Veränderungen im Business und Verhalten von Mitarbeitern

In Veränderungsprozessen folgen Mitarbeiter einer eigenen Logik. Eine Herausforderung für Führungskräfte, die notwendigen Wandel im Business vorantreiben müssen.

Warum erzielen 80 Prozent aller Veränderungsprojekte nicht den angestrebten Erfolg? Experten des Beratungsunternehmens Capgemini haben in einer Studie herausgefunden, dass dabei Produktivitätsrückgänge von 25 Prozent entstehen. Außerdem analysierten sie einen Anstieg der Fluktuation von durchschnittlich 11 Prozent. Das lässt sich vermeiden, wenn Führungskräfte zwei Dinge beherzigen: 

  • Sie schaffen durch ihr Handeln Orientierung und Stabilität im Unternehmenswandel
  • Sie berücksichtigen den Rhythmus, dem jeder Veränderungsprozess unterliegt

Das Problem der Implementierungslücke

Das zentrale Problem des Scheiterns liegt selten in falsch definierten Zielen oder fehlerhaften Strategien, sondern in der vernachlässigten Umsetzung und Integration der geplanten Veränderungen. Viele der angewandten Lösungskonzepte priorisieren die strategisch-strukturellen Veränderungen gegenüber den menschlichen Aspekten. Change wird vornehmlich als Planungsproblem verstanden. Man geht davon aus, dass die Belegschaft willens und fähig ist, nach Plan vorzugehen. Dieses Denken führt permanent zu einer Implementierungslücke, da die Mitarbeiter – wenn überhaupt – den Veränderungen mit gewisser zeitlicher Distanz folgen.

Das Resultat dieses Vorgehens: Die Mehrzahl gut geplanter und inszenierter Veränderungsprojekte kommt im Verlauf der Umsetzung ins Stocken, versandet oder scheitert kläglich. Daraus folgt, dass für den erfolgreichen Unternehmenswandel zwei maßgebliche Aufgaben gemanagt werden müssen: synchronisieren und balancieren.

Die strategisch-strukturelle Veränderung, kurz Business Change, richtet sich dabei nach der Logik der Regelkreis-Methode, wie sie den Verfahrensschritten im Projektmanagement unterliegt. Das heißt:

  • Analyse der Ist-Situation
  • Bestimmung der Soll-Situation
  • Ableitung und Planung von Veränderungsmaßnahmen
  • Realisierung, Umsetzung, Erfolgsprüfung
  • Weiterentwicklung nach dem gleichen Regelkreis aufgrund der gemachten Erfahrungen

Hinter den einzelnen Prozessschritten steht eine Vielzahl von Instrumenten, die von Managern genutzt werden.

Auf der Ebene des motivational-kulturellen Veränderungsprozesses, kurz Human Change, geht es um die Logik der Veränderung von Menschen. Managementexpertise auf dieser Ebene ist ungleich schwächer entwickelt. Ursachen dafür sind primär:

  • Unsicherheiten bei Führungskräften im Umgang mit Widerständen
  • Demotivation bei Mitarbeitern, wie sie bei gravierenden Veränderungen typischerweise auftreten
  • Fehlen einer entsprechenden Systematik und Einordnung von Führungsinstrumenten für die gezielte Unterstützung der unterschiedlichen Zielgruppen im Change-Verlauf

Die Veränderung von Menschen, die mit einem tief greifenden Wandel ihres Arbeitsbereichs konfrontiert werden, folgt einem charakteristischen Verlauf. Idealtypisch werden vier bedeutsame Phasen des Wandels mit spezifischen Erlebens- und Verhaltensmustern durchlaufen:

Unsicherheit

Zu Beginn einer Veränderung konzentrieren sich die betroffenen Mitarbeiter noch auf die Vergangenheit und reagieren in der Mehrzahl überrascht, verunsichert bis ablehnend auf die sich ankündigenden Einschnitte.

Widerstand

Dann erleben sie eine Phase der Vertiefung, in der sie sich Gedanken darüber machen, wo sie sich befinden und wie sich die Veränderung auf sie auswirken wird. Hier entsteht im allgemeinen Widerstand bis hin zur rationalen und emotionalen Akzeptanz der Veränderung.

Erkundung und Engagement

Mit dem Eintreten in die Phasen der Erkundung und des Engagements beginnen sie in die Zukunft zu schauen und die Chancen wahrzunehmen, die vor ihnen liegen.

Jede Phase dieses Veränderungsprozesses hat ihre spezifische Funktion für die stufenweise Bewältigung der anstehenden Veränderungsaufgaben. Gleichzeitig beinhaltet jede Phase ebenso spezifische Risiken des Stockens und Scheiterns. Für den langfristig wirksamen Erfolg von notwendigen Change-Projekten gibt es jedoch eine grundsätzliche Prämisse:

Alle Phasen des Wandels müssen bewusst durchlaufen und in ihrer Herausforderung verarbeitet werden. Keine der Phasen kann eine andere ersetzen!

