VerhaltenAsiaten lachen Sie niemals aus
Viele Geschäftsreisende, die sich nach Asien aufmachen, stellen fest, dass die Menschen dort viel mehr lächeln und lachen als wir. Wir empfinden das als sehr angenehm, denn auch bei uns heißt es, ein Lächeln sei die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen. Allerdings gibt es in Asien auch oft Situationen, in denen wir uns fragen: Lachen die mich jetzt an oder aus?
Ein junger Mitarbeiter reist das erste Mal mit den Kollegen in die chinesische Niederlassung. Im Büro serviert ihm eine Assistentin eine Tasse Kaffee. Die fällt ihr aus der Hand und sie kippt dem Mitarbeiter den heißen Kaffee über die Oberschenkel. Daraufhin hält sie sich die Hand vor den Mund und kichert. Wie würden Sie sich in so einer Situation fühlen? Bestimmt fänden Sie das nicht lustig und wären wahrscheinlich verärgert. Würden der Assistentin Schadenfreude unterstellen und sich gedemütigt und verletzt fühlen. Doch das ist falsch gedacht: Die Assistentin lacht Sie nicht aus. Sie schämt sich vielmehr so sehr, dass sie am liebsten in den Boden versinken würde – und deshalb kichert oder lacht sie.
Durch Lachen wollen Asiaten andere schützen
Asiaten lachen oft auch dann noch, wenn es zum Streit zwischen Kollegen kommt. Stellen Sie sich vor, Sie sagen Ihrem asiatischen Kollegen einmal kräftig die Meinung. Der grinst nur und sagt „ja, ja“. Anderes Beispiel: Ein Kunde erzählte mir, sein japanischer Kollege wollte unbedingt ein Gerät bedienen, das ihm dann aber außer Kontrolle geriet und ihn in große Gefahr brachte. Der Japaner fing an, laut zu lachen.
Asiaten lachen oft. Sie lachen, wenn sie sich freuen, wenn sie sich schämen, wenn sie Angst haben oder wenn sie traurig sind. Diese Verhaltensweise, ebenso wie ein freundliches Gesicht, ist eine Maske, um den anderen zu schützen. Das Credo lautet: Der gebildete Mensch belästigt niemanden mit seinen Gefühlen. Die Logik dahinter: Was bewirke ich, wenn ich den anderen zeige, dass ich traurig bin? Sie werden auch traurig, doch helfen können sie mir nicht. Warum sollte ich sie also durch meine Gefühle traurig machen?
Lächeln ist ein Zeichen von Bildung
Eine Weisheit aus Japan lautet: „Wer lächelt, statt zu toben, ist immer der Sieger.“ In angespannten Situationen im Geschäftsleben ist Schreien und Toben also keine geeignete Reaktion. Im Gegenteil: Sie beleidigen Ihr Gegenüber zusätzlich, nehmen ihm das Gesicht und verlieren selbst das Gesicht. Sie werden als ungebildet und unzivilisiert empfunden.
Doch natürlich können Asiaten Menschen aus westlichen Ländern nicht sagen, sie sollten freundlicher sein, um die bösen Geister abzuhalten. Man will ja nicht als abergläubisch und damit rückständig gelten. Zudem hätten viele Menschen aus unserem Kulturkreis keine Hemmungen, die Asiaten bei diesem Thema auszulachen.
Jene hingegen lachen ihr Gegenüber niemals aus, selbst in Situationen, in denen wir Lachen nicht angemessen finden. Unterstellen Sie Ihren asiatischen Geschäftspartnern oder Mitarbeitern also niemals Schadenfreude, sonst kann Ihr Asiengeschäft ganz schön stressig werden. Diesen Stress machen Sie sich in Wahrheit aber nur selbst – und das unnötigerweise.
Lächeln als Lebenseinstellung
Lächeln Sie stattdessen selbst mehr! Dies gilt besonders in angespannten oder kritischen Situationen wie etwa bei Verhandlungen. Wenn Sie aber ernst sind, weil Sie sich zum Beispiel auf eine Arbeit konzentrieren, werten asiatische Kollegen diesen Gesichtsausdruck als böse – und haben ein schlechtes Gewissen, denn sie suchen die Ursache dafür in ihrem eigenen Verhalten.
Vielleicht kann auch für uns eine asiatische Lebensweisheit hilfreich sein, die mittlerweile sogar westliche Wissenschaften proklamieren: Ereignisse haben nur die Bedeutung, die wir ihnen geben. Deshalb erachten viele Asiaten das Glas auch eher als halb voll als halb leer. „Fully trust, there will always be a good solution“, riet mir neulich ein indischer Kollege. Eine ermutigende Aussicht.