UnternehmensführungSieben Grundprinzipien weiser Führung

Ein Unternehmen erfolgreich zu führen, ist nicht immer einfach. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bemerken dies immer mehr Unternehmer. Wer jedoch die sieben Grundprinzipien weiser Führung beachtet, kann die Zukunftsfähigkeit fördern und seine Chancen, sich erfolgreich am Markt zu positionieren, erhöhen.
Von Dr. Klaus Doppler

Führung als Entwicklung zur Selbststeuerung einer Organisation

Drei Prinzipien bilden das Fundament für die Führung von Unternehmen, die die Selbststeuerungsfähigkeit ausbilden und ausbauen wollen:

  • Betroffene beteiligen: Wer Betroffene beteiligt, gibt sich und den Betroffenen die Möglichkeit, ihr Wissen und ihre Fertigkeiten einzubringen und zu erproben. Dadurch werden sie zu „Mit-Trägern“ der Entwicklung. Diese innere Trägerschaft (ownership) ist die Voraussetzung, persönliche Verantwortung übernehmen zu können und die notwendige Energie dafür aufbringen zu wollen.
  • Hilfe zur Selbsthilfe: Das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe setzt einer Führung voraus, die gegebenenfalls anstößt, beratend unterstützt und ermutigt, die aber nicht kompensatorisch in das Geschehen eingreift. Motto: Führen am, statt im System. Die Betroffenen lernen im Rahmen von Selbstführung Verantwortung zu übernehmen - ohne Ausweichmöglichkeit zur Rückdelegation.
  • Schrittweises Vorgehen: Dieses Prinzip folgt der Aussage von Kurt Lewin „ein System lernt man erst kennen, wenn man versucht, es zu verändern“. Das heißt, es gibt zwar Ausgangshypothesen, es gibt auch einen mittel- oder langfristigen Gesamtplan, aber die Umsetzung folgt bewusst schrittweise, um aus jedem Schritt für den nächsten zu lernen – zumal das Umfeld in Bewegung bleibt und jederzeit Überraschungen bereiten kann, auf die es sich einzustellen gilt.

Der Weise als angemessener Führungstypus zur Entwicklung von Selbststeuerung

Der Weise zeichnet sich durch ein spezielles Verständnis von Führung aus, nämlich als zurückhaltende, einfühlende, abwägende und flexible Steuerungsleistung. Jeder Steuerungseingriff muss sich rechtfertigen durch den Nachweis einer zusätzlichen Wertschöpfung, andernfalls wäre er zu unterlassen, weil er die Selbststeuerung des Systems gefährden könnte. Folgende Aspekte beschreiben in etwa diesen Führungstypus:

  • aufmerksam und ohne persönliche Interessen beobachten, erkunden, aufnehmen (Scout) – aus den unterschiedlichen Perspektiven der Betroffenen (Personen, Funktionen, Interessengruppen etc.)
  • in Kräftefeldern, Energieströmen, Gruppen- und Systemdynamik denken,
  • kommunikativ als Katalysator, Verstärker, Übersetzer, Transformator, Adapter – mit dem Ziel, durch Perspektivenwechsel Einsicht zu bewirken, Unterschiede deutlich und geltend machen,
  • Möglichkeiten schaffen; ggf. auch als Energieanzünder, verlockender Verführer,
  • in der Rolle als distanzierter „einer von uns“ wahrnehmbar, der sich für die Überlebensfähigkeit des Systems engagiert, ohne mit dem System zu verschmelzen, sich vereinnahmen oder instrumentalisieren zu lassen.

Die Grundprinzipien

Veränderungsprozesse können unterschiedlich umfassend und komplex sein – und unterschiedliche Dimensionen betreffen. Um die systeminternen Energien zu mobilisieren und eine lernende Organisation als Basis für Nachhaltigkeit zu gewährleisten, sind folgende Aspekte zu beachten:

Grundprinzip 1: Kommunikation als konfrontativer Dialog

Jeder lebt in seinem Milieu mit dem dazugehörigen Weltbild und ist auf diese Sicht- und Erlebensweise fokussiert, manchmal auch fixiert. Es gibt wenige, die in der Lage sind, durch Kommunikation ihren Blick zu öffnen und zwischen verschiedenen „Welten“ und Sichtweisen hin und her zu wandern.

Die Partner in einem kommunikativen Prozess werden sich gegenseitig allerdings nur erreichen, wenn sie die Sprache des jeweils anderen sprechen und dessen Ausgangspunkt wirklich verstehen wollen.

Grundprinzip 2: Von Außen nach Innen denken

Der ursprüngliche Gründungszweck für nahezu jede Unternehmung liegt zur Zeit ihrer Gründung im Umfeld: entweder ein Defizit, das es zu beheben, oder eine Chance, die es zu nützen gilt. Das heißt, die Unternehmung ist zunächst einmal außengeleitet. Mit der Bildung der Unternehmung entstehen natürlicherweise auch interne Interessen, die das Zusammenspiel untereinander betreffen, zum Beispiel:

  • Wer spielt welche Rolle?
  • Wer hat die Führung?
  • Wie wird kooperiert?
  • Wie kommuniziert?
  • Wer hat welche Macht, seine Meinung durchzusetzen etc.?

