Über Kundendialog und Ko-Kreation zu Innovationen
Im Kundendialog beginnt ein Unternehmen, von den Kunden zu lernen und die eigenen Leistungen und Angebote aus Kundensicht zu sehen. In der Ko-Kreation sind die Kunden Partner in einem permanenten Entwicklungs- und Innovationsprozess. Wie können Unternehmen Kundendialog und Ko-Kreation fördern?
Chancen von Kundendialog und Ko-Kreation
Krisen und Skandale zehren in vielen Branchen am Vertrauenskapital. Wo die Bindung der Kunden erschüttert wird, steigen die unternehmerischen Risiken. Der Dialog mit Kunden baut Vertrauen wieder auf. Kunden, die die Erfahrung machen, dass man ihnen wirklich zuhört und dem Zuhören auch Taten folgen lässt, werden zu Fürsprechern des Unternehmens. Wo Vertrauen wächst, entsteht Bindung. Kundenbindung wird dann zu einer automatischen Folge der wachsenden Beziehung zu Kunden. Der Dialog wirkt in beide Richtungen: Auch das Unternehmen empfindet mehr Vertrauen und Bindung zu seinen Kunden.
Im Dialog erhalten Unternehmen direkte, differenzierte Rückmeldungen zu ihren Produkten, Services und Kommunikationsangeboten. Reaktionen und Beweggründe der Kunden werden sicht- und nachvollziehbar. Wer Kunden dann noch weitergehend zur Kreation neuer Produkte und Dienstleistungen einlädt, wird von ihrer Kreativität und Kompetenz überrascht sein. Sie kennen sich oft besser aus als die Entwickler und Entscheider selbst. Ihre Ideen entspringen unmittelbar ihren Bedürfnissen und Nutzungserfahrungen. Mehr Kundennähe im wahrsten Sinne des Wortes ist nicht möglich. Welche Formate sind denkbar?
Formate für Kundendialog und Ko-Kreation
Format „Kundenforum“
Kundenforen lassen großen Gestaltungsspielraum. Weder bei der Teilnehmerzahl noch beim Rhythmus gibt es einschränkende Vorgaben. Schon mit etwa zehn Teilnehmern lässt sich ein Kundenforum veranstalten, es dürfen aber auch 100 und mehr Kunden zusammenkommen. Je nach Gruppengröße und Ziel von Kundenforen kommen unterschiedliche Moderationsmethoden zum Einsatz, beispielsweise World Café, BarCamp oder Dynamic Facilitation. Das Thema eines Kundenforums kann sowohl durch die Kunden als auch durch das Unternehmen bestimmt werden. Kundenforen eignen sich gut zum Test des Dialogs, da sie keinen Wiederholungszwang auslösen.
Die Vorteile eines Kundenforums sind:
- Als Einzelveranstaltung oder als Serie möglich
- Dauer etwa zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden
- Ab 10 bis über 100 Teilnehmenden möglich
- Thema kann durch das Unternehmen gesetzt oder alternativ während des Forums durch die Kunden bestimmt werden
Format „Kundenbeirat“
Mit einem Kundenbeirat wird der Dialog mit Kunden fest im Unternehmen institutionalisiert. Ausgewählte Kunden repräsentieren die Stimme der Kunden im Unternehmen. Seinem Namen entsprechend hat ein Kundenbeirat nur beratende Funktion. Die Auswahl der Kundenbeiräte muss transparent erfolgen, beispielsweise mit einem Los-Verfahren. Die Beiräte erhalten eine Aufwandsentschädigung. Mindestens zweimal jährlich sollte ein Kundenbeirat tagen. Die Agenda kann von Kunden und Unternehmen gleichermaßen bestimmt werden. Dabei reicht die Themenpalette vom Feedback zu vorhandenen oder geplanten Leistungen bis hin zur Produktentwicklung.
Die Vorteile eines Kundenbeirats sind:
- Pro Jahr zwei bis drei Sitzungen
- Abhängig von Unternehmensgröße und Zielgruppe zwischen 12 und 30 Teilnehmenden
- Themen können durch das Unternehmen und durch die Kundenbeiräte bestimmt werden
Format „Rat der Kunden“
Beim Rat der Kunden geht es um grundlegende strategische Empfehlungen der Kunden zur Unternehmens- und Produktentwicklung. In einem intensiven Dialogprozess filtern die beteiligten Kunden die Themenkomplexe, die ihnen am dringlichsten erscheinen. Der Rat der Kunden basiert auf der Moderationsmethode Dynamic Facilitation. Idealerweise besteht ein Rat aus 12 bis 18 per Los ausgewählten Kunden. Mehr als 20 Teilnehmende sollten es nicht sein, damit alle Stimmen umfassend gehört werden.
