SchwarmintelligenzWas Mitarbeiterinnovation und Crowdsourcing vereint
Diesen Gedanken verfolgte John F. Kennedy in seiner Antrittsrede am 20. Januar 1961: "Und so, meine amerikanischen Mitbürger: Fragt nicht, was euer Land für euch tun wird - fragt, was ihr für euer Land tun könnt." Selbiges gilt für Organisationen: "Fragt nicht, was euer Unternehmen für euch tun wird - fragt was ihr für euer Unternehmen tun könnt."
Schon eine Mutation in der DNA von Bakterien kann Resistenz gegen Antibiotika auslösen. Genauso kann ein Einfall eines Mitarbeiters oder eines Kunden einem Unternehmen Millionengewinne bescheren. Jeder Mensch ist eine potenzielle Quelle für die Entwicklung des Unternehmens. Ein Angestellter kann mit seiner einzigartigen Kombination aus Fachwissen und Talenten einen einzigartigen Beitrag zum Unternehmen leisten (Bottom-Up Ansatz).
Ein Konsument kann mit der Kombination aus Anwender-Know-how und seiner spezifischen Ausbildung völlig neue Aspekte für die Produktverbesserung beisteuern (Outside-In Ansatz). Das Schicksal eines Unternehmens ist daher nicht nur von wenigen Personen in der Führungsetage abhängig, sondern das Unternehmen kann seine eigene Zukunft sichern, indem es Mitarbeiter und Konsumenten verstärkt in den Innovationsprozess miteinbezieht. Nicht nur Mitarbeiter sind Teil des Unternehmens und können durch ihr Engagement das Wachstum fördern, sondern auch Kunden und Lieferanten. Das erfolgreiche Unternehmen der Zukunft wird vom Top-Management geführt und vom kollektiven Handeln bestimmt.
Jeder Mensch ist ein Ideenpionier und kann dem Unternehmen neue Horizonte eröffnen.
Das Risiko des Innovationsprozesses sollte auf mehrere Parteien verteilt werden.
Was Crowdsourcing und Mitarbeiterinnovation gemein haben
Der Begriff "Crowdsourcing" [Wikipedia-deutsch: Schwarmauslagerung]* bezeichnet das Miteinbeziehen des Kunden in den Innovationsprozess. Zentrales Kommunikationsmedium ist dabei die Internetplattform des Unternehmens. Crowdsourcing und Mitarbeiterinnovation verbindet die Liebe des Menschen zum kreativen Handeln. Von Joseph Beuys stammt das Zitat: "Jeder Mensch ist ein Künstler!" Lothar Schmidt fügt hinzu: "Ideen sind wie Kinder, die eigenen liebt man am meisten!"
Menschen lieben es, Ideen in die Welt zu setzen und diese aufzuziehen. Sie sind einfach nur stolz, mit ihrem innovativen Beitrag dem Unternehmen helfen zu können. Andere Unternehmen machen sich die Liebe des Menschen zum Tüfteln zu Nutze, indem sie einen Ideenwettbewerb initiieren. Die Kundenentwickler reichen Ideen ein, treten zuvor ihre Rechte am geistigen Eigentum ab und erhalten als Dankeschön die Chance auf eine Reise in die Karibik oder auf einen Geschenkgutschein.
Ein kalifornisches Unternehmen geht einen Schritt weiter. Es lässt seine Kunden am Erfolg des Unternehmens teilhaben. Apple, das vielfach zitierte Vorbild für Innovation [laut BusinessWeek Platz 1, The 50 Most Innovative Companies 2010] entwickelt Geräte wie iPhone oder iPad - die Kunden beteiligen sich an der Weiterentwicklung, indem sie Millionen von Apps beisteuern.
Unlängst wurde die 10 Milliarden Grenze an Downloads erreicht. An jedem kostenpflichtigen App verdient der Kundenentwickler 70 Prozent. Crowdsourcing par excellence! Das kalifornische Unternehmen weiß, was Kunden wünschen, nicht nur in seinem Produktsortiment, auch in seinem Crowdsourcing Modell. Kundenentwickler wie Mitarbeiter wollen nicht nur "L'Art pour L'Art" [Dt: Die Kunst um der Kunst willen], sprich kreativ sein ohne Hintergedanken. Auch die "Crowd" will ein Stück vom Kuchen haben. 70 Prozent Verdienst an jeder entwickelten App, dazu die Aussicht auf weltweiten Ruhm und Ehre durch den möglichen Erfolg einer App, ist ein sehr verlockendes Angebot. Wenn die Kasse klingelt und man berühmt werden kann, dann macht es noch mehr Spaß kreativ zu sein! Das Apple-Crowdsourcing Modell ist so einleuchtend, dass es von den Smartphone-Konkurrenten Google, Samsung, Nokia, Microsoft und Co. kopiert wird.
