Vorsicht bei E-Rechnungen
Die Kernpunkte des BMF-Schreibens sind:
- Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen
- Deutlich reduzierte Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen: Es sind keine technischen Verfahren mehr vorgeschrieben und ab sofort mehr Übermittlungsarten möglich.
- Neuregelung der Umsatzsteuernachschau: Prüfer dürfen nun unangemeldet Einsicht in die EDV-Systeme nehmen.
- Notwendigkeit der Implementierung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens, das aber keiner Dokumentationspflicht unterliegt.
In einer Presseinformation stellt die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft DHPG allerdings fest, dass das BMF-Schreiben viele drängende Praxisfragen unbeantwortet ließe. Gert Klöttschen, Steuerberater bei der DPHG, erklärt:
„Leicht kommt es beim elektronischen Rechnungsaustausch zu Fehlern, die weitreichende steuerliche Nachwirkungen haben. Unternehmen sollten innerbetriebliche Regelungen treffen, um eine praktikable und ordnungsgemäße Verfahrensweise zu gewährleisten.“
Auf diese Weise ließen sich mögliche Fallstricke im Prozessablauf gezielt erkennen und von vorneherein vermeiden.
Obwohl die DHPG in den nächsten Jahren mit einem stetigen Anstieg der elektronischen Eingangs- und Ausgangsrechnungen deutscher Unternehmen rechnet, würden viele eher sorglos mit elektronischen Abrechnungsdokumenten umgehen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die immer öfter elektronische Rechnungen erhalten, hätten keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen. Doch gerade wer elektronische Rechnungen ohne qualifizierte digitale Signatur oder über das „Electronic-Data-Interchange“-Verfahren (EDI) empfange, habe weitreichende Anforderungen zu erfüllen. Die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der empfangenden Dokumente trägt nämlich allein der Rechnungsempfänger – vom Rechnungseingang bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist, betont die DPHG.
Einmal elektronisch, immer elektronisch!
Viele Unternehmen würden fälschlicherweise immer noch davon ausgehen, dass eine per E-Mail eingehende Rechnung ausgedruckt und wie eine Papierrechnung verbucht und aufbewahrt werden kann. Grundsätzlich gelte jedoch: einmal elektronisch, immer elektronisch! Dies beträfe gleichermaßen die E-Mail, die elektronische Rechnung und, sofern im Einsatz, auch die qualifizierte elektronische Signatur. Markus Müller von der DHPG IT-Services GmbH sagt:
„Alle digitalen Rechnungsunterlagen müssen in ihrer ursprünglichen Form aufbewahrt werden und jederzeit lesbar sowie digital verfügbar sein. Der sichere und ordnungsgemäße Einsatz von Informationssystemen ist ein kritischer Erfolgsfaktor für Unternehmen.“
Das BMF-Schreiben schaffe nun rechtssichere Grundlagen für den elektronischen Rechnungsaustausch, da ein Umstieg nun allen Unternehmen offen stehe und vor allem Rechnungsausstellern viele Vorteile biete. Voraussetzung sei aber eine systematische Planung und Organisation. Gerade die Übergangsphase auf elektronische Rechnungen erfordert nach Ansicht der DHPG-Experten eine erhöhte Vorsicht. Der ordnungsgemäße und sichere Umgang mit elektronischen Rechnungen müsse sich erst einspielen.
Für Rechnungsempfänger ist die Umstellung auf das E-Invoicing deutlich aufwändiger als für Rechnungsaussteller, betont DPHG-Berater Gert Klöttschen. Allzu schnell sollten sich Unternehmen nicht von Originalbelegen in Papierform verabschieden. Und auch international existierten noch große rechtliche Unterschiede und die Anforderungen an die Rechnungslegung variierten von Land zu Land. Mit diesem Umstand müssten sich alle international agierenden Unternehmen auseinandersetzen.
Im Folgenden empfiehlt die DPHG, die Prozesse des Rechnungswesens systematisch zu analysieren und Schwachstellen zu bereinigen. Mit firmenindividuellen Regelungen könnten Unternehmen gegenüber Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Finanzbehörden für Klarheit sorgen:
Einzelvereinbarungen
Der Rechnungsempfänger muss dem elektronischen Rechnungsaustausch grundsätzlich zustimmen. Häufig erfolgt dies stillschweigend, indem ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Rechnungsausstellers unwidersprochen bleibt. Mehr Klarheit und Sicherheit bieten einzelvertragliche Regelungen zwischen Rechnungsaussteller und -empfänger, insbesondere bei strategischen Kunden und Lieferanten. So lassen sich etwa die Datenqualität der Rechnungen oder die Haftung bei Fehlversendungen regeln.
Kontrollverfahren
Rechnungsempfänger müssen eine eindeutige Zuordnung von erbrachter Leistung und erstellter Rechnung sicherstellen. Dazu benötigen sie ein internes Kontrollsystem, das einen „verlässlichen Prüfpfad“ von der Bestellung bis zur Bezahlung gewährleistet. Der Unternehmer kann das geeignete Verfahren frei wählen. Unter Umständen ist es nicht ökonomisch, für Papier- und elektronische Rechnungen eine unterschiedliche Rechnungsverarbeitung zu etablieren. Ziel sollte ein Prozessablauf sein, der alle Abrechnungsdokumente zusammenführt. Hierfür sollten Verarbeitungsstandards definiert und sicherheitshalber auch dokumentiert werden.
Archivierung
Elektronische Rechnungen müssen in dem elektronischen Format der Ausstellung beziehungsweise des Empfangs aufbewahrt werden. Die aufbewahrten Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum von derzeit mindestens zehn Jahren die Voraussetzungen der Echtheit der Herkunft, der Unversehrtheit des Inhalts und der Lesbarkeit erfüllen. Über den gesamten Zeitraum muss die EDV ständig prüfbereit bleiben, was angesichts der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung kein leichtes Unterfangen ist. Wer heute etwa Dateien von einer zehn Jahre alten 5,25- Zoll-Diskette einsehen will, steht vor großen Herausforderungen für Hardware und Dateiformat.
Quelle: DHPG