SoftwarerechtVertrag und rechtliche Regeln beim Software-Kauf beachten
Die Einführung einer neuen Software stellt für Unternehmen, gerade auch für mittelständische, eine bedeutende Investition dar. Wer etwa wegen einer neuen ERP-Software tief in die Tasche greift, um möglichst viele Geschäftsprozesse wie Materialwirtschaft, Rechnungswesen und Personalwirtschaft ohne Brüche abzubilden, will sicher gehen, sich für den richtigen Anbieter zu entscheiden.
Dass Unternehmen hier oft auf Messers Schneide agieren, zeigen zum Beispiel die Ergebnisse einer Studie des Bostoner Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Standish Group: Danach würden weltweit lediglich 35 Prozent aller Softwareprojekte innerhalb der Zeit- und Budgetvorgaben abgeschlossen. 46 Prozent der Projekte endeten mit teils massiven Mängeln oder deutlichen Termin- beziehungsweise Budgetüberschreitungen. Und sogar 19 Prozent scheiterten vollständig.
Rechtliches wird beim Software-Kauf oft ausgeklammert
Ein allgemeines Problem bei der Auswahl des Software-Anbieter: Unternehmen orientieren sich dabei häufig bloß an betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wichtige rechtliche Fragen hingegen werden ausgeklammert oder sind schlichtweg nicht bekannt. Bereits in der frühen Phase der Software-Evaluierung sollten Unternehmen aber gerade auch den rechtlichen Belangen Aufmerksamkeit schenken, um nicht hinterher kostenintensiv und zeitaufwändig mit dem Anbieter nachverhandeln zu müssen.
Der erste Fallstrick lauert bereits beim Angebot des Software-Anbieters. Hier schauen viele Unternehmen oft einseitig auf den Preis. Aus rechtlicher Sicht können Software-Anbieter zum Zeitpunkt der Evaluierungsphase aber grundsätzlich nur grobe Schätzungen abgeben, selbst wenn ein detailliertes Lastenheft vorliegt. Wie groß der Aufwand letztlich sein wird, um das Projekt bis ins kleinste Teil umzusetzen, zeigt sich erst im Laufe des Projekts.
Einzelne Leistungen müssen transparent aufgeschlüsselt sein
Umso nichtssagender sind Angebote, in denen alle Leistungen unter einen Gesamtbetrag fallen, ohne die einzelnen Positionen aufzuschlüsseln. Transparent und für den Kunden überprüfbar ist ein solches Angebot nur dann, wenn auch Einzelleistungen wie etwa Kosten für Testphasen oder die Programmierung einzelner Module nachvollziehbar aufgeschlüsselt werden. Der Kunde muss erkennen können, wie hoch der zeitliche Aufwand fürs eigentliche Programmieren ist und für welche Leistungen er darüber hinaus noch aufkommen muss. Nur so ist das Angebot auch vergleichbar. Der Auftraggeber sollte deshalb darauf bestehen, ein möglichst detailliertes Angebot zu erhalten.
Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die meist in Form eines standardisierten Software-Erstellungsvertrags vorliegen, verdienen bereits in der Evaluierungsphase besondere Aufmerksamkeit. Der Auftraggeber sollte zunächst prüfen, ob diese AGB dem Vertragsangebot überhaupt beiliegen. Falls nicht, sollte er den Anbieter auffordern, sie nachzuliefern.
Nutzungsrechte an der Software sollten unbeschränkt gelten
Der wichtigste Teil der AGB sind für die Evaluierungsphase diejenigen Bestimmungen, die die Übertragung der Lizenzen an der individuell programmierten Software regeln. Software als Ergebnis kreativer Arbeit unterliegt dem Schutz des Urheberrechts. Entsprechend regelt der Software-Anbieter über Lizenzen die jeweiligen Nutzungsbefugnisse durch den Auftraggeber.
Unternehmen sollten kritisch prüfen, wie der Anbieter diese Lizenzen im Vertrag ausgestaltet. So kann es vorkommen, dass er die Anzahl der Arbeitsplätze, die die Software gleichzeitig nutzen dürfen, beschränkt oder die Weitergabe der Software von seiner Zustimmung abhängig macht. Unternehmen sollten an dieser Stelle auf die Einräumung eines ausschließlichen, inhaltlich und zeitlich unbeschränkten Nutzungsrechts pochen. Der Auftraggeber muss über die Software frei verfügen können. Denn: Ändert sich zum Beispiel die Unternehmensstruktur durch den Verkauf einer Sparte, könnten die Rechte an der Software, die für diesen Bereich entwickelt wurde, unter Umständen nicht übertragen werden. Hier droht ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden.
Software-Verträge müssen auch den Projektverlauf regeln
Ein Software-Erstellungsvertrag muss aber auch detaillierte Regelungen zum Projektverlauf enthalten. Beispiele:
- Regelung der Reaktionszeiten für etwaige Mängelbeseitigungsarbeiten
- Beschreibung des Abnahmeprozesses der Software
- Schilderung der Testverfahren
- Regelung von Anpassungen im Rahmen des Einführungskonzepts beziehungsweise Pflichtenhefts
Software-Anbieter lassen solche Regelungen im Erstellungsvertrag häufig weg – der Kunde muss sie dann aufwändig nachverhandeln. Dies kann schon vor dem eigentlichen Projektstart persönliche Konflikte zwischen jenen hervorrufen, die während des eigentlichen Projekts eng kooperieren sollen.
Fazit
Schon in der Evaluierungsphase wird der Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen am Projekt Beteiligten gelegt. Wenn Unternehmen in dieser Phase eine Gesamtschau der vorhandenen oder gerade nicht vorhandenen Regelungen vornehmen, können sie abschätzen, wie kooperativ der Anbieter ist und wie umfangreich – und damit wie kostenintensiv – die Vertragsverhandlungen potenziell werden können.
Wie der Software-Vertrag ausgestaltet sein muss
- Einzelne Projektschritte werden nach Programmiertätigkeit und sonstigen Leistungen im Angebot aufgeschlüsselt.
- Der Anbieter überträgt ein ausschließliches, inhaltlich und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht an der Software.
- Die wesentlichen Standardklauseln eines Software-Projektvertrags wie etwa die Festlegung von Service-Levels oder der Umgang mit Change Requests sind Vertragsbestandteil.