SeminareWie der Transfer bei Trainings gelingt
Der Transfer von Trainingsinhalten steht immer weit oben auf der Liste der Anforderungen von Unternehmen. Doch viele Trainings und Seminare erzielen keine nachhaltige Wirkung. Zwar lässt sich meist ein Lernzuwachs am Ende der Veranstaltung feststellen und mit Evaluationsbögen und Abschlusstests messen. Über den Transfer sagen solche Ergebnisse indes nichts aus.
Warum der Transfer oft scheitert
Die häufigsten Gründe, warum Gelerntes aus Trainings und Seminaren nicht in den beruflichen Alltag übertragen wird, sind:
- Das Design des Trainings oder Seminars passt nicht zu den Zielen der Maßnahme.
- Die Inhalte, wie etwa Übungen oder Beispiele, haben mit den tatsächlichen Aufgaben am Arbeitsplatz und den dort herrschenden Gegebenheiten nichts zu tun.
- Den Mitarbeitern fehlt es an Lern- und Umsetzungsmotivation.
- Der Trainer versäumt eine Nachbereitung der Veranstaltung.
- Vorgesetzte unterstützen die Anwendung des Gelernten nicht.
Wie der Transfer des Gelernten in die Praxis gelingen kann
Dieser Zustand ist nicht notwendig, denn es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die den Transfer des Gelernten in die berufliche Praxis fördern – vor, während und nach einem Seminar oder Training:
Bildungsbedarfsanalyse
Mit der Bildungsbedarfsanalyse wird ein Abgleich der vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter mit den aktuellen und zukünftigen Arbeitsaufgaben und Anforderungen vorgenommen. Sowohl der Entscheidungsträger der Maßnahme als auch die zukünftigen Teilnehmer sind im Optimalfall in diesen Prozess eingebunden.
Mitarbeiterbefragungen
Bei komplexeren Aufgabenstellungen können auch Workshops, ausführliche Mitarbeiterbefragungen und Einzelgespräche dazu dienen, aus dem Bedarf und den Erwartungen die Ziele, Inhalte und den Ablauf der geplanten Maßnahme abzuleiten.
Mitarbeiter einbeziehen
Mit dem Einbezug der Mitarbeiter in die Bedarfsanalyse wird gleichzeitig deren Lernmotivation gestärkt, denn sie übernehmen damit einen Teil der Verantwortung für den Transfererfolg.
Zeitliche Planung
Auch die Zeitplanung hat einen Einfluss auf den Transfer des Gelernten. Ein Seminarbesuch kurz vor dem Urlaub etwa verschärft die Umsetzungsproblematik. Je mehr Zeit zwischen Lernen und Anwenden vergeht, desto schwerer fällt der Transfer. Wird das Seminar hingegen an ein betriebliches Projekt geknüpft – beispielsweise vorab als Einstieg in die damit verbundenen Fragestellungen – erleichtert dies das direkte Anwenden in der Praxis.
Trainer sollen Lernprozesse ermöglichen
Während in der Erziehungswissenschaft früher so genannte „erzeugungsdidaktische“ Konzepte im Vordergrund standen, geht es bei heutigen Ansätzen oft um das Konzept der so genannten Ermöglichungsdidaktik. Beide Konzepte unterscheiden sich sowohl in der Rolle des Trainers beziehungsweise Dozenten und in der Aufbereitung der Lerninhalte. Vertreter der Erzeugungsdidaktik gingen von der Annahme aus, Wissen könne von einer Person auf die andere übertragen werden – vergleichbar mit dem Modell des „Nürnberger Trichters“. Die Verantwortung für den Erfolg des Trainings liegt also beim Trainer selbst.
