen. Hier können folgende Fragen weiterhelfen:
- Was genau soll gelernt werden?
- Welcher Zeiteinsatz ist gegebenenfalls erforderlich?
- Was ist vor Beginn der eigentlichen Tätigkeit zu beachten?
- Welche Risiken und Gefahren bestehen möglicherweise?
- Wie funktioniert der Prozess oder das Gerät, mit dem eine Handlung durchgeführt werden soll?
- Was ist der erste Schritt und welche die nächsten?
- Woran ist zu erkennen, ob ein Teil des Prozesses oder der gesamte Prozess richtig ausgeführt wurden?
- Was ist das Endergebnis?
Ein weiterer Faktor ist die Frage, ob der Text ohne begleitende Ausführungen der Lehrperson einen (Arbeits-)Prozess verständlich und nachvollziehbar darstellen soll oder ob er nur als Zusammenfassung dient. Soll das Geschriebene allein verwendet werden, muss es ausführlicher formuliert werden als Erinnerungsstütze.
Ein Hinweis zum Thema Präsentationsfolien: Durch sie sollen die Worte des Trainers ergänzt und verdeutlicht werden. Aus diesem Grund sollten sie eine Schriftgröße von mindestens 18 pt haben und maximal fünf Stichpunkte enthalten. Abbildungen wie kleine Zeichnungen, Fotos und andere Grafiken können zur Verständlichkeit beitragen. Ein Fehler, den viele Lehrpersonen machen: Sie wiederholen die Folientexte beziehungsweise Stichpunkte wörtlich. Die Teilnehmer lesen und hören die gleiche Information zum gleichen Zeitpunkt und müssen diese Daten parallel auf zwei Kanälen verarbeiten. Dadurch kann eine Blockade auftreten und sie bekommen vom eigentlichen Seminarinhalt nichts mit. Besser ist es, dem Publikum zunächst kurze Zeit zum Erfassen der Folie zu geben – dies ist bei maximal fünf Stichpunkten schnell geschehen –, um dann in anderen Worten darauf Bezug zu nehmen und zusätzliche Hinweise zu geben, die sich nicht aus der Folie ableiten lassen.