UntersuchtProjektmanagement im deutschen Mittelstand

Nahezu jedes Unternehmen setzt Projektmanagement ein. Aber wie ist es um den Status Quo von Projektmanagement im deutschen Mittelstand bestellt? Welche Methoden und Standards kommen zum Einsatz und wie wird Projektarbeit tatsächlich organisiert? Diese und weitere Fragen beantwortet die aktuelle Studie „Projektmanagement 2008", durchgeführt von der Haufe Akademie in Kooperation mit der Hochschule Deggendorf.

Besonderes Merkmal dieser Untersuchung ist der Fokussierung auf mittelständische Unternehmen mit 100 - 1.000 Mitarbeiter. Angesichts der Tatsache, dass über 40 Prozent der innerdeutschen Nettowertschöpfung in Betrieben dieser Größe erwirtschaftet werden, lohnt es sich, hier näher hinzuschauen: Wenn effektives Projektmanagement tatsächlich entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ist - und davon gehen alle bisherigen Studien aus - dann stellt sich die spannende Frage, inwieweit es dem Mittelstand inzwischen gelungen ist, Projektmanagement als Organisationsform und Methode im betrieblichen Alltag zu verankern.

Die Autoren der Studie gingen bei ihren Vorüberlegungen davon aus, dass im deutschen Mittelstand eine sehr pragmatisch geprägte Herangehensweise an das Thema Projektmanagement anzutreffen ist. Desweiteren erwarteten sie einen relativ niedrigen Ausbildungsstand im Projektmanagement. Beide Grundannahmen werden durch die vorliegenden Ergebnisse bestätigt, mit einigen interessanten zusätzlichen Erkenntnissen:

  • Die Definition eines Projekts ist im Mittelstand durch drei Faktoren determiniert:
    • definierte Zielsetzung,
    • inhaltliche Begrenzung und
    • zeitliche Befristung.
    Alle weiteren Kriterien aus der Fachliteratur wie Budget, Einmaligkeit, Innovationscharakter, abteilungsübergreifendes Thema, sind für die tägliche Praxis offenbar nur von geringer Bedeutung.
  • Projektarbeit zieht sich auch im Mittelstand durch alle Unternehmensbereiche, wobei Projektteammitglieder und Projektleiter multitaskingfähig sein müssen, denn 82,2 Prozent der mit Projektarbeit befassten Mitarbeiter sind in bis zu fünf Projekte gleichzeitig involviert.
  • Das wichtigste Kriterium für Projekterfolg ist die Erreichung der Sachziele, gefolgt von den Qualitätszielen. Der Faktor Zeit folgt erst an dritter Stelle und nur 40,4 Prozent der Befragten geben an, dass die Einhaltung des Budgetrahmens ein wichtiges Erfolgskriterium ist.
  • Bei Planabweichungen oder Störungen werden am Leistungsumfang des Projekts keine Abstriche gemacht, sondern eine Verlängerung der Projektlaufzeit ist das Mittel der Wahl. Allerdings findet fast die Hälfte aller Befragten die Ressourcen Zeit und Personal in Projekten grundsätzlich zu knapp bemessen.
  • Anreize/Boni für erfolgreiche Projektarbeit sind rar und werden, wenn überhaupt, nur in Form von Freizeitausgleich oder Prämien gewährt. Verbesserte Karrierechancen werden erst an dritter Stelle genannt, Gehaltserhöhungen folgen an letzter Stelle und kommen, wenn überhaupt, nur in kleinen Unternehmen vor.
  • Mit den Stakeholdern von Projekten wird im deutschen Mittelstand eher intuitiv umgegangen. Eine offensive Kommunikation ist so gut wie gar nicht anzutreffen.
  • Inselartig verstreute Projektarbeit, anstelle einer konsequenten Einbettung des Projektmanagement-Systems in die Unternehmensumwelt ist weit verbreitet. Projektmanagement-Standards spielen eine absolut untergeordnete Rolle.
  • Praxisnahes Lernen (wie beispielsweise Training-on-thejob) ist im Bereich Projektmanagement wesentlich öfter anzutreffen als Seminare, Trainings oder Ausbildungen. Allerdings erwarten vor allem kleinere und mittlere Unternehmen in den nächsten beiden Jahren eine Zunahme der Qualifizierungsmaßnahmen im Projektmanagement.
  • Der deutsche Mittelstand ist überwiegend hierarchisch in Linienstrukturen organisiert. Bei der Ernennung von Projektleitern geben daher hauptsächlich Vorgesetztenentscheidungen den Ausschlag, erst dann geht es auch um die persönliche Eignung der Kandidaten.
  • Risikobewusstsein in Projekten ist im deutschen Mittelstand zwar vorhanden, hat aber kaum Einfluss auf die tägliche Projektarbeit.
  • Eine Risikoanalyse vor Projektstart ist sehr selten anzutreffen. Die Gründe hierfür könnten unter anderem auch in dem derzeitigen Ausbildungsstand der Projektleiter und Teammitglieder liegen, denn für eine ausgefeilte Projektrisikoanalyse ist Spezialwissen nötig, über das die Unternehmen im Allgemeinen nicht verfügen.

Festzustellen ist, dass mittelständisches Projektmanagement momentan einen relativ niedrigen Grad an Methodennutzung aufweist. Positiv hierbei wirkt sich aus, dass das System sehr flexibel gehandhabt wird und somit auch in Unternehmen Anwendung findet, die mit geringer personeller Ausstattung an große Aufgaben herangehen.

Dieser geringe Grad an Formalisierung führt allerdings zusammen mit dem Mangel an fundierter Projektmanagementausbildung an mancherlei Stellen auch dazu, dass Ressourcen verschwendet werden, weil das Wissen um Effizienzsteigerung durch den Einsatz einer Projektmanagement-Methodik nicht vorhanden ist oder nicht genutzt wird.

[po; Quelle: Haufe Akademie; Bild: ©Falko Matte - Fotolia.com]

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