Sexuelle BelästigungKündigung auch bei Andeutungen möglich

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Straftat, die die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Die Arbeitsgerichte legen den Begriff weiter aus als viele denken.

Prinzipiell ist dann von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz die Rede, wenn ein Arbeitgeber, ein Vorgesetzter oder ein Kollege einen Mitarbeiter durch „sexuell motiviertes Verhalten“ bedrängt. Dieses Verhalten rechtfertigt in der Regel eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Frage ist: Was heißt sexuell motiviertes Verhalten konkret?

Für viele Arbeitsrechtler ist dies bereits dann der Fall, wenn die minimale Körperdistanz unterschritten wird. Auch übliche Ausreden lassen sie nicht gelten. So auch beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Die Richter stellten fest, dass der Begriff der „sexuellen Belästigung“ nicht nur sexuell bestimmter, direkter Körperkontakt beinhaltet.

Sexuell belästigend ist ein Verhalten bereits dann, wenn die betroffene Person wiederholt unerwünscht berührt wird. Gleiches ist der Fall, wenn ein Vorgesetzter einer Arbeitnehmerin pornografische Bilder vorlegt und ihr anbietet, er könne solche auch von ihr anfertigen. Auch das ist nach der Meinung der Richter sexuelle Belästigung. Dabei sind Attraktivität der Betroffenen, deren Bildungsniveau, Umgangsstil oder ihre Lektüre (in diesem Fall Bild) für die Richter keine Erklärungen, die ein solches Verhalten rechtfertigen würde.

Kündigung bei verbalen Entgleisungen rechtens – auch ohne Abmahnung

In einem anderen Urteil, ebenfalls beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, ging es um die Frage, ob eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eine Kündigung auch ohne zuvor ausgesprochene Abmahnung rechtfertigen kann. Die Richter stimmten dem zu und zwar ausdrücklich auch dann, wenn es sich „nur“ um verbale sexuelle Belästigungen handelt, wie zum Beispiel ungewolltes Zeigen pornografischen Bildmaterials und ungewolltes Anbieten von Geschlechtsverkehr.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer seiner Arbeitskollegin auf seinem Handy Nacktfotos gezeigt und eine andere Kollegin während ihrer Nachtschicht am Telefon sehr „explizit“ belästigt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit diesem Arbeitnehmer, ohne ihn vorher abgemahnt zu haben. Zu Recht, so die Auffassung der Landesarbeitsrichter.

Besondere Schwere bei Ausnutzung einer Machtposition

Dies trifft in besonderem Maße auch auf sexuelle Andeutungen von Personen zu, die ihre berufliche Machtposition ausnutzen. Das geht beispielsweise aus einer Entscheidung am Verwaltungsgericht Trier hervor. Der Personalamtsleiter einer Stadt hatte gegenüber Auszubildenden beziehungsweise Probezeitbeschäftigen gegen deren Willen eindeutige sexuelle Anspielungen gemacht, zum Beispiel nach deren BH-Größe gefragt.

Die Richter stuften den Beamten um ein Amt zurück. Grund: Nach ihrer Auffassung hatte der Beamte in erheblichem Umfang gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen. Das Dienstvergehen wiege besonders schwer, weil er sich als Vorgesetzter gegenüber den „schwächsten" Mitgliedern der Behörde so verhalten und damit ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt habe.

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Quelle: Redaktion anwaltssuche.de; mit diesen Urteilen: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Aktenzeichen 3 Sa 163/06 und Aktenzeichen 3 Sa 410/08 sowie Verwaltungsgericht Trier Aktenzeichen 3 K 143/08.TR

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