Ziel ist es, zu einer gemeinsamen Empfehlung aller beteiligten Kunden zu gelangen, die am Ende den maßgeblichen Vertretern des Unternehmens präsentiert wird. Für dieses Format ist Zeit erforderlich. Einschließlich der Präsentation sollten ein bis eineinhalb Tage zur Verfügung stehen. Wegen des Zeitaufwands sollte den beteiligten Kunden außerdem eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden.
Die Vorteile eines Rats der Kunden sind:
- Als Einzelveranstaltung oder als Serie möglich (ein bis zwei Mal pro Jahr)
- Dauer ein bis eineinhalb Tage
- Zwischen 12 und 18 Teilnehmende
- Thema kann durch das Unternehmen mit einer Leitfrage mitbestimmt oder vollständig durch die Kunden bestimmt werden
Format „Online-Kundendialog“
Die Online-Variante des Kundendialogs bietet sich vor allem für Unternehmen an, die überregional operieren beziehungsweise deren Vertrieb und Kommunikation vorwiegend im Internet stattfinden. Im engeren Sinn ist die Online-Variante kein eigenes Format, sondern nur eine andere Plattform für den Dialog. Alle zuvor dargestellten Formate lassen sich auch online realisieren. Online-Tools erweitern die Möglichkeiten, während gleichzeitig Raum-, Verpflegungs- und Reisekosten entfallen. Mit der entsprechenden Software kann der Teilnehmerkreis bis zu 1.000 Kunden umfassen – eine Möglichkeit, die bei Präsenzveranstaltungen nur mit hohem Finanzaufwand zu realisieren ist. Da alle Inhalte digital vorliegen, ist die Dokumentation schnell erstellt und kann für die weitere Bearbeitung beispielsweise in asynchronen Kundenportalen bereitgestellt werden.
Die Vorteile eines Online-Kundendialogs sind:
- Abhängig von der eingesetzten Software sind 10 bis 1.000 Teilnehmende in einem synchronen Onlinedialog möglich
- Im Regelfall nur ein PC mit Internetzugang auf Kundenseite erforderlich
- Beim Einsatz von Voice over IP braucht es Kopfhörer und Mikrofon oder ein Headset
Bedingungen eines gelingenden Dialogs
Die durch den Dialog ausgelösten positiven Kundenreaktionen erreichen auch die Mitarbeiter. Werden sie ebenfalls in den Dialog einbezogen, entwickelt sich eine zunehmende „Führung vom Markt her” und der Weg für die Umsetzung der Kundenwünsche wird geebnet. Wer selbst dabei war, kann die Wünsche der Kunden besser verstehen. Außerdem sind alle Mitarbeiter direkt oder indirekt Botschafter des Unternehmens und so am Marketing beteiligt. Entscheidend ist also: Fühlen die Mitarbeiter sich gehört und sind daher überzeugte Botschafter, oder verweigern viele dem eigenen Arbeitgeber die Empfehlung an Verwandte und Freunde?
In einem solchen Fall kann die Unternehmenskommunikation noch so gut sein – demotivierte Mitarbeiter erzeugen in der Kundenwahrnehmung Dissonanzen. Wie im Dialog mit Kunden kann der Dialog mit Mitarbeitern helfen, solche internen Dissonanzen bewusst zu machen und abzubauen. In der Regel haben die Mitarbeiter selbst zahlreiche Ideen, wie Produkte und Services verbessert werden können. Finden sie Gehör, wird ein kontinuierlicher Innovationsprozess in Gang gesetzt, der von innen und außen Impulse bekommt.
Wo Vertrauen wächst, entsteht Bindung. Es sind einige wenige Bedingungen, die es zu beachten gilt, um Vertrauen und Bindung wieder wachsen zu lassen. Ein einzelnes Dialog-Event kann in einer akuten Situation sehr hilfreich sein. Wer aber auf Dauer Vertrauen aufbauen will, wird mehr als nur ein einzelnes Event einsetzen. Wird der Dialog von der Unternehmensführung durch aktive Präsenz unterstützt, hat das auf die beteiligten Kunden eine starke Signalwirkung: Die Absicht ist ernsthaft. Im Laufe der auf eine Dialogveranstaltung folgenden Wochen und Monate, werden beteiligte Kunden sehr aufmerksam beobachten, ob und wie das Unternehmen Konsequenzen ergreift: Werden die Ideen aufgegriffen beziehungsweise folgen den Worten auch Taten?
Dabei können die Taten auch in einem klar formulierten Nein bestehen. Selbstverständlich können nicht alle Ideen umgesetzt werden, dass ist jedem beteiligten Kunden klar. Wichtig jedoch ist Transparenz: Was passiert mit meinen Vorschlägen? Antworten auf diese Frage müssen engagierte Kunden leicht nachvollziehen können. Damit der Dialog weitere Wirkung entfacht, braucht es Kommunikation nach innen und außen. In beide Richtungen ist der Dialog ein wichtiges Signal: Wir bewegen uns aufeinander zu!