Teamentwicklung mit realen Aufgaben

Survival-Trainings sind out. Moderne Maßnahmen der Teamentwicklung setzen auf die Bewältigung realer Aufgaben aus dem Arbeitsalltag.

Die Arbeitsbeziehungen und -strukturen in den Betrieben haben sich in den zurückliegenden Jahren verändert. Neben der Projektarbeit ist heute auch die Teamarbeit in weiten Teilen der Unternehmen gängige Praxis. Dies wirkt sich auch auf die Zielsetzungen und Designs der Teamentwicklungsmaßnahmen aus. Eher selten werden Trainingsanbieter heute noch mit Anfragen konfrontiert, bei denen der Auftrag lautet: „Formen Sie aus einer Gruppe von Einzelkämpfern ein Team!“ Oder: „Verbessern Sie die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern!“ Stattdessen soll in den meisten Fällen die Performance bestehender Teams gesteigert werden.

Klassische Survival-Trainings sind längst überholt

Geht man von den vier Stufen der Teamentwicklung „Forming“, „Storming“, „Norming“, „Performing“ aus, haben die Teams, die heute an Trainingsmaßnahmen teilnehmen, häufig bereits die ersten zwei beziehungsweise drei Stufen durchlaufen. Oft hakt es aber noch beim Performing. Das heißt der gemeinsame Output stimmt noch nicht und das Team entfaltet noch nicht die gewünschte Wirkung.

Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Zum Beispiel, dass das Team beim „Norming“, als es unter anderem die Regeln für die Zusammenarbeit definierte, gewisse Dinge vergaß. Oder dass die Arbeitsbedingungen und -anforderungen sich so stark verändert haben, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht mehr zeitgemäß und tragfähig sind. Ein Grund könnte auch sein, dass neue Mitarbeiter zum Team stießen, die andere Werte und Vorstellungen von der Zusammenarbeit haben. Die Folge: Reibungen und damit Effizienzverluste. In all diesen Fällen geht es nicht um ein klassisches Teambuilding, also das Neuformieren eines Teams. Vielmehr sollen die Zusammenarbeit verbessert und die Wirksamkeit erhöht werden – und zwar ausgehend von den realen Herausforderungen, vor denen das Team oder das Unternehmen gerade steht.

Das wirkt sich auch auf das Design der Maßnahmen aus. Veraltet sind dabei Teambildungs- und -entwicklungsmaßnahmen beispielsweise in Form von Survival-Trainings. Solche Maßnahmen können und wollen sich die Unternehmen heute nicht mehr leisten. Sie kommen, wenn überhaupt, nur noch im Vertrieb zum Einsatz. Dort haben sie allerdings primär eine Incentive-Funktion.

Auch der High-Ropes-Anlagen-Boom ist inzwischen abgeebbt. Diese Anlagen werden zwar weiterhin genutzt, doch nur dann, wenn es beispielsweise um das Entwickeln eines Teamgeistes geht. So besuchen zum Beispiel Jahr für Jahr alle neuen Auszubildenden der Bausparkasse Schwäbisch Hall im Rahmen ihrer zweiwöchigen Einführung einen Hochseilgarten, damit persönliche Beziehungen zwischen ihnen entstehen können und die Berufsstarter auch emotional beim Unternehmen ankommen. Ähnlich verläuft es in Unternehmen, in denen Traineeprogramme starten. Hier ist es durchaus üblich, dass die jungen Männer und Frauen, die den Förderkreisen angehören, gemeinsam einen solchen Parcours besuchen.

Teamseminare als „Umweg“

Wenn es aber um das Entwickeln, oder genauer gesagt, um das Weiterentwickeln von Teams geht, setzen die Unternehmen zunehmend auf andere Instrumente. Zum Beispiel Teamseminare, bei denen die Teilnehmer gemeinsam kochen, ein großformatiges Bild malen oder ein Theaterstück einstudieren. Das Ziel: Aus den Verhaltensmustern, die die Teilnehmer beim Lösen der Teamaufgabe zeigen, sollen in der Reflektionsphase zunächst Rückschlüsse auf das Verhalten im Arbeitsalltag gezogen werden. In der anschließenden Transferphase werden Vereinbarungen getroffen, um die Zusammenarbeit zu verbessern und die Performance zu steigern.

