UnternehmensentwicklungTriebkräfte der Branche erkennen und nutzen
Welche Faktoren beeinflussen die zukünftige Entwicklung einer Branche und eines Unternehmens in besonderer Weise? Und wie kann man sich erfolgreich darauf einstellen? Es gibt sicherlich keine eindeutige Antwort auf solche Fragen; denn niemand kann die Zukunft vorhersagen. Dennoch lassen sich einige Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung treffen, wenn man dem Modell der sogenannten "Disruptiven Innovation" folgt, das von Clayton M. Christensen maßgeblich entwickelt wurde und seit vielen Jahren propagiert wird. Christensen empfiehlt für eine bessere Abschätzung der zukünftigen Entwicklung folgende Einflussfaktoren genauer zu betrachten:
- Verwerfungen einer Branche ergeben sich durch zu schnelle Technologieentwicklungen: Der technische Fortschritt wird von den etablierten Unternehmen so schnell vorangetrieben, dass viele Kunden die neuen Produkte und Dienstleistungen gar nicht so schnell übernehmen können. Dies eröffnet Chancen für andere Anbieter, angepasste Produkte zu verkaufen. Eine Branche differenziert sich aus.
- Solange eine Technologie, eine Branche oder ein neues Produkt noch nicht ausgereift ist, sollte ein Unternehmen alle Kompetenzen in sich vereinigen, um das Produkt herzustellen. Später werden einzelne Komponenten an andere Unternehmen ausgelagert. Beispiel: Computer. IBM hat in den frühen Jahren alles rund um den Computer (Großrechner) selbst gemacht, mit dem Personalcomputer sind externe Firmen wie Intel oder Microsoft ins Spiel gekommen. Das heißt, aufgrund der Ausdifferenzierung und mit zunehmender Reife wird eine Branche immer stärker filetiert. Aber die einzelnen Anbieter und Produktkomponenten sind hochgradig voneinander abhängig.
- Wer die einzelnen Anbieter und Komponenten innerhalb dieser Wertschöpfungskette kontrolliert, der macht die größten Gewinne. Das sind meistens die Unternehmen, die wesentliche Schlüsselkomponenten herstellen, die die Gesamtleistung des Produkts bestimmen – und die dort immer die besten, kostengünstigsten und flexibelsten Leistungen erbringen.
Ein Beispiel: Früher haben alle Autobauer (fast) alle Komponenten selbst hergestellt. Die Unternehmen waren hoch integriert. Dann differenzierte sich der Markt immer stärker aus, Nischen entstanden, immer mehr Anbieter waren erfolgreich, indem sie spezifische Kundenwünsche bedienten. Diese konnten aber nicht mehr alle Komponenten selbst fertigen, sondern griffen auf externe Zulieferer in der Wertschöpfungskette zurück, die die jeweils besten, manchmal standardisierte Komponenten anbieten konnten. Dies war ein Grund dafür, dass heute die großen Automobilhersteller mit sinkenden Gewinnmargen kämpfen müssen, während Bosch beispielsweise mit seinen Dieseleinspritzaggregaten hervorragende Gewinne erzielt.
Weil viele Autohersteller diese Entwicklung erkannt haben, versuchten sie, ihre Komponentenherstellung in eigenständige Firmen auszulagern: General Motors hatte das Unternehmen Delphi gegründet, Fords Pedant heißt Visteon.
Der zukunftsweisende Rat Christensens lautet deshalb:
- Schauen Sie sich die Lebensgeschichte und Lebensphase Ihrer Branche genau an. In welcher Phase befinden Sie sich? Welche Stellung nimmt Ihr Unternehmen ein?
- Stellt Ihr Unternehmen alle Komponenten selbst her und kann es damit alle Kundenwünsche abdecken? Oder gibt es bereits sehr viele Nischen, die mit spezialisierten Produkten bedient werden müssen? Gibt es dafür jeweils eigenständige Anbieter? Sind dies Ihre Konkurrenten oder gehören Sie selbst dazu?
- Welche Komponenten Ihres Produkts entscheiden darüber, wie erfolgreich Sie diese Nischen bedienen können? Bei welchen Komponenten lassen sich Größenvorteile, also geringe Herstellungskosten erzielen? Welche sind für die Leistung des Produkts entscheidend?
- Sind Sie bei diesen „Schlüsselkomponenten“ selbst aktiv?
Wenn nicht, sollten Sie sich dorthin begeben, denn dort wird in Zukunft das Geld verdient.
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