VerkaufsverhandlungWer zu billig verkauft, verschenkt wertvolle Margen
Der Preis allein entscheidet, ob ein Einkäufer kauft oder nicht. So scheint es derzeit. Und die aktuelle Wirtschaftsflaute spielt Einkäufern in die Karten. Denn in vielen Unternehmen ist die Anweisung an die Vertriebsleute eindeutig: „Verkaufen Sie, auf Teufel komm raus!“ Selbst Premium-Anbieter hochwertiger Produkte steigen immer häufiger in den Preis-Wettbewerb ein – und können, wie die meisten anderen Unternehmen, dabei nur verlieren!
Qualität hat nun mal ihren Preis. Anders sieht es aus, wenn das Qualitätsbewusstsein auf der niedrigsten Stufe angekommen ist. Dann zählt tatsächlich nur der Preis. Aber deutsche Unternehmen gehören meist nicht zu den Billigproduzenten wie die Konkurrenz aus Fernost. Daher müssen sie zum Beispiel lernen, ihre Qualitätsprodukte leistungsadäquat zu verkaufen und Margen zu erwirtschaften, die ihre Existenz sichern. Dazu bedarf es der richtigen Verhandlungsstrategie im Verkaufsgespräch. Denn kein Kunde und kein Einkäufer wird freiwillig verraten, dass er bereit ist, mehr für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu bezahlen, auch wenn er den Preis für gerechtfertigt oder gar für zu niedrig hält.
Kompetenz der Vertriebsmitarbeiter erhöhen
Unternehmen, die kein Geld verschenken wollen, sollten daher die Kompetenz ihrer Vertriebsmitarbeiter erhöhen und ihnen vermitteln (lassen), wie sie es in Verhandlungen mit Kunden/Einkäufern schaffen, trotz des allgemeinen Preisdrucks Top-Konditionen auszuhandeln. Vertriebsführungskräfte als auch ihre Mitarbeiter sollten einige Tipps beherzigen:
Tipp 1: Wichtig ist es, den Verkäufern den Rücken zu stärken, engagiert höhere Preise zu verteidigen. Eine Untersuchung von mir ergab, dass nahezu alle Verkäufer unmittelbar in den Preiskampf einsteigen, wenn ein Einkäufer einen niedrigeren Preis fordert. Impfen Sie Ihre Verkäufer deutlich mehr (Unternehmens-)Selbstbewusstsein ein! Sagen Sie ihnen, dass sie nicht gleich Provision und Anerkennung verlieren, wenn sie „preisstabil“ bleiben und deswegen ein Auftrag durch die Lappen geht.
Tipp 2: Die Verkäufer sind aufzufordern, herauszufinden, ob ein Einkäufer bereit ist, für Qualität mehr zu zahlen. Natürlich sollten die Außendienstmitarbeiter gelernt haben, wie sie bei Kunden zwischen Preisdrückerbluff und tatsächlicher Preissensibilität unterscheiden können.
Tipp 3: Im Unternehmen sollte eine Strategie verankert werden, die den vermeintlich „heimlichen“ Wünschen der Kunden entspricht! Der Wunsch nach wertigen Produkten und Dienstleistungen ist trotz Wirtschaftskrise und „Geiz ist geil“ nach wie vor vorhanden. Entscheidend ist, dass das Produkt bzw. die Leistung mit nachhaltigen Vorteilen verbunden ist, sodass sich die Investition für den Käufer auch amortisiert.
Tipp 4: Den Verkäufern ist zu vermitteln, dass sie den Kunden klar machen sollen, welche Werte für ihr Unternehmen sprechen.
Tipp 5: Nehmen Sie Pseudo-Alternativen in Ihr Produktspektrum auf. Es ist für Ihre Verkäufer nicht einfach herauszufinden, ob ein Kunde blufft, um den Preis zu drücken, oder ob er tatsächlich nur nach dem Preis entscheidet. Mithilfe von Pseudo-Alternativen kann ein Verkäufer testen, wie wichtig der Preis tatsächlich ist.
Wie das geht, zeigt folgendes Beispiel: Der Kunde: „Technisch kommt Ihr Produkt infrage. Preislich liegen Sie leider deutlich über den Konkurrenzangeboten. Wie weit können Sie uns noch entgegen kommen?“ Der Verkäufer: „Klar, dieses Produkt ist teuerer, da es leistungstechnisch besser ist als die Konkurrenzprodukte. Doch ich kann Ihnen auch ein anderes interessantes Produkt anbieten. Das ist günstiger und entspricht bei den Leistungsdaten denen des Wettbewerbs. Ich kann Ihnen sogar einen Preis unterhalb des Wettbewerbs anbieten. Wo müssten wir da preislich hin?“
Zeigt der Kunde kein Interesse an der Pseudo-Alternative, ist das ein wichtiges Signal für den Verkäufer! Je deutlicher es wird, dass die Leistungsmerkmale ausschlaggebend für die Kaufentscheidung sind, desto klarer ist, dass es der Preis allein nicht ist. Entsprechend kann der Verkäufer darauf reagieren.