Diesen Umweg begründeten Unternehmen in der Vergangenheit meistens mit folgender Argumentation: Wenn die Teilnehmer zunächst ihr Verhalten reflektieren, dann nehmen sie beim Ansprechen von neuralgischen Verhaltensmustern nicht gleich eine Verteidigungshaltung ein. Anders stellt sich die Situation dar, wenn ihr Verhalten unmittelbar am Arbeitsplatz thematisiert wird. Zunehmend scheinen die Unternehmen aber nicht mehr bereit zu sein, solche Umwege zu gehen oder sie erachten sie nicht mehr als notwendig. Der Grund: Bei den jüngeren Mitarbeitern handelt es sich heutzutage um andere „Typen“ als noch vor einigen Jahrzehnten. Sie sind offener und fragen sich bei einer neuen Anforderung oder Aufgabe nicht gleich, ob diese auch tatsächlich mit der eigenen Stellenbeschreibung vereinbar ist. Sie sind vom Verhalten her deutlich team- und kritikfähiger und flexibler als dies die Mitarbeiter früher waren.

Für die Unternehmen bedeutet das: Sie müssen weniger Überzeugungsarbeit leisten, wenn es um notwendige Verhaltensänderungen geht. Auch weil die meisten Mitarbeiter heute verinnerlicht haben, dass sie letztlich sowohl als Individuum als auch als Team daran gemessen werden, welchen Beitrag sie zum Erreichen der Unternehmensziele leisten. Bewusst ist dies heute eigentlich fast allen Mitarbeitern, doch unklar sind ihnen zuweilen folgende Dinge:

  • Was bedeutet dies für unsere Alltagsarbeit?
  • Wie müssen wir uns verhalten und kooperieren, um die gewünschten Resultate zu erzielen?

Moderne Teamentwicklungsmaßnahmen zielen auf den realen Arbeitsalltag ab

An diesem Punkt setzen denn auch fast alle modernen Teamentwicklungsmaßnahmen an. Wenn die Teilnehmer bereits Teamerfahrung haben, verzichten diese zumeist auf die Schaffung künstlicher Referenzerlebnisse wie etwa das gemeinsame Bauen eines Floßes. Stattdessen bearbeiten die Teilnehmer gemeinsam eine Aufgabe, vor der sie im Arbeitsalltag tatsächlich stehen. Nach der Bearbeitung wird unter der Anleitung reflektiert:

  • Wie gingen wir vor?
  • Welche Verhaltensweisen haben wir gezeigt?
  • Inwiefern waren diese zielführend?

Daraus werden dann konkrete Schlüsse für die künftige Zusammenarbeit gezogen. Im Zentrum der Trainings oder Teamentwicklungsmaßnahmen stehen also reale Herausforderungen, vor denen die Teams im Arbeitsalltag stehen. Dies gilt insbesondere, wenn auf der Top-Ebene von Unternehmen ein High-Performance-Team entwickelt werden soll. Dann muss gleich zu Beginn ein klares, businessorientiertes Agenda-Setting betrieben werden, dass den Top-Kräften beispielsweise erläutert, worum es in dem Prozess geht.

Die Erfahrung zeigt, dass Top-Entscheider ein klares Agenda-Setting und ein funktionsbezogenes Feedback schätzen. Der Grund: Sie stehen bei ihrer Arbeit permanent vor der Frage, wie sie ihre Wirksamkeit erhöhen können. Zudem haben sie meist die Maxime „No pain, no gain“ verinnerlicht. Zu Deutsch: Von nichts kommt nichts. Deshalb sind sie in der Regel für ein kritisches Feedback besonders offen, selbst wenn dieses zunächst schmerzen sollte.

Dazu im Management-Handbuch

Ähnliche Artikel

Excel-Tipps