VeränderungsprozesseWie Coaching sinnvoll Change-Vorhaben unterstützt

Verschiedene Coachingmethoden können Unternehmen dabei unterstützen, die vier Veränderungsphasen schneller und kompetenter zu bewältigen.

Warum ist Coaching eine Bereicherung in Veränderungsvorhaben? Als modernes Beratungs- und Führungsinstrument kann Coaching in Change-Prozessen eingesetzt werden, um die Hauptbetroffenen der Veränderung zu mehr Eigenverantwortung zu führen. Coaching ist immer auch ein unterstützendes Befähigen der Klienten, ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu erweitern und damit Veränderungsprozesse erfolgreicher zu bewältigen.

Veränderungsvorhaben durchlaufen oft mehr oder weniger schnell und vollständig die folgenden vier Phasen:

  1. Schock / Widerstand,
  2. Resignation / Akzeptanz,
  3. Erkundung / Gestaltung sowie
  4. Zustimmung / Ausrichtung.

In jeder dieser Phasen haben Betroffene bestimmte Bedürfnisse und Motive, die durch geeignete Coachingmethoden konstruktiv genutzt werden können. Im Folgenden wird dieser Prozess näher erläutert. Hinweis: Wenn hier von „dem Klienten“ die Rede ist, kann es sich auch a) um eine Klientin und b) um eine Gruppe von Klienten, zum Beispiel ein Team von Anwendern, handeln, die eine Veränderung durchlaufen.

Erste Phase: Ablehnung

Menschen reagieren zunächst auf Veränderungen oft mit Ablehnung und Schock. Hier gilt es, für Coaches Mitgefühl zu zeigen und verständnisvoll auf die Betroffenen einzugehen.

Mithilfe der Übung „Stabile Zonen“ (von Dr. Roswita Königswieser) können beispielsweise jene Aspekte im Arbeitsalltag des Klienten hervorgehoben werden, die vorerst bleiben sollen und eine hilfreiche, stützende Wirkung haben. In dieser Übung geht es darum, gemeinsam herauszuarbeiten, welche stabile Zonen der Klient hat (seien es Ideen, Plätze, Fähigkeiten oder ähnliches) und welche positive Wirkung diese auf die eigene Arbeit haben.

Um die Notwendigkeit der Veränderung besser nachzuvollziehen, kann der Coach mit seinem Klienten einen bewussten Perspektivwechsel einleiten (zum Beispiel durch ein Rollenspiel mit verschiedenen Positionen). Hierbei geht es darum, dass der Klient seine Umwelt und sich durch die Augen der anderen an der Veränderung beteiligten Personen und Gruppen wahrnimmt. Diese können beispielsweise der Change-Initiator oder der Veränderungs-Sponsor sein. Häufig haben Klienten an diesem Punkt Schlüsselerlebnisse und ihre Einsicht in die Notwendigkeit der Veränderung nimmt zu.

Ein zirkulärer Interviewstil hilft dem Klienten, eine bewusste Sicht „von außen“ einzunehmen und damit weitere Erkenntnisse über den Rahmen der Veränderung zu gewinnen. Eine typische zirkuläre Frage hierbei wäre: „Angenommen, Sie (als Person A) wären eine andere Person (B) in Ihrem Arbeitsfeld und Sie schauen auf sich (also Person A) und die anderen an der Veränderung Beteiligten aus der Vogelperspektive. Wie würden Sie die Kommunikation der handelnden Personen bewerten? Was würden Sie empfehlen?“

Mithilfe des „Inneren Teams“ (nach Schulz von Thun) können die verschiedenen positiven und negativen Stimmen im Innenleben des Klienten identifiziert und ihnen jeweils Ausdruck gegeben werden. Hierzu nimmt der Coach mit dem Klienten zunächst die vielen inneren Stimmen auf. Im zweiten Schritt agiert der Klient, behutsam angeleitet durch den Coach, in einem Rollenspiel jeweils als eine der benannten Stimmen in der Ich-Perspektive und reflektiert dies anschließend von einer Metaposition aus. Dieses Rollenspiel ermöglicht es dem Klienten in der Regel sehr gut, die Unterschiede der eigenen Motive zur Veränderung in sich wahrzunehmen und einen Ausgleich zwischen diesen herbeizuführen.

Im Vorfeld dieser Übungen ist es sinnvoll, gemeinsam eine Stakholderanalyse durchzuführen, um die an der Veränderung beteiligten Personen und Gruppen zu erfassen.

Zweite Phase: Akzeptanz

Ist der erste Schock bei den Anwendern abgeklungen, werden in ihnen oft Gefühle der Resignation und erster Akzeptanz für die Notwendigkeit der Veränderung geweckt. Kompetente Coaches reagieren hierauf mit einer ausgewogenen Bestandsaufnahme der Situation und steuern die emotionale Beteiligung der Anwender in konstruktiver Weise. Es gilt insbesondere, die Stärken des Klienten hervorzuheben und die vorhandenen positiven Aspekte wertzuschätzen.

Diese Anerkennung kann mithilfe einer „wertschätzenden Befragung“ (Appreciative Inquiry) konstruktiv genutzt werden. Bei dieser Übung werden vier Stufen durchlaufen (in Klammer die jeweilige Kernfrage):

  1. Entdecken und Verstehen (Was funktioniert aktuell gut, was wollen wir bewahren?),
  2. Zukunft erträumen (Wie sähe es aus, wenn die Veränderung ideal abläuft?),
  3. Gestalten (Wenn man rückwirkend auf die Veränderung blickt, was ist passiert und gestaltet worden?),
  4. Verwirklichen (Was können wir hier und jetzt tun, um die Veränderung möglich zu machen?)