Mitarbeiter und Kunden lieben es, ihre Kreativität einzubringen.
Mitarbeiter und Kunden wollen für ihre Ideen belohnt werden.
Stichwort
* Die Wortschöpfung "Crowdsourcing" stammt von "Crowd" und "Outsourcing". Der Begriff Crowdsourcing klingt gut und ist leicht verständlich. Die Wikipedia-Übersetzung "Schwarmauslagerung" macht zwar Sinn, wirkt aber als neu eingeführter sprachlicher Ausdruck erzwungen und verliert phonetisch an Klasse. Passender ist die freie Übersetzung "Schwarmintelligenz". Sicher wird sich auf Dauer Crowdsourcing durchsetzen.
Wie Unternehmen die "Crowd" zur Innovation motivieren
Da Kunden nicht über alle Produktinformationen verfügen, beschränken Verbraucher sich oft auf inkrementelle Innovationen (inkrementell: schrittweise Verbesserung). Ihre Verbesserungen beziehen sich auf das aktuelle Produkt, welches sie in Händen halten. Revolutionäre Gedanken sind daher von "Outsidern" selten zu erwarten. Der Chefdesigner von Apple über Kundenbefragungen Jonathan Ive: "Wenn wir den iMac von Zielgruppen hätten testen lassen - da bin ich mir sicher -, hätten wir ein Feedback bekommen, das uns nahe gelegt hätte, so etwas nie zu produzieren."
Dennoch, jeder Mensch möchte sich gerne selbst verwirklichen, liebt es, sich einzubringen und die Früchte seiner Arbeit zu ernten. Apple integriert den Kunden, indem der Konzern die Plattform für Entwicklungen zur Verfügung stellt. Kunden können für bestehende Produkte, Anwendungen (Apps) entwerfen. Dieser zielgerichtete Umgang mit Kundeninnovationen ist eine Win-win-Lösung. Der Kunde bringt seine Innovationskraft ein und verdient an seiner entwickelten Anwendung. Das Unternehmen gibt der "Crowd" eine Plattform und ein Geschäftsmodell vor. Innerhalb dieses "Korsetts" kann der Kunde kreativ werden, Prototypen bauen und die fertige Anwendung beim Unternehmen einreichen.
Erfolgreiches Crowdsourcing baut auf einer vom Unternehmen vorgegebenen Plattform auf.
Kundenentwickler werden durch finanzielle Anreize motiviert Innovationen einzureichen.
Wie Mitarbeiterinnovationen beschleunigt werden kann zur Förderung von Kreativität und Transparenz
Um kreative Prozesse innerhalb des Unternehmen zu beschleunigen und Mitarbeiter für den Innovationsprozess zu begeistern, führte Robert Iger, CEO bei Disney zur Förderung von Kreativität und Transparenz im Unternehmen die One-on-One Time mit dem CEO ein. Mitarbeiter aus allen Abteilungen haben die Möglichkeit ihre Ideen dem Vorstand oder dem Geschäftsführer direkt mitzuteilen. Graham Hopper, Vice President und General Manager of Buena Vista Games meint zu den Methoden von Robert Iger: "Sie können sich nicht vorstellen, wie motivierend es für Entwickler ist, ihre Ideen direkt dem CEO präsentieren zu können. Nach dem Gespräch bekommt ihre Arbeit einen völlig neuen Sinn."
Um seine Kreativmitarbeiter anzuspornen, rief Konstantin Jacoby von der legendären Werbeagentur Springer & Jacoby den Wettbewerb "Goldidee" aus. Einmal im Monat ging er durch die Abteilungen und hörte sich jede Idee eines Kreativen persönlich an. Der Gedanke allein, eine Idee dem Übervater der deutschen Werbung präsentieren zu können, motivierte zur Höchstleistung. (Anm.: Der Autor arbeitete in den späten 90 Jahren bei Springer & Jacoby).
Weitere Möglichkeiten, um Mitarbeiter dazu aufzurufen, sich kreativ einzubringen, sind eindeutige Signale im Unternehmen zu setzen. Zum einen sollte der Wille zur Veränderung in den Leitsätzen des Unternehmens festgeschrieben werden, zum anderen sollte jeder Mitarbeiter in seiner Stellenbeschreibung dazu aufgerufen werden kreative Gedanken einzubringen.
Mitarbeiter, die Ideen dem Top-Management persönlich vorstellen, sind besonders motiviert Herausragendes zu leisten.
Der absolute Wille zur Innovation im Unternehmen sollte schriftlich in den Leitsätzen und den Stellenbeschreibungen formuliert werden.