Übersetzungsmanagement für internationale Unternehmen

International tätige Unternehmen sind auf effektive Workflows bei Übersetzungen angewiesen. Damit lassen sich Kosten einsparen und die Qualität verbessern.

Allein in Deutschland liegt das jährliche Volumen des Übersetzungsmarktes nach Schätzungen des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) bei 750 Millionen bis einer Milliarde Euro (Stand 2011). Studien gehen von einem weltweit jährlichen Wachstum von zehn Prozent aus. Eine immer größere Sprachenvielfalt bei ständig steigenden Übersetzungsvolumina stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen.

Wie unorganisiert und kostenintensiv die Übersetzungsprozesse jedoch oft ablaufen, ist vielen Unternehmen nicht bewusst. So verursachen unter anderem Abstimmungen, Formatanpassungen, Qualitätsüberprüfungen und administrative Prozesse umgerechnet fast noch einmal so hohe Kosten wie die Übersetzung selbst. Sie entstehen, wenn Mitarbeiter unnötig Zeit aufwenden, um Übersetzungen zu beauftragen, zu prüfen oder in firmeneigene Systeme zu importieren. Noch nicht eingerechnet ist dabei der Wissens- und Zeitverlust, der entsteht, wenn die „Learnings“ aus übersetzten Texten ins Leere laufen, statt nachhaltig die Übersetzungsqualität zu verbessern.

Beispiel für chaotisches Übersetzungsmanagement

Folgendes Beispiel zeigt die Problematik, mit denen Unternehmen beim Übersetzungsmanagement immer wieder konfrontiert sind:

Ein IT-Mitarbeiter bekommt zum ersten Mal die Aufgabe für eine Fachübersetzung neuer Software ins Englische. Eine Ablage zu Übersetzungen sucht er vergeblich, daher erkundigt er sich bei Kollegen nach guten Übersetzungsbüros. Schon diese interne Recherche beansprucht die Arbeitszeit des Mitarbeiters und die seiner Kollegen. Nach der Vorauswahl holt er per E-Mail mehrere Angebote ein, die innerhalb eines Tages eintreffen. Da sein E-Mail-Postfach gut gefüllt ist, vergehen noch einmal wertvolle Stunden, bevor er den Eingang aller Angebote realisiert.

Nachdem der Mitarbeiter einen Dienstleister ausgewählt hat, schickt er ihm den Auftrag mit Quelltext. Die Übersetzung erhält er pünktlich, leitet sie an seinen Vorgesetzten weiter und speichert sie ab. Nach zahlreichen E-Mails sowie Up- und Downloads ist sich der Mitarbeiter sicher, das Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben.

Das Feedback des Vorgesetzten ist jedoch ernüchternd. Firmen- und Fachterminologie wurden nicht eingehalten und Textpassagen, die in dieser Serie immer wieder vorkommen, wurden anders als üblich übersetzt. Die nächste interne Recherche beginnt, bestehend aus einem Puzzle von Dokumenten, aus denen der Mitarbeiter die erforderliche Firmenterminologie zusammensucht. Der Aufwand ist am Ende um ein Vielfaches größer als alle Beteiligten erwartet hätten. Hätte es sich um eine Zielsprache gehandelt, die kein Mitarbeiter überprüfen kann, wäre sogar eine falsche Übersetzung in Umlauf gegangen. Hinzu kommt: In solchen Situationen wird außerdem häufig versäumt, „Learnings“ für neue Kollegen zu dokumentieren. Die Folge: Die nächsten Übersetzungen verursachen die gleichen Probleme und der ungeregelte Prozess beginnt von vorne.

Die im Rahmen von Übersetzungen anfallenden Prozesse sind vielfältig und können zur Vereinfachung grob in folgende Bereiche unterteilt werden:

Qualitätssicherung

Die multilinguale Verwaltung von Fach- und Firmenterminologie ist wohl eine der größten Herausforderungen bei Übersetzungen. Das Thema wird von Unternehmen in der Regel unterschätzt und von Übersetzungsbüros gerne genutzt, um Kunden an sich zu binden. Die Investition für Erfassung, Verarbeitung, Pflege und Bereitstellung von terminologischen Daten erscheint auf den ersten Blick hoch, doch ist der Aufwand für ungeregelte Informationsprozesse sowie Probleme in der Kommunikation um ein Vielfaches höher.

