SelbstmarketingShowbiz oder Größenwahn?

Viele Trainer schmücken sich mit schillernden Titeln wie „der Teuerste“, „der Härteste“ oder „der Gefragteste“. Doch was steckt wirklich hinter den selbsternannten Gurus? Oft nicht viel, behauptet Walter Simon.

Deutschland hat die besten Autos, sehr gutes Bier, und deutsches Brot soll zum UNESCO-Weltkulturerbe werden. Es scheint, als hätte das Land auch die besten Verkaufstrainer. Wer in den Prospekten und Katalogen blättert oder Homepages aufruft, wird mit Superlativ-Adjektiven nur so überschüttet. So kokettiert Rolf Ruhleder „Deutschlands härtester und teuerster Verkaufstrainer“ zu sein. Eine Auszeichnung, die ihm die „Wirtschaftswoche“ verlieh. Martin Limbeck lässt sich als „einer der erfolgreichsten und renommiertesten Business-Speaker und Verkaufs-Experten auf internationaler Ebene“ ausrufen.

Bescheidener tritt Erich Norbert Detroy auf, einer „der kreativsten und profiliertesten Management- und Verkaufstrainer Europas“. Und dann gibt es da noch den Erfinder des „Genialen Denkens®“, des „Alpha-Sellings®“, „dem hochwertigsten und teuersten Verkaufsseminar Europas; dem weltweit einzigen Verkaufsseminar, das mit dem Hyperraum (4. Dimension) arbeitet.“ Sein Name: Armin Kittl, Gründer der „Erfolgsakademie für Genialität und Spitzenleistungen®“. Er gehört zu den wenigen Menschen weltweit, die verschiedene Bewusstseinszustände (Alpha, Beta, Delta, Theta) managen können.

Von Top-, Spitzen- und Ausnahme-Trainern

Wiederum andere Trainer gehören zu den gefragtesten, besten, angesehensten, erfahrensten, praxisnahsten oder führenden der Branche. Sie lobpreisen sich als Top-, Excellence-, Erfolgs- oder Spitzentrainer, Ausnahme- oder Proficoach und lassen sich das durch Testimonials bestellter Claqueure vergolden. Wenn dann noch die Sonne tief genug steht und lange Schatten wirft, halten sich selbst Trainingszwerge für Riesen.

Man fragt sich, ob diese selbsternannten Pseudo-VIPs einfach nur den Marketing-Regeln des Show-Business folgen oder ob andere Ursachen mit im Spiel sind. Erstens könnte es sich um ein psychisches Fehlverhalten namens Megalomania handeln, umgangssprachlich als Größenwahn bezeichnet. Zweitens könnte der so genannte Dunning-Kruger-Effekt zum Tragen kommen. Beides bietet Antworten auf die Frage nach möglichen Ursachen von Selbstüberschätzung, Selbstbeweihräucherung und Narzissmus.

Selbsterhöhung oder einfach nur Inkompetenz?

Beim Größenwahn handelt es sich um eine Selbsterhöhung, bei der sich ein Mensch überzogene Eigenschaften oder eine überhöhte soziale Stellung zuschreibt. Daraus folgt häufig eine Störung der Urteilsfähigkeit. Der österreichische Satiriker Karl Kraus meint denn auch: „Größenwahn verringert jedwede Perspektiven“.

Der Dunning-Kruger-Effekt wiederum bezeichnet eine kognitive Verzerrung und die Tendenz inkompetenter Menschen, ihr eigenes Können zu überschätzen und Leistungen kompetenterer Menschen zu unterschätzen. David Dunning und Justin Kruger erhielten für ihre Studie im Jahr 2000 den satirischen Ignoble-Nobelpreis.

Selbstüberschätzung verhindert Selbstreflexion

Gerade in der Berufsgruppe der Verkaufs- und Rhetorik-Trainer stößt man immer wieder auf zwei kognitive Grundtypen: Trainer, die ihr Wissen und Können realistisch einschätzen oder sogar unterschätzen. Sie üben Selbstkritik und passen ihr Auftreten dem Publikum und dem Rahmen an. Bekannt ist dieser Effekt aus der Mitarbeiterbeurteilung. Gute Mitarbeiter beurteilen sich oft als schlechter als der beurteilende Vorgesetzte.

Die andere Gruppe von Trainern überschätzt die eigenen Fähigkeiten. Sie behaupten, die besten, größten oder härtesten Trainer zu sein. Je größer der Grad an Inkompetenz, desto intensiver die Selbstüberschätzung und geringer die Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion. Verschärfend kommt dann noch hinzu, dass die selbsternannten Schlaumeier die wirklich Gescheiten für intellektuell unterentwickelt halten.

Beifall für Plattitüden

Also alles nur Show-Gehabe oder Größenwahn? Vieles wirkt wohl zusammen, wie beispielsweise bei Deutschlands Motivationsmagier Jürgen Höller. Mit etwas mehr Verstand hätte er die Pauke vorsichtiger geschlagen und sich drei Insolvenzen, die letzte inklusive Knasturlaub, erspart. Man stelle sich einen so genannten Keynote-Speaker vor, der eine Gruppe bisher erfolglos den Erfolg suchender Versicherungsverkäufer begeistern soll und für seine Plattitüden Beifall von Menschen bekommt, die Inszenierung nicht von Inhalt unterscheiden können. Gelingt es ihm tatsächlich, das zu seiner Megalomania passende Mega-Honorar zu erzielen, muss er natürlich denken er sei der Größte. Oder wie David Dunning schreibt: „Wenn jemand inkompetent ist, kann er nicht wissen, dass er inkompetent ist.“

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