Mit dem „Lebensrad“ (nach L. Whitworth) oder den „Säulen der Identität“ (nach H. G. Petzold) kann eine Beschreibung der aktuellen Situation des Klienten umfassend durchgeführt werden. Ein Coach muss hierzu lediglich die Rubriken der beiden genannten Methoden an die jeweilige Arbeitssituation des Klienten in der Veränderung anpassen, zum Beispiel bei „Säulen der Identität“:

  • Arbeit/Leistung,
  • Materielle Sicherheit,
  • Soziales/Beziehungen,
  • Körper/Gesundheit und
  • Werte/Sinn.

Durch diesen Übertragungsprozess entstehen die folgenden Fragen, die gemeinsam erörtert werden können:

  • Welche Arbeitsinhalte werden sich wie ändern (Arbeit)?
  • Was ändert sich für mich materiell (materielle Sicherheit)?
  • Inwieweit ändern sich meine Arbeitsbeziehungen (Soziales)?
  • Was müssen wir tun, damit das Betriebsklima in meiner Abteilung „gesund bleibt“ (Körper)?
  • Welche neuen (oder anderen) Werte und Verhaltensweisen werden nach der Veränderung erwünscht sein (Sinn)?

Die Steuerung der emotionalen Beteiligung des Klienten kann insbesondere über die Einführung von Ritualen erfolgen. Hierzu sei auf weiterführende Literatur von Martina Schmidt-Tanger verwiesen. Verschiedene Formen von Trennungs- und Willkommensritualen als auch Versöhnungsarbeit ermöglichen dem Klienten die Verabschiedung von alten Gewohnheiten und die Einführung neuer Verhaltensweisen.

Dritte Phase: Gestaltung

Hat sich der Klient mit der Notwendigkeit der Veränderung arrangiert und diese akzeptiert, gelangt er in ein Stadium der Erkundung seiner Möglichkeiten, die Veränderung mitzugestalten und an seine aktuelle Arbeitssituation anzupassen. Dies ist der richtige Zeitpunkt, den Blick des Klienten zu weiten und seine Kreativität anzuregen.

Der Coach kann in dieser Change-Phase mit hilfreichen Methoden zur Exploration unterstützen. Es kann beispielsweise ein „Arbeitspanorama“ (nach H. G. Petzold) erarbeitet werden, in dem der Klient seinen Arbeitsplatz nach vollzogener Veränderung skizziert und anschließend mit dem Coach erörtert.

Die „Wunderfrage“ (nach Steve de Shazer) kann eingesetzt zu werden, um den Klienten in eine Perspektive der erfolgreichen Veränderung zu bringen. Bei dieser Fragestellung wird dem Klienten vom Coach suggeriert, dass er eines Morgens aufwacht und die Veränderung ideal vollzogen ist. Anschließend wird der Klient durch geeignete Fragen gebeten, den Idealzustand aus seiner Sicht zu beschreiben. Vertieft werden kann dieser Coachingprozess durch den Einsatz geeigneter Skalenfragen (ebenfalls nach de Shazer). Hierbei schätzt der Klient die Auswirkungen der Veränderung auf einer Skala von 0 bis 10 ein und wird dann vom Coach motiviert, nach Handlungsalternativen zu suchen, die ihn letztendlich in den Idealzustand der Veränderung bringen (maximale Punktzahl auf der Skala).

Mithilfe der Timeline-Übung kann der Coach den Klienten auf einem Zeitstrahl durch den gesamten Veränderungsablauf führen. Geeignete Zeitabstände wählend, schätzt der Klient seinen Zustand vor der Veränderung, währenddessen und nach abgeschlossener Veränderung ein. Durch geeignete Fragen vom Coach gelingt es, Ressourcen und Fähigkeiten, die dem Klienten im Zeitablauf geholfen haben, zu dokumentieren und für die Zukunft nutzbar zu machen.

Vierte Phase: Ausrichtung

In dieser abschließenden Phase geht es vor allem darum, das Positive aus dem bisherigen Prozess mit in die Zukunft zu nehmen und aus den vordergründig schwierigen Punkten für künftige Veränderungsvorhaben zu lernen.

Der Coach hat hier die Verantwortung, gemeinsam mit dem Klienten dessen Erfahrungen konsolidiert aufzunehmen, zu verdichten und das Gelernte, Wissenswerte und Nützliche in geeigneter Weise aufzubereiten. Dies kann beispielsweise durch das Auflisten von erworbenen Fähigkeiten und Ressourcen während der Veränderung durch den Klienten geschehen (der Klient reflektiert den vergangenen Change-Prozess, während der Coach dokumentiert).

Ebenfalls hilfreich ist das Durchspielen einer „Lessons learned“-Übung. Hierbei werden die Aspekte „Lernanlass“, „Lernerfahrung“ und „Empfehlung für die Zukunft“ vom Klienten beschrieben und dann gemeinsam mit dem Coach reflektiert.

Für den gesamten Veränderungsprozess ist es hilfreich, die eingesetzten Coachingmethoden zu erfassen und in einer wiederverwendbaren Form zu dokumentieren, die sie für künftige Entwicklungsprozesse wieder einsetzbar machen. Damit ist ein Mehrwert für das gesamte Klienten-Unternehmen geschaffen, der über die aktuelle Veränderung hinausgeht und Zukunftscharakter hat.

[Bild: Falko Matte - Fotolia.com]

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