UnternehmensplanungMr. Taylor lässt grüßen
Manager, die am fehlenden Engagement ihrer Teams verzweifeln. Mitarbeiter, die mit ihren Chefs unzufrieden sind und sich demotiviert fühlen. Studien von Gallup bis Regus zeigen mit eiserner Regelmäßigkeit, dass die Enttäuschung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht geringer wird. Über die Symptome wird mit Verve diskutiert. Nur der Auslöser wird kaum genannt: Die Tatsache, dass Unternehmen an einem veralteten Organisationsmodell festhalten.
Denkende Manager und handelnde Arbeiter
Es ist gut ein Jahrhundert her, da entwickelte Frederick W. Taylor eine für damalige Zeiten höchst interessante Idee: die Belegschaft des Unternehmens in denkendes Management und handelnde Arbeiter zu unterteilen. Beim Übergang von der Manufaktur- zur Fabrikarbeit war diese Trennung von ausführender und planender Arbeit ein durchaus probates Mittel, um Menschen in Arbeitsgebieten einzusetzen, in denen sie keine Kompetenz hatten. Mit diesem Ansatz hat Ford es 1918 überhaupt geschafft, das erste Auto für die Massen zu produzieren und damit Automobilgeschichte zu schreiben.
In den strukturell wenig komplexen Unternehmen seiner Zeit, die in einem wenig komplexen Umfeld agierten, ließ sich dieses Prinzip auch wunderbar anwenden. Organisationen als Räderwerk mit einzelnen Steuereinheiten zu verstehen funktionierte so gut, dass diese Betrachtung auch heute noch an Schulen und Universitäten gelehrt – und im Management praktiziert wird. Nur ist die Welt heute komplexer, dynamischer und vernetzter als zu Taylors Zeiten. Und sein Ansatz ist – gelinde gesagt – überholt.
Die Budgetierungswut ist kaum aufzuhalten
Die Biotope für das klassische Management sind im Begriff zu verschwinden. Und doch wird an der Trennung zwischen Planung und Ausführung festgehalten wie an einem Rettungsring. Die Budgetierungswut ist nach wie vor kaum aufzuhalten. Das heißt: Einige wenige denken vor, die vielen anderen sollen umsetzen. Und ja nicht denken! Mr. Taylor lässt grüßen. In einem solchen Umfeld sind vermeintliche Freiräume wie Ideenboxen, Team-Meetings oder Mitarbeiterbefragungen nichts weiter als oberflächliche Schmeichelangebote, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu retten. Von echter Ermächtigung kann da keine Rede rein.
Vielleicht funktionieren oberflächliche Retuschen sogar eine Zeit lang. Solange es noch keinen Wettbewerber gibt, der es besser macht. Am Ende wird aber tendenziell die Mannschaft mit dem alten, rigiden, unterkomplexen System als Verlierer vom Platz gehen. Das zeigt schon ein Blick auf den ehemaligen Wettkampf zwischen Schlecker und dm.
Komplexität lässt sich nicht planen
Und warum diese Verluste? Weil in der Chef-Etage Denkfaulheit herrscht. Weil sich kaum jemand Gedanken macht, ob der klassische Managementansatz der heutigen Komplexität standhält. Weil der Impuls zu steuern in Unternehmen schlicht nicht hinterfragt wird. Doch wer den Anspruch hat, Komplexität zu managen und durch Planung zu beherrschen, muss scheitern. Denn Komplexität ist gerade prinzipiell nicht planbar. Und wir sind jetzt erst dabei zu verstehen – zwanzig Jahre nach dem Mauerfall – dass Planwirtschaft der echten Marktwirtschaft unterlegen ist.
Sicherlich braucht es weiterhin Führung und Verantwortung. Gerade die können die bisherigen Managementstrukturen aber nicht in ausreichender Menge liefern. Niemand hat gesagt, dass Entscheidungen an der Spitze getroffen werden müssen. Das können auch Teams leisten. Und zwar direkt dort, wo sie anfallen. Ganz ohne zentrale Führungskraft.
Unternehmen brauchen keine Organigramme mehr
Die Auflösung des Dilemmas der unzufriedenen Chefs und Mitarbeiter liegt also letztlich in der Überwindung des Taylorismus. Organisationen brauchen heute zum Erfolg keine Organigramme, sondern Transparenz und Selbstorganisation. So entstehen gesunde Bindungen zwischen Mitarbeitern und Unternehmen – und sehr wettbewerbsfähige Organisationen.