Nicht selten gewinnen mit der Zeit die internen Interessen die Oberhand ohne Bezug auf die ursprüngliche Zielsetzung, das Umfeld gerät mehr und mehr aus dem Blick, manchmal soweit, dass überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird, wie sich Rahmenbedingungen und damit auch Prämissen dermaßen ändern, dass sogar die Zukunftsfähigkeit der Unternehmung in ihrer aktuellen Form fundamental infrage gestellt wird. Da hilft nur: mit Macht gegensteuern und den Blick wieder nach außen wenden.

Grundprinzip 3: Balance zwischen Führungsimpulsen und systemischer Selbststeuerung

Sind die Führungsimpulse zu stark, kann der Selbststeuerungswille der Organisation deutlich geschwächt werden und die Steuerungsverantwortung nach oben (rück) delegiert werden; fehlen Führungsimpulse oder sind diese zu schwach, bleibt das System möglicherweise in seiner internen Komfortzone wie in einem Cocon, weil es sich ohne „gezielte Irritation“ eher nach den internen Interessen ausrichtet.

Grundprinzip 4: Lernende Organisation als Gesamtziel

Nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg Konzepte entwickeln und Entscheidungen treffen, sondern die Betroffenen von Anfang an beteiligen ist ein wesentliches Erfolgskriterium, dass Veränderungen mitgetragen werden und die Voraussetzung, dass das System lernt. Das Prinzip der Selbsthilfe hat allerdings dort seine Grenzen, wo zu viele eigene Interessen im Spiel sind. Manchmal bedarf es deshalb einer übergeordneten Plattform, die groß und neutral genug ist, um den wirklich strittigen Punkten einerseits genügend Raum zu geben und die andererseits auch mutige, unkonventionelle Lösungen möglich macht.

Grundprinzip 5: Konstruktiver Umgang mit  Widerstand

Veränderung und Widerstand sind siamesische Zwillinge. Viele versuchen den Widerstand einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen und ihn zu überrollen. Andere reagieren verärgert oder auch persönlich gekränkt. In Bezug auf Widerstand sollte sich jeder Veränderungsmanager über folgende drei Dinge klar sein:

  1. Widerstand ist eine völlig normale Reaktion in einer Situation, in der man die eigenen Interessen gefährdet sieht. Nicht das Auftreten, sondern das Ausbleiben von Widerstand muss Verdacht erwecken.
  2. Widerstand tritt speziell am Anfang häufig nicht mit heftigem Getöse auf, sondern in elegant kaschierter Form. Drittens, keinen offenen Widerstand zeigen, heißt noch lange nicht dafür sein.

Grundprinzip 6: Auf Überraschungen gefasst sein

Planen ist das eine, sich auf Überraschungen einstellen ist das andere. Beides ist notwendig. Wie aber geht das? Zwei Dinge sind zu tun:

  1. Ein Früherkennungssystem etablieren, indem eine Informationsverbindung zu allen Punkten hergestellt wird, die für die Umsetzung von Bedeutung sind. Auf dieser Basis kann ein Erkundungs- und Feedbacksystem aufgebaut werden, das in Echtzeit nahezu gleichzeitig mit dem Handeln alle notwendigen Informationen liefert, wie die Dinge wirklich laufen, um auch die noch im Stadium der Planung befindlichen Interventionen entsprechend anzupassen.
  2. Auch eine noch so gute Information nützt nur, wenn Feedback überhaupt erwünscht ist und wenn der Überbringer von schlechten Botschaften nicht die Befürchtung haben muss, geköpft zu werden. Und das ist nach wie vor Alltag in vielen hierarchischen Institutionen.

Grundprinzip 7: Heitere Besessenheit – es gibt kein perpetuum mobile

Wer Veränderungen als Zumutung erlebt – und dies ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel – wird auf Dauer immer wider versuchen, den Veränderungen zu entkommen. Er wird viel daran setzen, sie zu verwässern, zu verzögern oder rückgängig zu machen, solange die innere Programmierung sich noch an der vergangenen alten Welt ausrichtet. Es gibt keinen Selbstantrieb für das Neue, eher einen Automatismus der Verführbarkeit, zum Gewohnten zurückzukehren. Wer diesen Automatismus durchkreuzen will, muss sich etwas einfallen lassen, zum Beispiel das Thema durch ein entsprechendes Kommunikationskonzept im Scheinwerferlicht halten oder/und die neue Situation attraktiver machen als das Vorgängermodell oder/und durch Abbau der Voraussetzungen eine Rückkehr zum Gewohnten unmöglich machen. Von allein wird sich jedenfalls das Neue nicht auf Dauer behaupten.

Weil der Veränderungsmanager es mit Menschen zu tun hat, die eben keine Maschinen, sondern sehr emotional und sprunghaft sind, empfehle ich ihm einen Schuss innere Heiterkeit – ganz nach dem Motto „nichts Menschliches ist mir fremd“. Diese Spezialmischung aus Leidenschaft, Gelassenheit und innerer Heiterkeit sollte ihm helfen, auch in belastenden Situationen seine Souveränität zu bewahren.

Lesetipp

Der Psychologe Klaus Doppler, Bestsellerautor und Coach vieler großer Unternehmenslenker, legt mit einer kleinen Geschichte ein großes Buch vor. Es zeigt den Weg aus der persönlichen Krise in das richtige Leben.

Doppler, Klaus (2009): Der kleine Kämpfer und sein Weg ins Glück

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