SelbstmanagementWie Führungskräfte die Selbstsabotage stoppen

Manche Führungskräfte zweifeln ständig ihr eigenes Tun an. Die Folge: Es geht mit wichtigen Aufgaben nicht voran, das Team ist demotiviert und die Führungskraft steht sich am Ende selbst im Weg. Lesen Sie, wie Sie sich mit dem Inneren Kritiker arrangieren.

Jeder von uns kennt ihn, den Inneren Kritiker. Er mischt sich ungefragt in unser Denken und Handeln ein. Er gibt uns wohlwollende Ratschläge und ermahnt, was wir müssen, nicht dürfen oder nicht können. Der Innere Kritiker erscheint wie ein guter Freund, der uns davor schützen möchte, Schiffbruch zu erleiden. Tatsächlich aber setzt er uns oft unnötig Grenzen und verursacht mentale Blockaden.

Der Innere Kritiker denkt analytisch und vereinfacht

Der Innere Kritiker ist ein kluges Kerlchen, solange er sich mit Aufgaben beschäftigt, die ihm liegen. Er kann gut rechnen und schreiben, Navis programmieren, sich Passwörter merken, beim Einkauf Preise vergleichen. Überhaupt beherrscht er es zu analysieren, zu kalkulieren, zu kombinieren oder zu strukturieren. Er ist ein fantastischer innerer Teamplayer, solange es sich um logische Zusammenhänge und damit verbundene Aufgaben handelt.

Unser Innerer Kritiker neigt zur Vereinfachung. Deshalb müssen wir aufpassen, mit welchen Informationen wir ihn füttern. Oft schnappt er sich Argumente und reitet ewig auf ihnen herum. Häufig nörgelt er bei einem Teammeeting an den Leistungen der Mitarbeiter herum, ist nie zufrieden und treibt alle ständig zu immer mehr „Höchstleistungen“. Am Ende sind alle nur noch demotiviert und einer nach dem anderen verlässt das Team.

Welche Folgen die ständige Selbstkritik haben kann

Etliche Führungskräfte tragen Aussagen zu ihrer Person in sich, die sie in Kindertagen aufgenommen haben. Sie schenken ihnen noch nach Jahrzehnten treu und brav Beachtung: „Du bist einfach nicht gut genug.“ „Deine Arbeiten sind nicht genügend.“ „Dein Bruder ist besser.“

Es ist kaum zu glauben, dass ein erwachsener Mensch diesen Behauptungen immer noch (unbewusst) Macht über sein Leben gibt – und doch ist es so. Dies führt zu ständiger Selbstsabotage, die einen bestimmten Persönlichkeitsanteil in permanenter Angst vor Kritik gefangen hält. Abwertende Beurteilungen der Vergangenheit prägen stets die Interpretation der Gegenwart mit.

Ein solcher Zustand raubt dem inneren System einer Führungskraft viel Energie und schafft ein überkontrolliertes und perfektionistisches Lebenskonzept. In diesem System sieht das eigene Arbeitszimmer aus wie ein Gerichtssaal. Mit extrem bewertenden und kritischen Persönlichkeitsanteilen. Das gilt für das innere Arbeitszimmer genauso wie für das Büro in der Firma. Und dann wird aus einem entschlossenen, hochkompetenten Leistungsträger ein enormes Risiko. Vom starken Aktivposten zum Risikoträger. Denn: Unter diesem Druck werden Verhaltensmuster entwickelt, die zerstörerisch auf die in der VUCA-Welt so wichtige Zusammenarbeit wirken, wie zum Beispiel Dominanz oder Rivalität. Stärken kippen dann ins Extreme. Entscheidungsfreudigkeit wird zu Aktionismus, Kampfgeist zu Dominanz.

Wie Sie sich mit dem Inneren Kritiker arrangieren

Leider kann man dem Inneren Kritiker nicht kündigen, ihn nicht einfach entsorgen. Will man als Führungskraft erfolgreich mit dem Inneren Kritiker leben, muss man ihn ins Boot holen. Wie man das bei wichtigen Mitarbeitern kennt. Stellen Sie sich dazu diese Fragen:

  • Wie arbeite ich mit meinem Inneren Kritiker am besten konstruktiv zusammen?
  • Wie baue ich Vertrauen zu ihm auf, damit er sich erfolgreich von mir führen lässt?

Gelingt das nicht, wird es in stressigen Situationen häufig eng.

Die folgende Übung hilft, seinen Inneren Kritiker zu identifizieren und differenziert wahrzunehmen. Fragen Sie den Inneren Kritiker in einem ruhigen Selbstgespräch:

  • Was ist deine Aufgabe jetzt in dieser Situation?
  • Was brauchst du?
  • Was brauchst du wirklich?
  • Wo übertreibst du?
  • Was ist deine Gabe?