Dies zeigt auch die Studie „Erfolgreiches Terminologiemanagement in Unternehmen“ des Deutschen Fachverbands für Technische Kommunikation und Informationsentwicklung (tekom). Vor allem im dynamischen Technik- und Marketingbereich sind immer mehr Bezeichnungen für immer mehr Produkte in immer größeren Märkten notwendig. Diese in jeder Sprache konsistent zu benennen ist die Basis einer funktionierenden Kommunikation.

Es gibt Tools zur Verwaltung von Begrifflichkeiten, mit denen Fehler in der internationalen Kommunikation erst gar nicht entstehen. Mit ihnen lernen Mensch und IT kontinuierlich voneinander. Basis ist eine Terminologiedatenbank, in der festgelegte Begriffe für die Übersetzer mehrsprachig hinterlegt sind. Ob die Fach- und Firmentermini wirklich eingehalten wurden, kann eine spezielle Software nach der Übersetzung überprüfen. Solche Lösungen sind der Schlüssel für mehr Qualität, Effektivität und Nachhaltigkeit im Übersetzungsprozess. Sie machen es möglich, dass Unklarheiten unmittelbar geklärt und Fehler ausgeschlossen werden können. Ähnliche Lösungen gibt es auch für ganze Textpassagen, die damit multilingual wiedererkannt werden können.

Operative Text-Prozesse

Im Idealfall sollten Übersetzungen unsichtbar ablaufen und mit der Kommunikation verschmelzen. Sie müssen ein Teil des Arbeitsprozesses sein, ohne ihn zu belasten. Doch statt durch clevere IT-Lösungen effektive und nachhaltige Prozesse zu generieren, ärgern sich die meisten Sachbearbeiter immer noch mit unnötiger Vor- und Nachbereitung der Daten. Soll zum Beispiel eine Website übersetzt werden, müssen zunächst die Texte für das Übersetzungsbüro extrahiert werden. Handelt es sich um ein bestimmtes Layout, muss beim Import des übersetzten Textes oft noch ein Grafiker hinzugezogen werden. Wer häufig mit solchen Texten zu tun hat sollte darauf achten, dass das Übersetzungsbüro mit Schnittstellen arbeitet, die mit dem eigenen Content Management System kompatibel sind. So können die oben beschriebenen Arbeitsschritte vom Dienstleister „auf Knopfdruck“ durchgeführt und firmeninterne Aufwände vermieden werden.

Administration

Mit Lean Administration ist die Verschlankung von Verwaltungsprozessen gemeint, also zum Beispiel das Einholen von Kostenvoranschlägen, die Beauftragung eines Dienstleisters oder die Rechnungsprüfung. Bei Übersetzungen steckt jedoch noch mehr dahinter, denn der Sachbearbeiter muss sich zusätzlich um die Koordination der Informationen bei Rückfragen kümmern, Geheimhaltungsvereinbarungen einholen oder die Ablage der Dokumente organisieren.

Oft werden im Rahmen von Lean Administration die Suche nach Informationen und die Bearbeitung von E-Mails als größte Zeitfresser genannt. Genau hier setzt ein effektives Übersetzungsmanagement an. Im Bereich Administration bedeutet das die Automatisierung nahezu aller Verwaltungstätigkeiten über spezielle Auftragsportale. E-Mails mit Dienstleistern werden überflüssig, da die Auftragserteilung durch ein System stattfindet, das in das eigene Firmennetz integriert ist. Neben dem Wegfall aufwändiger Kostenrecherchen, Rechnungsprüfungen und Nachfragen ist zusätzlich ein besseres Controlling möglich. Freigeschaltete Mitarbeiter können zum Beispiel alle Übersetzungsaufträge beliebig sortieren, sich einen Überblick verschaffen und gegebenenfalls Einsparpotenziale identifizieren.

Die Herausforderung im Übersetzungsmanagement besteht für Auftraggeber und Dienstleister in einem rund ablaufenden Gesamtprozess. Hier gehen keine Informationen verloren, E-Mails werden überflüssig und Rückfragen erledigen sich von selbst. Zudem entstehen Synergieeffekte. Gerade durch die Terminologiearbeit verbessert sich die Trefferquote von Suchmaschinen, aber auch rechtlichen Problemen und Imageschäden wird vorgebeugt, wie die oben erwähnte tekom-Studie zeigt. Es lohnt sich also, die eigenen Workflows in diesem Bereich einmal kritisch zu hinterfragen.

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