Tipp 6: Viele ehemals erfolgreiche Vertriebsmethoden sind mittlerweile in die Jahre gekommen. So schießen Verkäufer, die heute bei einem Einkäufer mit sorgfältig ausformulierten Vertriebsphrasen landen wollen, ins Leere. Zum Beispiel ist die Floskel von Telefonakquisiteuren „Schön, dass ich Sie direkt erreiche“ durch die inflationäre Nutzung dermaßen abgedroschen, dass Verkäufer eher abgeblockt werden als ihr ursprüngliches Ziel zu erreichen. Der Akquisiteur wird direkt in die Schublade „Telefonmarketing“ gesteckt und hat oft nicht mal mehr den Hauch einer Chance, beim Kunden ein offenes Ohr zu finden. Gleiches gilt für ein zu devotes Verhalten seitens des Vertriebsmitarbeiters.
Tipp 7: Ermutigen Sie Ihre Vertriebler, authentisch aufzutreten. Ein Verkäufer oder Kundendienstler mit Ecken und Kanten, aber mit gradlinigem Selbstverständnis ist den meisten Kunden lieber als stromlinienförmige „Verkaufsuniformträger“. Kunden erwarten ein klares, glaubwürdiges Auftreten. Der perfekte Verkäufer jedoch, immer gut gelaunt, in jeder Reklamation eine Chance sehend, wirkt eher unglaubwürdig. Vertriebsführungskräfte sind daher dazu aufgerufen, Ihrer Crew den Rücken zu stärken. Diejenigen Verkäufer, die authentisch sind und zu sich selbst stehen, sind zudem tatsächlich erfolgreicher. Führungskräfte sollten sie daher darin unterstützen, selbstbewusst aufzutreten und den Menschen im Verkäufer bestehen zu lassen.
Billig-Anbieter können mit dem Preis trumpfen
Natürlich ist es auch legitim, sich als Billig-Anbieter im Markt zu behaupten. Doch Unternehmen, die Kunden primär über den Preis gewinnen wollen, müssen auch entsprechend aufgestellt sein. Daher gehört etwa, bei den Herstellungskosten (Beschaffungskosten) alle Wettbewerber unterbieten zu können. Wer Preisführer sein will, muss seinerseits bei Vorlieferanten günstigere Einkaufskonditionen erzielen als der Wettbewerb. Jeder Unternehmensbereich muss zudem darauf untersucht werden, ob die Gemeinkosten geringer sind als die des Wettbewerbs. Selbstverständlich muss auch die Vertriebsstruktur hocheffizient sein, was die Aufwand-/Umsatz-Relation verdeutlicht. Billig-Anbietern ist zudem zu raten, zu ermitteln, ob ihre Kunden bereit sind, auf Leistungen und Nutzen teilweise oder völlig zu verzichten, wenn der Preis noch niedriger ist.
All dies in einem Land wie Deutschland zu verwirklichen, in dem allein schon die Löhne und Gehälter deutlich über denen aus anderen Ländern liegen, ist äußerst schwierig. Für die meisten Unternehmen ist es daher sicherlich der bessere, weil erfolgsversprechendere Weg, dass ihre Vertriebsmitarbeiter/Verkäufer lernen, wie sie Einkäufer vom Wert ihrer Angebote überzeugen und wie sie sich selbst in sehr harten Preisverhandlungen erfolgreich behaupten können.
Die Chancen, gute Preise durchzusetzen, sind nämlich im Grunde nach wie vor gut, da die Faktoren Qualität, Nutzen und Image weiterhin wesentliche Entscheidungstreiber sind. Merke: Nur, wer die Verkaufsargumente derart zu gestalten versteht, dass die Dominanz des Preises aufgehoben und Rabattdiskussionen mit Einkäufern obsolet werden, ist ein guter Verkäufer.
Checkliste: Was Sie beim Verhandeln von Preisen beachten sollten
- Jedes Produkt hat seinen Preis. Dieser Preis basiert entweder auf den Herstellungskosten (plus Gemeinkosten und Gewinn) bzw. auf dem Gegenwert der Leistung, die es einem Kunden bringt.
- Kunden, die nicht bereit sind, diesen Preis zu zahlen, sind keine geeigneten Kunden für das Produkt.
- Gibt es tatsächlich keine oder zu wenige Kunden für das Produkt, verändert eine Preissenkung nichts am Nutzen des Produkts. Der viel gelobte Kühlschrank für den Eskimo ist keine verkäuferische Leistung, sondern eine Fehlberatung.
- Nicht der Produktpreis ist an den Kunden anzupassen, sondern der Kunde zum Produktnutzen hin zu entwickeln. Das ist die Aufgabe des Verkäufers/des Marketings.
- Anerkennungsrabatte bauen verhandlerisch notwendige Brücken, ändern aber nichts am Wert des Produkts.
- Gibt es nicht genügend Kunden für ein Produkt, ist der Kundenstamm primär nicht horizontal (andere Preissegmente) zu entwickeln, sondern vertikal (neue Märkte in anderen Segmenten oder Regionen).
- Die Kunden- und Preis-Strategie muss im gesamten Unternehmen durchgängig und von allen Beteiligten getragen werden.
- Der Verkäufer darf nicht an Auftragseingängen gemessen werden, sondern an profitablen Aufträgen. Einen wenig profitablen Auftrag an Wettbewerber zu verlieren, darf nicht per se am Ansehen des Verkäufers kratzen.
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