Balanced Change Management in der Praxis

Die nachfolgend vorgestellten neun Handlungsfelder und damit verbundenen Managementwerkzeuge unterstützen die Führung im Unternehmenswandel und steigern die Veränderungsfähigkeit von Organisationen. 

1. Analyse

Zuerst geht es mit der Geschäftsführung um die Klärung des Status quo und der Zielsetzung des Change-Projekts.

2. Strategie

In sechs Schritten wird die Strategie, normalerweise der nächsten beiden Jahre, entwickelt:

  • Strategische Analyse
  • Strategische Vision
  • Strategische Entscheidung
  • Strategische Durchbruchsziele
  • Geschäftsbereichsziele
  • Schlüsselmaßnahmen und zentrale Umsetzungsprojekte

3. Organisation

Als nächste Aufgabe steht der Entwurf des Veränderungsdesigns an:

  • Projektstrukturen
  • Meilensteine
  • Zeitplanung
  • Ressourcen

Es werden die wichtigsten Funktionen definiert wie beispielsweise Entscheidungen, Steuerung, Kommunikation, Resonanz und Multiplikation, Piloten, Evaluation und Kompetenzaufbau. Ein gefürchtetes Thema ist der Umgang mit Widerstand in Bezug auf den anstehenden Umsetzungsprozess, denn dieser zeigt sich bald überall, auch im Managementteam. Im Umgang damit erweist sich eine Kräftefeldanalyse als wirksames Instrument.

4. Audit

Von Anfang an steht das Personalthema im Raum, das sich zunächst in drei Fragen kondensiert:

  • Wer sind die Schlüsselspieler im Unternehmen, die mit ihrer Motivation, ihrer Autorität und ihrer Durchsetzungskraft den Wandel vorantreiben?
  • Wer wird zunächst abwarten und erst bei einer positiven Entwicklung auf den Zug aufspringen?
  • Wer wird sich dem Wandel entgegenstellen, passiv oder aktiv?

5. Kultur

Der Wandel auf der Kulturebene wird von allen Führungskräften als wichtigste, aber auch schwierigste Aufgabe eingeschätzt. Die Veränderung der Beratungs- und Servicementalität steht besonders im Fokus, um dem neuen Qualitätsanspruch im Handeln aller Mitarbeiter gerecht zu werden. Eine Roadshow ist ein Mittel, um den Kulturwandel von der Basis aus anzustoßen. Der Kulturwandel wird dadurch gefördert, dass sich die Unternehmensführung selbst zum Bestandteil des Wandels durch vorbildhaftes Handeln macht.

6. Monitoring

Im Verlauf der Umsetzung wird – über das Controlling hinaus – die Bewertung der Wirkungen von Maßnahmen und Veränderungen im Unternehmen immer bedeutsamer. Der regelmäßige Austausch darüber gibt zusätzliche Sicherheit für die Steuerung der vielen Situationen, die vorab nicht eingeplant werden konnten.

7. Kommunikation

Professioneller Kommunikation wird zu Beginn der Change-Initiative eher geringe Bedeutung beigemessen. Um zunächst die Veränderungsnotwendigkeit in der Wahrnehmung aller Mitarbeiter deutlich zu erhöhen, wird top-down und auf allen Unternehmensebenen zum Status quo und zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens kommuniziert. Risiken der Nichtveränderung werden dargestellt (etwa fundierte Kennzahlen zur Kundenzufriedenheit, zum laufenden Geschäft oder zu Trends). Beim Mittelmanagement wird der Austausch mit kritischen Kunden und Geschäftspartnern forciert.

8. Kompetenzentwicklung

In speziell entwickelten Workshops wird deshalb zunächst Vertrauen aufgebaut, in dem gemeinsame Analysen zum anstehenden Unternehmenswandel mit Aktivitäten zum Teambuilding abwechseln. Als weiterer Schwerpunkt werden die erfolgskritischen Führungsaufgaben aller Veränderungsphasen systematisch erarbeitet. Nach dem „Train-the-trainer“-Prinzip gibt das Managementteam seine Erfahrung an die nachfolgende Führungsebene weiter. Das Ergebnis ist eine deutliche Stärkung der gesamten Führungsmannschaft im Zusammenhalt, in der Ausrichtung und in der Souveränität ihres Handelns.

9. Coaching

Flankierend zu den Workshops wird Coaching zur Unterstützung der Führungskräfte angeboten, denn die Herausforderungen im Veränderungsprozess sind enorm: neue Situationen, neue Aufgaben, hohe Belastungen, Konflikte und Widerstände.

Balanced Change Management ist kein Zauberwerk. Jeder Manager kann es erlernen und wirksam anwenden. Wesentlich dabei ist, die richtige Balance zwischen den Anforderungen des Business Change und des Human Change für die individuelle Veränderungssituation herzustellen und dabei den psychologischen Rhythmus zu berücksichtigen, der jedem Veränderungsprozess eigen ist. Führung wird damit zum zentralen Erfolgsfaktor für das Gelingen der Umsetzung notwendiger und wichtiger Veränderungsvorhaben in Unternehmen.

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