Vielleicht finden Sie nicht sofort auf alle Fragen eine Antwort. Wenn Sie jedoch immer wieder mit ihm konstruktiv(!) ins Gespräch kommen, werden Sie wesentlich mehr darüber erfahren, wie Ihr Innerer Kritiker tickt. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, um Selbstsabotage zu vermeiden. Notieren Sie Ihre Gedanken am besten in einem schönen Notizbuch, um mit sich selbst ins Gespräch zu kommen.

Das Selbstgespräch ist eine effektive Methode

Das Selbstgespräch – also das Nachdenken über sich selbst – ist die beste Intervention: Das Selbstgespräch ist einfach, risikolos, erfordert keine Wartezeiten und kostet fast nichts. Dennoch ist Selbstreflexion eine Aktivität, für die Führungskräfte kaum noch Zeit und Ruhe finden – sagen viele. Hilfreich ist es, für ein ruhiges Gespräch mit sich selbst, Bedingungen herzustellen, in der Störungen minimiert und Außeneinflüsse gering gehalten werden.

Ob jemand nun Spaziergänge oder stille Stunden im Sessel bevorzugt, ist dabei weniger entscheidend, als die Bereitschaft, sich wirklich diesen Fragen zu stellen. Es braucht zu Beginn meist etwas Geduld und Beharrlichkeit, bis das innere Getöse etwas verstummt. Wer sich also ernsthaft diesem wichtigen persönlichen inneren Teamplayer widmen will, muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Gerade Führungskräfte finden dieses Vorgehen häufig schwierig, weil ihnen diese Spanne der Rüstzeit mit ihrer nötigen Reizarmut als vergeudete Zeit erscheint, in der nichts bewirkt wird und man dem Erfolg scheinbar nicht näherkommt. Verfügen sie über die nötige Konsequenz, werden sie reich belohnt. Sie beginnen im Denken und Fühlen ein anderes Verhältnis zu sich und anderen zu entwickeln. Das Schöpfen aus einer reichen inneren Quelle wird möglich.

Den Inneren Kritiker nicht zum Verstummen bringen

Der Innere Kritiker hat eine wichtige Funktion in unserem psychischen System. Er ist ein Wächter, der von erhöhter Position unser Denken und Handeln verfolgt. Oft kommentiert er unser Tun, da er uns schützen möchte. Er achtet darauf, dass wir uns kompatibel zu den uns umgebenden Rahmenbedingungen bewegen. Aber auch diese gut gemeinte Funktion kann aus dem Ruder laufen, wenn wir nicht selbst als Chef das Kommando übernehmen. Schenken wir dem Inneren Kritiker in unserem Kopf die Vorherrschaft, verführt er uns zu zwanghaften Verhaltensweisen und zur Selbstsabotage.

Es braucht die Abstimmung, die Balance zwischen den einzelnen Kräften. Hilfreiche Fragen, um den Inneren Kritiker zur Balance zu bewegen, sind:

  • Wann bin ich mit mir selbst zufrieden und genieße meine Erfolge?
  • Welches Setting braucht es, damit wir beide konstruktiv miteinander sprechen können?
  • Wie hat das innere Getöse am besten eine Chance, zur Ruhe zu kommen?

Der Selbstkritik bewusst Frei-Zeiten geben und reflektieren

Idealerweise kann sich der Innere Kritiker bewusst Phasen der Entspannung gönnen und ist im Gleichgewicht mit sich selbst. Und das nicht nur beim abendlichen Joggen oder beim Kaffeetrinken auf der Terrasse. Und wenn er dann ausgeruht und entspannt mit am Tisch sitzt, gibt er auch bereitwillig Auskunft zu Ihren Fragen:

  • Welche Rolle spielst du dabei, wenn du mir hilfst, mein Leben zu gestalten und mit der Welt umzugehen?
  • Welche Beziehung hast du zu anderen Menschen?
  • Wie beschützt du mich vor Schmerz?
  • Was ist die positive Absicht, die du für mich hast?
  • Wovor versuchst du mich zu beschützen?

Somit tritt an die Stelle des Versuchs, ständig Kritik zu üben, eine Haltung der Offenheit, Zusammengehörigkeit und Dialogbereitschaft. Statt Individualismus und Konkurrenzdenken kann Verbundenheit und Kooperationsgeist entstehen. Nicht nur im eigenen Inneren, sondern zwischen Führungskräften, den Mitarbeitern und in den Arbeitsteams. Diese neue Kultur basiert auf Prozessen des inneren Bewusstseins und der Unternehmensentwicklung, in denen es nicht nur um Rationalität und Kontrolle geht, sondern um Intuition, emotionale Wahrnehmung und Verantwortung für die Welt.

Erst durch unser Tun erzeugen wir Wirkung. Also gehen Sie mit sich ins Gespräch. Vereinbaren Sie einen Termin mit sich selbst. Möglichst zeitnah.

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