Beim ermöglichungsdidaktischen Ansatz hat sich die Funktion des Trainers gewandelt. Er ermöglicht Lernprozesse, die von den Teilnehmern selbst gesteuert werden. Der Trainer wird zum Lernbegleiter oder Lernberater. Es ist mittlerweile belegt, dass der Transfer der Trainingsinhalte bei ermöglichungsdidaktisch geprägten Angeboten besser gelingt als beim Frontalunterricht, also der klassischen Form der Erzeugungsdidaktik. Das Design der Bildungsmaßnahme sollte also eigenständiges Lernen ermöglichen, während der Dozent seine Interventionen stark kontrolliert und möglichst gering hält. Doch wie sieht das in der Praxis aus?
Nutzen des Trainings für die Teilnehmer verdeutlichen
Mitarbeiter sind häufig nur dann bereit an einem Training teilzunehmen und sich auf eigenständiges Lernen einzulassen, wenn sie den Nutzen der Veranstaltung für sich selbst erkennen. Der Nutzen sollte bereits in der Beschreibung des Trainings oder Seminars verdeutlicht werden. Aber auch der Trainer sollte die Ziele und den Nutzen seines Angebots sowie dessen Anwendungsmöglichkeiten zu Beginn und auch während des Seminars benennen („Diese Übung verhilft Ihnen dazu …“). Außerdem sind folgende Punkte wichtig:
Vorbildfunktion des Trainers
Der Trainer ist Vorbild in seinem Kommunikationsverhalten und sollte für eine angstfreie, entspannte Atmosphäre sorgen. Gemeinsames Lernen darf auch Spaß machen.
Reihenfolge der Trainingsinhalte
Die Trainingsinhalte sollten in eine logische Reihenfolge – vom Allgemeinen zum Speziellen – gebracht werden. Ein für alle einsehbarer Ablaufplan, an den sich alle halten, schafft Transparenz und sorgt für anhaltende Motivation.
Mitgestaltung des Seminars
Wenn die Teilnehmer das Seminar aktiv mitgestalten, ihre Interessen, Erwartungen und Kompetenzen in Form von Eigenaktivitäten einbringen können, steigen ihre Motivation und der Wunsch, die Inhalte später anzuwenden.
Praxisbezug der Aufgaben
Im Seminar zu lösende Aufgaben, Fragestellungen und verwendete Beispiele sollten aus dem Arbeitsalltag der Teilnehmer stammen.
Kontroverse Fragestellungen
Die im Seminar thematisierten Fragestellungen sollten aus verschiedenen Perspektiven kontrovers beleuchtet werden. So ist es für die Teilnehmer einfacher, das Gelernte später in verschiedenen Kontexten anzuwenden.
Gegenseitiger Austausch
Eine wichtige Rolle für die Lernmotivation spielt auch der Austausch der Trainingsteilnehmer untereinander. Deshalb sollten Gruppenarbeiten einen festen Platz im Ablaufplan haben.
Individuell auf die Teilnehmer eingehen
Je mehr ein Trainer auf die Individualität der Teilnehmer, deren Biografie, Erfahrungen und Lernstile eingehen kann, desto besser. Doch dies ist bei strikt vorgegebenen Lehrinhalten oder bei großen Gruppen nicht immer möglich. Dennoch kann das Lernen durch Aneignung mittels solchen Lernangeboten gefördert werden, die die Aktivität und Kommunikation unter den Teilnehmern erfordern. Dazu gehören etwa Gruppenarbeit und Rollenspiele. Ebenfalls wichtig ist ein wertschätzend ausgedrücktes Feedback, möglichst kurzfristig nach der Präsentation einer gelösten Aufgabe oder der Beantwortung einer Frage.
Maßnahmen zur Transfersicherung
- Trainer steht noch eine Zeit lang für Fragen und Feedback zur Verfügung
- Follow-up-Veranstaltungen oder Auffrischungskurse
- Nachfolgendes Coaching am Arbeitsplatz
- Frei zugängliche Downloads mit themenbezogenen Informationen und Aufgaben
- DVD mit den Aufzeichnungen des Trainings für jeden Teilnehmer
- In Zusammenarbeit mit den Teilnehmern entwickelte persönliche Transferpläne